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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Everson
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geradezu paranoid. Wenn jemand seinen Anruf nicht entgegennahm, ging er nie davon aus, dass man gerade anderweitig beschäftigt war, sondern unterstellte, dass man den Kontakt absichtlich vermied.
    »Hör zu, Evan – ich dachte, das könnte dir gefallen. Nach dem Unglück neulich an Gull’s Point hat der Stadtrat in seiner Sitzung heute Abend beschlossen, draußen auf den Felsen einen Leuchtturm errichten zu lassen. Das nenne ich mal hirnlos! Seit Jahren hat es kein Unglück mehr gegeben, und dann passiert mal wieder eins und … peng, schon wird die Landschaft verschandelt! Na ja … ich dachte, es würde dich interessieren. Bald wirst du, wenn du nachts am Strand spazieren gehst, nicht mehr den Sternenhimmel sehen, sondern nur noch vom hübschen roten Signalfeuer eines Funkleuchtturms angestrahlt. Das nennen sie Fortschritt. Okay … wir sehen uns morgen, denke ich.«
    Der Hörer wurde aufgelegt. Evan blieb reglos stehen und dachte darüber nach, welche Konsequenzen der Bau des Leuchtturms haben mochte. Ob Ligeia immer noch vorbeischauen würde, wenn in den nächsten paar Wochen draußen am Meer Bauarbeiten im Gang waren? Bei dem Gedanken daran, sie zu verlieren, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Wenn er ein Mädchen wäre, das nachts gerne nackt am Strand spazieren ging und sang … nun … Er fragte sich, ob es sie davon abhalten mochte, wenn den ganzen Tag über ein Haufen Kerle an der Felsnadel herumhing.
    Evan hörte, wie nebenan die Dusche abgedreht wurde, und tat den Gedanken mit einem Achselzucken ab. Die Bauarbeiten hatten noch nicht einmal begonnen, und er hoffte, er würde Ligeia heute Abend begegnen, nachdem er sie in den letzten beiden Nächten verpasst hatte. Zunächst musste er allerdings einen weiteren Arbeitstag hinter sich bringen.
    Im Hafen herrschte hektische Betriebsamkeit, als er auf den Parkplatz einbog. Bill rannte den Kai hinauf und hinunter und brüllte ein paar Hafenarbeiter an, während er gleichzeitig etwas auf einen Notizblock kritzelte. Ein großes Schiff – die Ting Ho – war im Morgengrauen eingelaufen, und es gab jede Menge zu tun. Das war kein hiesiger, sondern ein internationaler Frachter. Und wenn so ein Schiff nach Delilah kam – etwas Besonderes, außerhalb der üblichen Abläufe regionaler Wirtschaft – lief die Maschinerie auf Hochtouren. Dann war Dienstleistung gefragt, und zwar mit einem Lächeln auf den Lippen – diese Kunden wollten sie nämlich zurückgewinnen.
    Delilah lag an einer kleinen, von Fischern und – seit der Prohibition – Alkoholschmugglern frequentierten Handelsroute. Doch als Hafenstadt hofften sie immer noch, eines Tages größere Aufträge an Land zu ziehen. Das Fischereigewerbe war schon seit Jahren rückläufig und Boote voller Schnaps konnten heutzutage überall anlegen. Alles, was die Leute noch nach Delilah zog, waren die Macht der Gewohnheit und die Architektur der Altstadt. Mit den viktorianischen Häusern aus der Zeit der Jahrhundertwende, die den lang gezogenen Hügel säumten, an dem sich die Hauptstraße entlangschlängelte, bot Delilah bei Sonnenuntergang einen herrlichen Anblick.
    Aber der herrliche Anblick trug leider nicht zum Steueraufkommen bei.
    Evan hastete die Treppe zum Büro hinauf und warf seinen Computer an. Ausnahmsweise war er mal pünktlich. Doch nachdem das Schiff bereits im Hafen lag, kam er sich trotzdem wie eine Schlafmütze vor.
    »Darren sagt, wir sollen uns einen 2790er-Vordruck schnappen und mit dem Ersten Offizier reden«, begrüßte ihn Maggie. Sie schlenderte durch das leere Großraumbüro in die Küche und befand sich bereits mit zwei Bechern Kaffee auf dem Rückweg, als Evan noch nach dem Formular kramte. Da bekam jemand die luxuriöse Spezialbehandlung!
    »Schnapp dir die Stäbchen«, mahnte sie grinsend. »Die Fracht aus Fernost wartet!«
    In diesem Fall war die Ladung, wie sich herausstellte, nichts Weltbewegendes. Der Frachter stammte zwar aus Taiwan, hatte aber Komponenten geladen, mit denen man allenfalls einen Fabrikbesitzer hinter dem Ofen hervorlocken konnte. Auf der Laderampe stapelte sich nicht etwa coole Unterhaltungselektronik, sondern winzige Plastikteilchen, Drähte und Computerchips, fein säuberlich in Kartons verpackt und so eng zusammengequetscht, wie es nur ging, warteten auf Abnehmer.
    Normalerweise war es eine große Sache, wenn ein ausländisches Schiff anlegte. Meistens konnte man irgendein Gerät, das momentan der letzte Schrei war, abstauben. Dieser Frachter hingegen

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