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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Everson
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Evan musste lachen.
    »Nicht so!« Er schilderte die erste Nacht, in der er zufällig die nackte Frau auf den Felsen beim Singen überrascht hatte, und seine Angst, sie sei womöglich ertrunken, als sie plötzlich ins Wasser sprang und nicht wieder auftauchte.
    »Nackte Miezen ertrinken nicht«, bemerkte Bill. »Das sind Wassernymphen. Unmöglich, dass die absaufen.«
    Evan warf ihm einen Blick zu, erzählte jedoch unbeirrt weiter, was am gestrigen Abend geschehen war und wie er, mitten im Meer, wie aus einer Trance erwachte.
    Mit einem Mal wirkte sein Freund interessiert. » Du bist ins Wasser gegangen?«, fragte er ungläubig. »So weit, dass es dir bis zur Brust reichte?«
    Evan nickte.
    »Du hast doch schon Angst, auch nur einen verdammten Zeh ins Wasser zu strecken«, stichelte Bill.
    »Vielen Dank, dass du das Offensichtliche auch noch aufbauschst. Gerade deshalb möchte ich mit dir reden. Ich verstehe es nicht, und schon gar nicht, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Sie hatte eine so unglaublich mitreißende Stimme, dass ich einfach näher ran musste, glaube ich. Ich verlor mich regelrecht in ihrem Lied, schloss die Augen und dann … fand ich mich auf einmal woanders wieder. Als wäre ich geschlafwandelt.«
    Bill legte die Stirn in Falten und nahm einen tiefen Schluck von seinem Bier, ehe er wissen wollte: »Bist du jemals zuvor geschlafwandelt?«
    Evan schüttelte den Kopf.
    Bill beugte sich zu ihm heran. »Weißt du, was ich glaube?«, verkündete er mit leiser und fester Stimme. »Ich glaube, du hast die Sirene gesehen!«
    »Wovon redest du?«, lachte Evan, und sein Arbeitskollege grinste.
    »Die Meerjungfrau von Delilah«, erklärte Bill. »Schon seit Jahrzehnten sitzt sie draußen an Gull’s Point und lockt die Menschen in den Tod.«
    »Eine Meerjungfrau, wie in der Mythologie?«
    »Genau. Willst du mir etwa erzählen, dass du seit Jahren in dieser Stadt lebst und noch nie die Geschichten gehört hast, die man sich erzählt?«
    »Ich gebe nicht viel auf moderne Märchen«, meinte Evan und trank einen weiteren Schluck Bier. »Ich glaube nicht an Gespenster.«
    »Die Sirene ist kein Gespenst«, beharrte Bill. »Sie ist so etwas wie eine Meeresgöttin … sie lockt die Menschen ins Wasser, und in der Regel kehren sie nie mehr zurück.«
    »Woher will man dann wissen, dass sie ins Wasser gegangen sind?«
    »Wie meinst du das?«
    »Wenn sie nicht zurückkehren, woher weiß man dann, dass sie ins Wasser gegangen sind?«
    »Jetzt fängst du aber an, Erbsen zu zählen.« Bill schüttelte den Kopf.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du im Hafen arbeitest und noch nie etwas von der Sirene gehört hast. Es gibt Fischtrawler, die nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr bei uns anlegen, weil sie so abergläubisch sind.«
    »Seit ich hier arbeite, habe ich noch nie von einer Havarie gehört«, sagte Evan. »Das ist es doch, was Sirenen tun, oder? Sie locken die Schiffe auf die Felsen, damit sie untergehen, und solchen Blödsinn?«
    Bill nickte. »Manchmal. Aber sie locken auch Menschen ins Meer. Seit Ewigkeiten hatten wir hier keinen Schiffsunfall mehr, zugegeben. Aber vor langer, langer Zeit gab es durchaus welche. Draußen vor Gull’s Point liegen ziemlich viele Wracks auf dem Meeresgrund.«
    »Ich traue mich ja kaum, die Frage zu stellen, aber … wie kommst du beziehungsweise sonst ein halbwegs intelligenter Mensch von heute auf die Idee, dass eine Sirene in der Bucht ihr Unwesen treibt? Das klingt wie eine Schauergeschichte aus dem 18. Jahrhundert.«
    »Das sollte man meinen, nicht wahr? Aber verdammt, Mann, du wohnst doch schon lange genug hier, um dieses Fleckchen Erde zu kennen. Es liegt zwar nicht weit entfernt von San Francisco, bloß ein Stück weit die Küste rauf, aber … es gibt einen Grund, weshalb früher die Alkoholschmuggler lieber hier anlegten. Wir befinden uns abseits der ausgetretenen Pfade. Ein bisschen abgelegen. Und weißt du was? In regelmäßigen Abständen verschwinden hier Menschen. Wahrscheinlich hast du die Berichte in der Zeitung gelesen und nicht weiter drauf geachtet, weil du die Leute nicht kanntest. Aber ich kann dir sagen, was die Einheimischen sagen, wenn so was passiert. Wenn die Polizei wieder mal was über Ausreißer verlauten lässt, die abgehauen sind, oder über Badeunfälle im Meer. Sie schütteln bloß den Kopf und sagen: ›Die Meerjungfrau geht wieder um.‹«
    Evan leerte sein Bier mit einem einzigen Zug und knallte das leere Glas auf das hölzerne Bord. »Dir

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