Liebst du mich wirklich, Raoul
scheint nicht der Fall zu sein. Jedenfalls gibt es keine Gerüchte über eine bevorstehende Verlobung, und er hat auch keine Begleitung mit zur Feier gebracht. Es steht nicht einmal fest, dass er selbst für die Feierlichkeiten bleibt. Nicht, seit er sein neues Spielzeug hat.“
„Spielzeug?“
„Sein Segelboot“, erläuterte Carrie bereitwillig. „ Windhover , die Wunderjacht. Jedenfalls bezeichnet Dad sie so. Eine schwimmende Luxushotelsuite mit Supermotor. Seit vorgestern liegt sie in Polkernick, und Raoul schläft sogar an Bord. Das erspart uns zumindest Mums hysterische Anfälle, die sie immer bekommt, wenn er uns mit seiner Anwesenheit beehrt. Und nun muss sie auch noch ihre Rolle als Gutsbesitzerin aufgeben.“ Carrie schnitt eine spöttische Grimasse. „Wird ihr gar nicht gefallen!“
Rhianna dachte daran, wie kalt und abschätzend Moira Seymour sie kurz zuvor begrüßt hatte. „Ah, Miss Carlow.“ Ihre Stimme hatte unangenehm schneidend geklungen. „War Ihre Reise angenehm?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, hatte die ältere Dame sich einem anderen Gesprächspartner zugewandt.
„Ich frage mich, ob Raoul hier wirklich auf Dauer allein leben will“, sagte Carrie jetzt. „Hast du ihn mal mit jemandem zusammen gesehen? Ich meine, wenn ihr euch in London über den Weg gelaufen seid?“
Entsetzt starrte Rhianna sie an. „Er hat erzählt, dass wir uns getroffen haben?“ Dann fasste sie sich wieder. „Ach ja, das war beim Sponsor unserer Serie. Unheimlich voll der Raum, ich konnte nicht erkennen, ob er in Begleitung war.“ Eine glatte Lüge.
„Wart ihr nicht auch beide auf einer Theaterpremiere?“
„Weiß nicht mehr so genau.“ Rhianna machte eine wegwerfende Handbewegung und schaute auf ihre Uhr. „Wir sollten lieber zum Essen runtergehen. Aber zuerst erzählst du mir, warum die Schwiegermütter zu den Waffen gegriffen haben. Ich dachte, Margaret Rawlins und deine Mutter wären Freundinnen?“
„So gut haben sie sich eigentlich nie verstanden“, gab Carrie zu. „Weißt du, das Haus der Rawlins war ursprünglich nur ihr Zweitwohnsitz, und das missfiel meiner Mutter schon immer. Sie ist eine unbelehrbare Lokalpatriotin, obwohl sie und Tante Esther eigentlich aus London stammen. Die Tatsache, dass Mrs. Rawlins nun Witwe ist und das ganze Jahr über hier lebt, ändert nicht das Geringste.“
„Das kann aber doch nicht alles sein?“
„Nein.“ Carrie verzog genervt das Gesicht. „Als wir mit den Hochzeitsvorbereitungen begannen, hat Margaret sich völlig rausgehalten und behauptet, sie wäre mit jeder unserer Entscheidungen einverstanden. Also haben wir losgelegt.“
„Aber dann hat sie ihre Meinung geändert?“, mutmaßte Rhianna.
„Und wie! Wir haben uns schon vor einer Ewigkeit auf eine Gästeliste geeinigt, aber nun kommt sie dauernd mit neuen Leuten an, die unbedingt eingeladen werden müssten. Aber das ist noch nicht alles. Sie fand die Miete für das Festzelt zu teuer und bestand darauf, dass wir ein weiteres Angebot einer Firma einholen, die sie seit Langem kennt. Das Ergebnis war: Jemand anderes hat sich nun das Zelt unter den Nagel gerissen, das ich eigentlich für meine Feier wollte. Und dann, vor einer Woche, wollte sie plötzlich ein Lied nachträglich in den Ablauf integrieren, das ihrem verstorbenen Clive so gut gefallen hat. Dabei ist es überhaupt nicht feierlich genug, und außerdem sind die Programme längst gedruckt worden.“ Sie atmete tief durch. „So, jetzt habe ich mir das mal von der Seele geredet. Zumindest bis die nächste Klage kommt, und die wird nicht lange auf sich warten lassen. Das spüre ich!“
„Oje! Kann Simon denn nicht mal mit ihr reden?“
„Ich habe ihn schon gefragt, aber er reagiert äußerst defensiv, wenn es um seine Mutter geht. Sie trauert wohl immer noch sehr um seinen Vater. Dafür habe ich auch Verständnis, vor allem, weil wir ja auch ins Ausland gehen.“ Sie verstummte kurz. „Aber wie ich schon sagte, in letzter Zeit lebt Simon in seiner eigenen Welt.“
„Echt so schlimm?“
„Heute hätte er zum Beispiel beinahe seinen Friseurtermin verpasst. Und öfter mal, wenn ich ihn in seiner Wohnung anrufen will, erreiche ich ihn nicht. Er hätte dann angeblich vergessen, dass wir miteinander sprechen wollten, und hätte ohnehin noch viel Kram zu erledigen.“
Rhianna stupste ihr aufmunternd gegen den Arm. „Na, er wird vielleicht einfach verkatert gewesen sein – nach einem Junggesellenabschied oder so?“
„Dieser
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