Lied des Schicksals
Deckung geben lassen. Aber man kann leider nicht feststellen, wie viele sich da im Busch verstecken. Die Eingeborenen verstehen sich darauf, so mit der Landschaft zu verschmelzen, dass man sie nicht sieht.«
»Ja, das habe ich auch schon gehört.« In diesem Augenblick wurde Boney bewusst, was Larry zuvor gesagt hatte, und er gab einen erstickten Laut von sich. »Sie hätten Ruan erlaubt, das Gewehr zu benutzen, Benedict?«
»Ich kann schieÃen, Mr Boniface. Pa hat es uns allen beigebracht. Er glaubt, wer schieÃen kann, hat Respekt vor Waffen.«
»Interessante Idee.« Ruan hatte den Eindruck, dass sich Boneys Augenbrauen jetzt auf Dauer unter seine Haare verzogen hatten. »Du hast gesagt, âºuns allenâ¹. Lernen die Mädchen denn auch, Waffen zu gebrauchen?«
»Etty übt immer mit uns. Louisa nicht mehr. Nachdem sie gelernt hatte, wie man schieÃt und mit einem Gewehr umgeht, wollte sie nicht mehr mitmachen.«
Larry lachte in sich hinein. »Louisa kann viel besser schieÃen als ihre Mutter.« Nun fing er laut an zu lachen.
»Was ist denn daran so komisch, Onkel Larry?«
»Ich musste gerade an etwas denken, was vor langer Zeit passiert ist.«
»Erzähl es uns doch bitte.«
»Tut mir leid, Ruan. Das ist zu persönlich und auÃerdem eine zu kostbare Erinnerung, um sie mit anderen zu teilen.«
»SchieÃt du denn auf Wild?«, wollte Boniface von Ruan wissen. Offenbar machte ihm immer noch die Vorstellung zu schaffen, dass Kinder hier drauÃen Waffen in die Hand bekamen.
»Nein. Wir dürfen nur auf Zielscheiben ballern. Pa sagt, er lässt uns erst mit fünfzehn auf Kängurus schieÃen.«
»Auf Kängurus?«
»Kängurufleisch ist mal eine angenehme Abwechslung statt immer nur Lamm.«
»Du meine Güte. In was für eine fremde Welt bin ich hier nur geraten?« Seine Augenbrauen senkten sich endlich wieder auf ihre normale Höhe.
»Können Sie denn schieÃen, Mr Boniface?«
»Nein, Ruan, das kann ich nicht«, antwortete der Lehrer nachdrücklich. »Und ich habe auch nicht vor, jemals eine Feuerwaffe in die Hand zu nehmen.«
»Eine Kugel ist allemal schneller als ein Speer«, grummelte Larry vor sich hin.
Als Larry den Kopf wandte, um nachzusehen, wie weit das Gewehr von seiner Hand entfernt lag, wurde sowohl Ruan als auch seinem Lehrer klar, dass das keine beiläufige Bemerkung gewesen war.
Bonifaceâ Augenbrauen wanderten wieder nach oben. »Sind wir in Gefahr?«
Ruan lieà seinen Blick über die Büsche am Wegrand schweifen. »Kannst du sie sehen, Onkel Larry?«
»Wir werden von mindestens zwei verfolgt. Vermutlich wollen sie wissen, wo wir ihr Abendessen hinbringen. Auf dem Heimweg sollten wir wohl besser die Augen offen halten.«
»Glauben Sie, man könnte uns angreifen?« Mr Boniface schien die Begeisterung für diesen Ausflug ein wenig vergangen zu sein.
»Nein. Allerdings sollten wir kein Risiko eingehen.«
»Wäre es nicht ratsam, die Polizei zu informieren?«
»Ich werde das getötete Schaf melden. Aber ich werde auf keinen Fall die Polizei bitten, uns nach Hause zu eskortieren, falls Sie an so etwas gedacht haben. Der zuständige Sergeant ist ein ziemlich voreingenommener Mann. Er hasst die Aborigines fast so sehr wie die Chinesen.«
»Wegen Miss Jane, Nelson und Darcy lädt Pa den Sergeant nie nach Langsdale ein«, erklärte Ruan. »Der hat mal in der Stadt ein paar beleidigende Dinge zu Miss Jane gesagt. Darauf hat Nelson gedroht, ihm den Dez zu zerdeppern.«
»Den Dez zerdeppern?« Boniface blinzelte und zog gleichzeitig die Stirn in Falten. Seine Augenbrauen, die diesmal offenbar keine Antwort unter seinem Haar fanden, zogen sich über dem Nasenrücken zusammen, um sich zu beraten.
»Seinen Kopf mit Fäusten zu bearbeiten«, erklärte Ruan. »Pa musste Nelson zurückhalten.«
»Ich glaube, heute lernt mal der Lehrer was vom Schüler«, sagte Larry lachend. Ruan grinste breit. Und auch Mr Boniface lächelte gut gelaunt.
»Sieht ganz danach aus.«
Sie lieferten das Schaf beim Metzger ab, erstatteten bei einem jungen Polizisten Anzeige und unternahmen eine Tour durch die kleine Stadt und die angrenzenden Goldfelder. Die anschlieÃende Rückfahrt nach Langsdale verlief ohne Zwischenfall.
Am nächsten Morgen brachte Ned Clancy eine Nachricht, die Con
Weitere Kostenlose Bücher