LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)
seinem Ausflug an die Reling war er immer noch kalkweiß im Gesicht. Er ließ Rogers’ Einzelteile auf den grausam zugerichteten Brustkorb fallen und wischte sich hastig die Finger am Rand des Lakens ab. Anschließend begab er sich wieder schnurstracks in Richtung Ozean.
Buckley und Travers schlugen die Enden des Lakens einmal, dann ein weiteres Mal übereinander und knoteten die Zipfel zusammen, bis Rogers kaum mehr als ein Haufen schmutziger, in einer blutbefleckten Schleife zusammengetragener menschlicher Lumpen war.
»Sollen wir die Fische wieder ins Wasser schmeißen, Käpt’n?«, fragte Reg leise. Buckley lachte. »Zur Hölle, nein, du Tölpel, wozu denn das?«
»Weil es nicht recht ist, Sir. Da hängen immer noch kleine Stückchen von Rogers dran … und sein Blut … über den ganzen Fang verteilt. Wenn wir diese Charge verkaufen, verkaufen wir auch unseren Koch, damit die Leute ihn aufessen, Sir.«
»Fisch ist Fisch, und Fang ist Fang«, erwiderte Buckley, indem er auf die silbrigen Wassertiere in dem Netz deutete, in dem sich auch ihr einstiger Koch verfangen hatte. »Rogers ist von uns gegangen, aber dafür hat er uns eine gute Ausbeute beschert. Wir nehmen sie mit an Land. Und jetzt nehmt sie aus! Heute Abend werden wir nach dem Essen Andacht halten und ihm unsere letzten Worte mit auf den Weg geben.« Er wandte sich Cauldry zu und hob eine Augenbraue. »Was macht der Eintopf, Smutje?«
Während der vergangenen beiden Tage hatte Cauldry Rogers’ Pflichten übernommen, bislang aber noch nichts zustande gebracht, was man annähernd als essbar bezeichnen konnte.
»Ich gehe nachsehen, Sir.« Er sah zu, dass er schnell in die Kombüse kam.
»Das ist auch besser so!«, kommentierte Buckley. Er nickte den Männern zu, die das Netz von dem verhüllten Leichnam wegzerrten, und folgte dem Burschen unter Deck, um in seine Kajüte zu gehen. Als er die Tür öffnete, verzog er das Gesicht, so sehr stank es nach Fisch und noch etwas anderem, Moschusartigem … wirklich übel. Wer auf dem Meer arbeitete und dort lebte, nahm vieles hin. Doch Buckley hatte sich nie dazu durchringen können, den Geruch von Fisch zu mögen. Gott sei Dank betrieb die Lady Luck den Fischfang nur als Nebengewerbe. Der Kapitän öffnete ein kleines Wandtürchen über seiner Koje, nahm einen braunen Krug heraus, entkorkte ihn, atmete eine Nase voll bittersüßen Alkohols ein und lächelte, als seine Nase wieder frei wurde.
Anschließend nahm er einen tiefen Schluck und seufzte, als ihm die Flüssigkeit in der Kehle brannte. Sie hatten das Zeug kistenweise an Bord, vorgesehen für einen Hafen gleich nördlich von Frisco. Aber die Besten … die besten Flaschen verließen niemals die Kapitänskajüte. Er atmete einen Dunst aus gut gelagertem Tequila aus, verkorkte die Flasche wieder und überprüfte das Schloss an seiner Tür. Danach zog er Jacke und Hemd aus und legte sorgfältig seine Hose zusammen, um alles in der Ecke zu verstauen.
Schließlich wandte er sich seiner Koje und damit dem eigentlichen Grund zu, weshalb er sich mitten am Tag nach unten begeben hatte. Es war nämlich nicht das Trinken. Zwei Augen funkelten ihn Blitze schleudernd an, als er sich hinunterbeugte, um die Frau zu berühren, die bäuchlings auf seinem Bett lag.
Sie zerrte an den Stricken, mit denen ihre Hand- und Fußgelenke gefesselt waren, und warf wütend den Kopf hin und her. Dabei fiel ihr das seidige, schwarze Haar wirr wie ein Gespinst aus Seetang übers Gesicht. Doch sie gab keinen Laut von sich.
Das konnte sie auch nicht.
Denn sie war mit einem Lederriemen geknebelt.
»Wie geht es meinem Singvögelchen heute, hmm?«, erkundigte sich der Kapitän und beugte sich über sie, um ihren Nacken zu küssen. Wenn man einen gewissen Rang bekleidet, hat man gewisse Privilegien, dachte er sich und kroch, ohne Liebe zu heucheln oder ein Vorspiel anzudeuten, auf ihren bildhübschen Körper.
8
»Auf meiner Uhr kommt halb neun immer noch vor neun«, rief Darren, als Evan sich ins Büro der Hafenverwaltung von Delilah hineinstahl. Er schloss die Augen und unterdrückte eine gleichermaßen klugscheißerische Erwiderung, die ihm schon auf der Zunge lag. Er hasste es, wenn Darren versuchte, auf seine Kosten Witze zu reißen.
»Tut mir leid«, gab er stattdessen den reumütigen Sünder. »Nächste Woche werde ich pünktlich sein, versprochen!«
Bill blickte mit einem schiefen Grinsen zu ihm auf, als Evan seine Tasche unter den Schreibtisch donnerte und den
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