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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Everson
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ihren, durchbrach die Umklammerung und schob sie weg. Gleichzeitig versetzte er ihr einen heftigen Schlag gegen die Brust, der ihn zurückschleuderte und für den Bruchteil einer Sekunde außer Reichweite brachte. Mit den Knien stieß er sich vom Bett ab und sank zu Boden. Hinter ihm ertönte von Neuem das Lied. Jack kämpfte darum, sich abzulenken, nicht hinzuhören. Er rappelte sich in eine zusammengekauerte Stellung auf, schaffte es jedoch kaum einen Meter weit, ehe ihn eine wohlige Müdigkeit übermannte und seine Muskeln schlaff wurden.
    Erneut stürzte Jack auf die Holzplanken und spürte, wie das Blut aus ihm heraussprudelte. Der Fußboden unter seinem Arm fühlte sich warm und feucht an. Genau dort, direkt vor seinem Gesicht, lag noch etwas anderes auf dem Boden. Das, was er bereits beim Betreten der Kajüte gestreift hatte. Eines der Enden sah aus wie der zerfetzte Albtraum eines Metzgers; roh, blutig und mit Löchern übersät. Er sah, dass am Fleisch Haare klebten, und mühte sich ab, aufzustehen, um mehr zu erkennen.
    Ein letzter Funken Kampfgeist in ihm wollte verstehen, worüber er gestolpert war, ehe er starb. Mittlerweile war ihm klar, dass er diesen Tag nicht überleben würde. Ein Weibsstück hatte Jack Nelson allein mit dem Mund fertiggemacht. Um ein Haar hätte er laut losgelacht, doch das Blut schoss ihm aus der Kehle, und alles, was er von sich geben konnte, war ein entsetzliches, lang gezogenes Röcheln. Sein Husten entzog ihn kurzzeitig dem Bann dieser Frau. Während sie sang, hob er den Kopf, um den blutigen Klumpen in Augenschein zu nehmen. Er konnte ein nacktes Knie und ein haariges Schienbein ausmachen. Am Fuß fehlten die Zehen; es war nichts weiter übrig als blutige Stümpfe. Auch der Oberschenkel, wem immer er einst gehört haben mochte, war einfach abgehackt worden.
    Sie sang weiter, unbeschwert und süß. Während Jack an den Knöcheln gepackt und zurück zum Bett geschleift wurde, ergossen sich Träume von goldenen Feldern in seinen Geist. Als die Frau ihn in die Höhe hievte, nahm ein flüchtiger Rest seines Bewusstseins neben dem Bett ein weiteres herrenloses Körperteil wahr.
    Den Kopf eines Mannes.
    Er lag seitlich auf den Holzplanken. Mit seinem letzten bewussten Gedanken erinnerte Jack sich an den zerfetzten Torso, den sie gestern aus dem Meer gefischt hatten. Er kannte dieses Gesicht.
    »Das war’s also, was mit Rogers passiert ist«, murmelte er.
    Dann endete das Lied, und ihre Zähne machten sich über ihn her. Nelson nahm nichts mehr wahr.

12
    »Hier steht es schwarz auf weiß«, sagte Bill.
    Evan schaute auf die Zeitung, die auf seinem Schreibtisch lag, und runzelte die Stirn. Der erste Artikel, auf den sein Blick fiel, trug die Überschrift: »Delilah knipst rote Laterne an«.
    »Hier steht was, Bill? Der Stadtrat will die Nutzungsordnung für die West Avenue ändern, damit ein Massagesalon eingerichtet werden kann? Ich wusste gar nicht, dass du schon darauf gespannt warst. Wird es dir langsam zu viel, dauernd nach San Francisco zu fahren, um dich mit fünf Fingern einölen zu lassen?«
    Bill verdrehte die Augen. »Ich biiiitte dich! Dazu brauchst du doch bloß nach Mitternacht ins O’Flaherty’s zu gehen. Die Kerle wären schön blöd, dafür zu bezahlen, wenn sie nichts weiter tun müssen, als dort vorbeizuschauen, um einen zu trinken.« Er deutete oben rechts auf die Titelseite: »Kylie Reynolds, 22, vermisst.« Es war ein kurzer Artikel mit dem Foto eines Mädchens aus dem Ort, das vor einigen Tagen mit ihrem Freund ins Sand Trap gegangen und seitdem spurlos verschwunden war. Der Freund wurde mit der Aussage zitiert, er habe an diesem Abend mit ihr Schluss gemacht und hoffte, dass sie sich deswegen nichts angetan habe. Die Polizei bat um Hinweise zum Verbleib der Vermissten.
    »Und weiter?« Evan zuckte die Achseln. »Was ist damit?«
    »Das geht wieder mal auf das Konto der Sirene«, unkte Bill.
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein. Jedes Mal, wenn in dieser Stadt jemand verschwindet, soll irgend so eine Harpyie aus der Mythologie schuld daran sein?«
    »Eine Sirene ist keine Harpyie. Du solltest deinen Homer noch mal lesen!«
    Evan lachte. »Ich wusste gar nicht, dass du dich so gut mit klassischer Literatur auskennst.«
    Bill lachte nicht. »Hör zu, Evan. Ich weiß, dass es lächerlich klingt. Aber wenn du die Leute aus Delilah fragst – Leute, die schon ihr ganzes Leben hier verbringen –, dürften sie dir bestätigen, dass irgendetwas da draußen in

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