Liebst du mich wirklich, Raoul
„Und Sie sind?“
„Miss Carlows Fahrer.“ Raoul trat einen Schritt vor und nahm Rhianna das Gepäck ab, ohne ihr dabei direkt in die Augen zu schauen. Zu spät bemerkte sie, dass er sogar ihre Handtasche mit all ihren wichtigen Papieren und ihrem Geld in den Händen hielt.
„Ich warte im Wagen, Madam“, fügte er trocken hinzu und wandte sich ab.
Stumm sah sie ihm nach und wusste für einen Moment nicht, wie sie reagieren sollte.
„Eigentlich sind wir nur hergekommen, um einen Bericht über die ständigen Verzögerungen bei den Schienenreparaturen der Bahn zu verfassen“, verkündete Jason Tully und strahlte sie begeistert an, während Rhianna professionell für die Kamera posierte. „Das hier ist echt ein Bonus!“
Für dich vielleicht, dachte sie finster.
„Einen schönen Aufenthalt wünsche ich“, rief er ihr nach, als sie sich entfernte. „Ich hoffe, Sie haben viel Spaß mit Ihren … Freunden.“
Am liebsten hätte sie diesem frechen Reporter eine Ohrfeige für seine dreiste Andeutung verpasst. Bestimmt gab er die Pressemeldung weiter, sobald er sein Handy aus der Tasche gezerrt hatte.
Ich hoffe nur, dieser Dummkopf Rob ist irgendwo untergetaucht, wo man ihn nicht so leicht aufspüren kann.
Sie selbst hatte dagegen jetzt andere Probleme. Das größte von allen stand in diesem Moment vor ihr neben einem schwarzen Luxusjeep – mit feindseliger Miene und blitzenden Augen.
Rhiannas Mund wurde trocken, und ihre Hände wurden klamm. Hätte es irgendeinen Ausweg gegeben, wäre sie geflohen, doch vorerst war sie Raoul ausgeliefert. Schließlich hatte er ihre Handtasche in seinem Auto, also beschloss Rhianna, sich wieder einmal auf ihre schauspielerischen Fähigkeiten zu verlassen.
„Mr. Penvarnon“, begrüßte sie ihn mit professionellem Tonfall. „Was für eine Überraschung. Ich nahm an, Sie wären am anderen Ende der Welt.“
„Das hast du gehofft“, brummte er. „Und lass den aufgesetzten höflichen Quatsch! Weshalb hast du meinen Rat missachtet?“
Sie blickte ihn spöttisch an. „Ach, das war ein Ratschlag?“, fragte sie ironisch. Dann stieg sie mit einer eleganten Bewegung in den Wagen und strich sorgfältig die Falten aus ihrem Rock. „Mir kam es wie eine Drohung vor, und auf so etwas reagiere ich ausgesprochen empfindlich.“
„Ganz anders als auf indiskrete Journalistenfragen, wie ich feststellen durfte“, bemerkte er kühl. „Schön, dass du in Bezug auf Rob Winters nicht auf das völlig abgetragene Klischee zurückgegriffen hast: Nein, wir sind nur gute Freunde und Kollegen.“ Er machte eine Pause. „Also, was hat er nun für einen Stellenwert? Lückenbüßer für den Mann, den du liebst, aber nicht haben kannst?“
Ihr Herz setzte einen Schlag aus, trotzdem blieb ihre Stimme einigermaßen ruhig.
„Nein“, gab sie zurück. „Rob und seine Frau sind beide sehr gute Freunde von mir, wobei Daisy mir wesentlich nähersteht, nachdem wir zusammen eine Schauspielschule besucht haben. Und der Grund für ihre Probleme miteinander ist die Tatsache, dass sie aufhören möchte zu arbeiten, um endlich Kinder zu bekommen. Er dagegen betrachtet die Beziehung als Karrieremarsch eines Traumpaares, das beruflich Seite an Seite dem Gipfel entgegenstrebt. Ich sehe keinen Grund, darüber mit der Presse zu sprechen, ganz gleich, ob sie lokal oder landesweit arbeitet.“
Etwas zu laut holte sie Luft. „Das erzähle ich dir nur, weil mich krank macht, dass du mir zutraust, ich würde mich an die Männer anderer Frauen heranmachen.“
„Dein Protest berührt mich zutiefst“, spottete er und startete den Jeep. „Aber die Beweise sprechen gegen dich.“ Er verzog den Mund. „Möglicherweise ein genetisches Problem?“
„Wie die Mutter, so die Tochter, meinst du?“, erkundigte sie sich scharf. „Warum sagst du das nicht gleich? Und ich widerspreche dir nicht, weil ich weiß, dass meine Mutter – was immer sie getan haben mag – es aus Liebe getan hat. Und ich bin nicht anders als sie.“
„Und der Vorhang schließt sich“, schloss er sarkastisch. „Applaus! Ganz besonders gut gefällt mir das authentische Beben der Ernsthaftigkeit in deiner Stimme, Süße. Du könntest mit dieser Dramaturgie tatsächlich deinen Lebensunterhalt bestreiten, auch ohne dich im Fernsehen auszuziehen. Aber vielleicht gefällt dir ja gerade das!“ Er räusperte sich. „Apropos, wie hat deine Freundin eigentlich darauf reagiert, dass du dich mit ihrem Ehemann nackt vor der Kamera getummelt
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