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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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Lachen aus. Ich drehte mich um und schob ihn in Richtung Tür. Er ging, aber widerwillig, und gluckste in sich hinein, während er sich hinausschieben ließ. Ich zog die Tür hinter uns zu. Der Fahrer ließ den Studenten gegenüber eine Bemerkung fallen, die er mit einer unflätigen Geste begleitete.
    »Halt den Mund!« Ich hätte ihn am liebsten geschlagen, ich konnte meine Wut nur mit Mühe beherrschen. Er schwieg, aber das unverschämte Grinsen wich nicht von seinem Gesicht.
    Wir luden die Stühle ab und stapelten sie vor der Tür. Als ich meinte, dass genügend Zeit verstrichen war, befahl ich dem Fahrer zu hupen. Gleichzeitig klopfte ich energisch an die Tür. Der kombinierte Lärm hätte Tote auferweckt. Und tatsächlich erschien Julius denn auch, barfuß, mit aufgeknöpftem Hemd. Plötzlich merkte ich, dass ich ihm kaum in die Augen sehen konnte. Er verschwand, um sich Schuhe zu holen, und half uns dann, die Stühle ins Haus zu schaffen und auf der Veranda zu stapeln.
    Ich erklärte Julius, ich könne nicht bleiben, weil ich die Studenten zum Campus zurückbegleiten und dafür sorgen müsse, dass der Lastwagenfahrer zu seinem Arbeitsplatz zurückkehrte. An der Tür bat ich ihn, Saffia meine Grüße auszurichten.
    »Natürlich«, erwiderte er. »Sie ruht sich gerade aus.«
    Wir kehrten zurück, wie wir gekommen waren. Ich sah geradeaus auf die Straße vor mir. Einer der Studenten hämmerte auf das Kabinendach, damit wir anhielten; sie hatten es sich anders überlegt und wollten lieber in der Stadt abgesetzt werden. Sie deuteten eine Verbeugung an, als sie mir dankten, und legten sich die Finger an die Stirn. Dann entfernten sie sich, von den Münzen, die ich ihnen gegeben hatte, wie von glühenden Kohlen in ihren Gesäßtaschen förmlich angetrieben. Zehn Minuten später, vor dem Büro des Fuhrunternehmens, fertigte ich den Fahrer ab – ich hatte entschieden, dass er auf sein Trinkgeld verzichten konnte, und es verschaffte mir eine kleine Befriedigung zu sehen, dass das Grinsen endlich aus seinem Gesicht verschwand. Ich machte mich auf die Suche nach einem Taxi oder Bus, um nach Hause zu fahren.
    Ein schwacher heißer Wind. Während ich ging, wickelten sich die Luftströme um mich, berührten mein Gesicht und füllten meine Ohren mit Geräuschen. Ich stellte mir vor, ich könnte die See hören, aus einer Meile Entfernung, das Geräusch der Wellen, die auf das Ufer eindroschen, sich in den Sand verkrallten, wenn der Sog sie zurückschleppte. Ich ging auf der Fahrbahn, es gab keinen Bürgersteig. Ich spürte, wie die Sohlen meiner Schuhe auf den Asphalt schlugen, der harte Untergrund Schauder durch meinen Körper sandte. Ich ging schnell, wollte die Ereignisse des Abends hinter mir lassen.
    Doch ein Geräusch konnte ich nicht aus meinem Kopf verbannen. In dieser Nacht, in der Stille meines Schlafzimmers, quälte und erregte es mich so, dass ich mich schlaflos wälzte, erschöpft, doch wach gehalten von den Empfindungen, die durch mein Sein knisterten. Die einzige Erleichterung, die ich finden konnte, war physischer Natur, und anschließend sank ich in einen heillosen Schlaf, der keine Erholung brachte. Ich wurde früh wach, die Gefühle des vergangenen Abends lebendiger denn je.

18
    Als Adrian die junge Frau zum ersten Mal sieht, steht sie zusammen mit Babagaleh am Tor. Doch seine Aufmerksamkeit gilt Babagaleh. Erst als er sich umdreht, um dem Diener aus Höflichkeit und auch ein wenig aus Verlegenheit – denn er ist auf dem Weg zur Anstalt und hat seinen Besuch bei Elias Cole verschoben – zuzunicken, wirft er ein Nicken auch in ihre Richtung. Von außen betrachtet, muss die Geste seltsam brüsk erscheinen, eine dürre Geste in dieser warmen flüssigen Atmosphäre, in der sich die Menschen langsam, wie Langstreckenschwimmer, durch den Tag bewegen. Sie ist schlank, hat weit auseinanderstehende Augen und einen ironischen Zug um den Mund. Ihr Haar ist straff nach hinten gezogen und unter einem im Nacken geknoteten Tuch verborgen. Später, während er darauf wartet, dass ein Leichenzug vorüberzieht, beobachtet Adrian die Leidtragenden, die sich gemächlich wie mittägliche Schatten bewegen. Seine Gedanken kehren zu der Frau am Krankenhaustor zurück. Babagalehs Tochter oder Nichte vielleicht? Eine weitere Bedienstete? Sie hatte sein Nicken nicht erwidert, sondern ihn nur angeschaut, die Augen über seinen Körper gleiten lassen, von Kopf bis Fuß. Die physische Einwirkung dieses Blicks hatte auf seinem Körper

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