Lied des Schicksals
trichterförmig um den Mund.
»Kuu-iii!«, hallte der Buschmannruf zwischen den Bäumen hindurch.
Die Antwort kam prompt. »Kuu-iii!«
Nach wenigen Minuten waren sie bei ihnen. Louisa, der die Tränen die Wangen hinunterliefen, lieà sich dankbar in die Arme ihres Vaters sinken, wo sie erleichtert und verängstigt weiterschluchzte.
Con drückte seinen Sohn fest an sich, bevor er mit erstickter Stimme die furchtbare Frage stellte. »Etty und Darcy?«
»Wir wissen es nicht.« Dem Jungen entfuhr ein gequälter Schluchzer. »Oh Gott, Papa, wir wissen es nicht!« Dann sank er zu Boden, legte den Kopf auf die Knie und schluchzte so heftig, dass sein ganzer Körper bebte.
Ned Clancy kniete sich neben ihn und hielt ihm eine kleine Flasche Brandy hin. »Hier, Junge. Trink einen Schluck davon. Das wird dir guttun.«
Ruan hob den Kopf und sah seinen Vater an. Con nickte. »Ned hat recht. Du wirst dich anschlieÃend besser fühlen.« Ruan trank einen kleinen Schluck und schüttelte sich angewidert.
Larry bestand darauf, dass auch Louisa einen Schluck Brandy trank. Sie nahm die Flasche widerstandslos und begann heftig zu prusten, als der Alkohol ihre Kehle hinunterrann.
Nach einer Weile war Ruan in der Lage, ihnen zu erzählen, wann sie Darcy und Etty zuletzt gesehen hatten.
»Etty ist vom Pferd gefallen. Louisa und ich sind vor ihr geritten. Als wir merkten, dass die beiden nicht länger direkt hinter uns waren, wollten wir umkehren. Aber Darcy und Etty haben gebrüllt, wir sollten weiterreiten. Das Letzte, was ich gesehen habe, war, wie Darcy Etty auf Goonda half. Mirabelle war weggelaufen, direkt in den Busch hinein. Wir haben uns mehrmals umgedreht, aber wir haben die beiden nicht mehr gesehen.«
Er sah seinen Vater flehentlich an. »Wenn ich allein gewesen wäre, wäre ich zurückgeritten. Verzeih mir, Papa, aber ich konnte Louisa nicht alleine lassen, und ich wollte sie nicht auch noch in Gefahr bringen.«
Con legte Ruan eine Hand auf die Schulter. »Du hast richtig gehandelt, mein Sohn. Es war deine Pflicht, dich um Louisa zu kümmern.«
Ruan schüttelte bloà den Kopf; dann legte er ihn wieder auf die Knie, und sein Körper bebte erneut vor Kummer und Verzweiflung.
Louisa, die immer noch in den Armen ihres Vaters lag, hatte ebenfalls nicht aufgehört zu weinen. Die vier Männer sahen sich an. Niemand brauchte auszusprechen, was sie alle befürchteten. Wenn Darcy und Etty von dem Buschfeuer eingeschlossen worden waren, bestand keine Hoffnung, dass einer der beiden überlebt hatte.
7
D er zerklüftete Grund der Schlucht lieà sie nur mühsam vorankommen. Darcy ging vor und versuchte, den leichtesten Weg zu finden. Ohne zu klagen, mühte sich Etty, hinter ihm zu bleiben, kroch auf allen vieren über Felsbrocken und bog störende Zweige beiseite, die manchmal zurückschnellten und ihr das Gesicht zerkratzten. Wo immer er konnte, hielt Darcy die Zweige aus dem Weg, bis Etty vorbei war. Wenn es über hohe Hindernisse ging, zum Beispiel über einen umgestürzten Baum oder über groÃe Felsbrocken, reichte er ihr die Hand, um sie hinaufzuziehen.
An manchen Stellen war die Vegetation so dicht, dass sie unter den Zweigen hindurchkriechen mussten, manchmal sogar auf dem Bauch. Immer wieder fragte Darcy Etty, ob sie noch könne. SchlieÃlich bat sie ihn, damit aufzuhören.
»Ich sag dir schon, wenn ich nicht mehr kann.«
Sie wollte nicht reden, weil sie ihre ganze Willenskraft brauchte, um durchzuhalten. Das Verlangen, sich einfach auf die Erde zu legen und die Augen zu schlieÃen, war überwältigend. Ihre Hände waren zerkratzt und blutig, und die Schrammen in ihrem Gesicht brannten von dem SchweiÃ, der darüber lief. Jeder Muskel in ihrem Körper tat ihr weh. Doch sie wusste, dass sie die Schmerzen ignorieren musste, wenn sie überleben wollte.
Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Waren Minuten vergangen? Oder Stunden? Etty hatte keine Ahnung. Als sie schon eine Ewigkeit durch die Schlucht zu kraxeln schienen, wurde ihr bewusst, dass sie das Feuer mittlerweile weit hinter sich gelassen hatten. Darcy hatte ihr gerade über einen gewaltigen Felsbrocken geholfen. Auf der anderen Seite befand sich ein kleiner, unglaublich klarer Wassertümpel, gesäumt von etwas Gras.
Sie knieten sich nebeneinander hin und tranken das kühle Wasser aus den Händen. »Wir ruhen
Weitere Kostenlose Bücher