Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
Vom Netzwerk:
sich als erheblich problematischer. Den Transport würde ein mir von Banville Jones empfohlener Fuhrunternehmer erledigen, ein Syrer. Wie sich herausstellte, bestand das Unternehmen aus einem einzigen Pritschenlaster. Ich gab dem Mann eine Anzahlung und buchte den Laster für den Vormittag der Party, ohne daran zu denken, dass die Sache an einem Sonntag stattfand. Die Universitätsgebäude würden geschlossen sein. Ich verlegte die Buchung auf den Freitag vor, erfuhr aber, dass der Lastwagen Anfang der Woche ins Landesinnere fahren würde. Er wurde am Freitag zurückerwartet. Sobald er wieder da wäre, könnte ich darüber verfügen.
    »Woher weiß ich, dass der Fahrer rechtzeitig wieder da sein wird?«
    Der Eigentümer sah mich an. »Er wird da sein«, und lächelte. »Inschallah.«
    Wie das Schicksal es so wollte, hielt der Mann Wort. Ich saß gerade in meinem Arbeitszimmer, als der Lastwagen vorfuhr; der Fahrer parkte auf der anderen Seite des Fakultätsgebäudes. Für ein paar Cents hatte ich mich der Dienste zweier Nachtwächter versichert, und wir machten uns daran, Stapel von Stühlen aufzuladen. Der Fahrer stocherte mit einem Streichholz zwischen seinen Zähnen herum und sah uns von der Kabine aus zu, da seine Muskelkraft offenbar nicht Teil der Vereinbarung gewesen war. Es ging langsam voran. Zufällig kamen zwei meiner Studenten vorbei. Der eine war ein Bursche aus Ghana, der andere kam aus den Provinzen. Sie blieben während der Ferien auf dem Campus. Ich rief sie herbei, und binnen einer halben Stunde waren wir fertig. Mir ging auf, dass ich mir nicht überlegt hatte, wie die Stühle wieder ausgeladen werden sollten. Ich konnte die Nachtwächter ja kaum von ihrem Posten abberufen. Zum Glück boten die zwei Studenten ihre Dienste an und sprangen auf die Pritsche, während ich in die Kabine einstieg, um dem Fahrer den Weg zu weisen.
    Während wir durch die Straßen fuhren, strömte ein warmer Wind in die Kabine. Die Dunkelheit senkte sich rasch auf die Häuser. Wir durchquerten das Stadtzentrum und begannen den kurvenreichen Aufstieg in die Hügel, der Motor heulte vor Anstrengung. Die zwei Studenten, die auf der Heckklappe saßen, redeten gegen den Fahrtwind an. An einer Ampel beugte sich einer von ihnen hinunter und erstand von einem Straßenhändler mehrere Fleischspießchen, und während der restlichen Fahrt aßen sie gemeinsam vom Fleisch und warfen die abgenagten Spießchen über den Pritschenrand.
    Das Haus lag dunkel da. Ich hatte Julius gesagt, wann ich kommen würde. Verärgert wies ich den Fahrer und die zwei Studenten an, zu warten, während ich anklopfen ging.
    Mein erstes Klopfen blieb unbeantwortet, ebenso mein zweites. Ich versuchte es ein weiteres Mal. Dabei spürte ich die Anwesenheit des Fahrers, der hinter mir saß und mit einem Streichholz in seinen Zahnzwischenräumen herumfuhrwerkte. Er stellte den Motor ab und schaltete die Scheinwerfer auf Standlicht. Ich hörte, wie er ungeduldig mit der Zunge schnalzte. Die Studenten waren verstummt und sahen mir teilnahmslos zu.
    »O Mann! Wo sind deine Leute?«, rief der Fahrer.
    Es war nichts, was ich normalerweise tun würde, aber die Ungeduld des Mannes saß mir im Nacken. Ich streckte die Hand aus und drehte den Türknauf. Die Tür war offen. Also war jemand zu Haus. Saffias Tante? Durchaus möglich, dass sie im hinteren Teil des Hauses war und die Tür nicht gehört hatte. Ich ging zögernd hinein. Es gab kein Licht, abgesehen von dem des sterbenden Tages. Der Mond war noch nicht aufgegangen. Ich tastete mich vorwärts wie ein Blinder. Ich wollte der Tante keinen Herzschlag bereiten, indem ich aus dem Dunkel auf sie zukam. Ich suchte nach einer Lampe oder einem Lichtschalter. Noch ein Schritt und noch einer, drang ich tiefer ins Haus ein. Ich meinte, irgendwo ein Geräusch zu hören, aber dessen Takt stimmte so exakt mit dem meiner Schritte überein, dass ich mir nicht sicher war. Ich wartete und lauschte, bis es wieder kam.
    Lauter diesmal. Ein Stöhnen. Ich stand da, in Dunkelheit gehüllt, und lauschte, während es wieder und wieder kam. Mein Herz fing an zu klopfen, das Blut schoss mir in den Kopf. Ich spürte, dass ich gehen sollte, konnte mich aber nicht rühren. Mein Körper war starr.
    Hinter mir das Geräusch von Schritten. Der Lastwagenfahrer, der nachsehen wollte, was los war. Als er auf mich zukam, sah ich, wie sich sein Gesicht in einem obszönen Grinsen spaltete; seine Zähne blinkten im Halbdunkel, und er stieß ein dreckiges

Weitere Kostenlose Bücher