LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)
Vielleicht würde sie eines Tages sogar Gefallen daran finden.
»Du brauchst nur darum zu betteln«, murmelte er, ganz ruhig, seinem wachsenden Irrsinn zum Trotz. »Du könntest alles von mir bekommen.« Die Tatsache, dass sie zwei seiner Männer getötet hatte, bereitete ihm vorübergehend zwar Sorgen, doch er beruhigte sich mit den Worten: »Es gibt Dinge, die einer Untersuchung nicht standhalten. Manchmal muss man seinem Bauchgefühl folgen. Und das sagt mir … du wirst für immer mir gehören, bis dass der Tod uns scheidet.«
Buckley lächelte bei dem Gedanken daran, wie sie im Augenblick nackt auf seinem Bett lag und in den Schatten auf ihn wartete. Er drehte das Ruder und lenkte das Schiff dem fernen Licht am Ufer entgegen. Hätte er darauf geachtet, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass er allein an Deck war; seine Crew hatte sich still und leise verzogen und anderen Aufgaben zugewandt. Was sie beschäftigte, war die heimliche Fracht ihres Kapitäns, obwohl sie nicht sicher waren, worum es sich handelte. Selbst ein Blinder hätte bemerkt, dass ihr Käpt’n in letzter Zeit mit den Gedanken ständig woanders war. Es wurde allmählich Zeit, dass jemand herausfand, was der Chef im Schilde führte. Denn … es wurde auf dem Schiff zunehmend gefährlich für die Mannschaft. Erst verschwand Rogers, dann Nelson und jetzt auch noch Taffy.
Im Laderaum unter ihrem ahnungslosen Käpt’n redeten die Männer auf den Steuermann ein. Im Kreis hatten sie sich um Travers geschart. Der schwache Schein einer Laterne, die jemand in der Hand hielt, warf orangefarbene Schatten auf sein Gesicht. Travers sah aus, als stehe er in Flammen.
»Er verheimlicht etwas vor uns«, behauptete Jensen. »Den ganzen Tag lang murmelt er nur vor sich hin, und wenn er etwas sagt, dann rätselhafte Sachen. Außerdem verschwindet er dauernd unter Deck, während unsere Kameraden ebenfalls verschwinden. Findest du das nicht ’n bisschen komisch? Wir sind ein Fischerboot mit einem geheimen Laderaum, und jeden zweiten Tag fällt einer über Bord. Das nehme ich ihm nicht ab. Unsere Fracht scheint gefährlich zu sein.«
»Und was soll ich eurer Meinung nach unternehmen?«, wollte Travers wissen. Er fuhr nun schon fast sechs Jahre unter Buckley, und die Lady Luck empfand er eher als Zuhause als die winzige Wohnung, welche seine Frau während des halben Jahres, das er in der Regel auf den Weltmeeren umherschipperte, in Schuss hielt. Auf der Lady Luck hatte er sich stets sicher gefühlt. Aber er musste den Männern recht geben. Mittlerweile glaubte er ebenfalls, dass sie einer Bedrohung ausgesetzt waren.
»Ich sage, lasst uns nach oben gehen, jetzt auf der Stelle, und dann verlangen wir von ihm, dass er uns erklärt, was hier gespielt wird«, meinte Reg. Der bullige Seemann ließ die Faust in seine riesige Hand klatschen. »Wenn wir alle gemeinsam gehen …«
Travers schüttelte den Kopf. »Das nennt man Meuterei«, sagte er. »Zumindest würde Buckley es als solche einstufen. Wenn ihr ihm droht, wird er nicht klein beigeben, sondern sich stur stellen.« Der Steuermann verzog den Mund und dachte nach.
»Lasst mich erst mit ihm reden«, schlug er dann vor. »Heute Abend werde ich einmal ganz ruhig vorfühlen. Ohne zu streiten. Ich fahre schon lange mit Buckley. Er ist ein zäher Bursche, aber ganz tief drinnen auch ein guter Kerl. Zumindest glaube ich das. Wenn es hier um etwas Schlimmeres geht und wir nicht bloß Pech hatten, na ja, dann wird er mir gegenüber schon mit einer Warnung rausrücken.«
Beim Abendessen schwieg der Käpt’n, obwohl es Cauldry tatsächlich gelungen war, einen Eintopf hinzubekommen, der nicht nach getragenen Schuhsohlen schmeckte. Jensen meinte, dass dem Ersatzkoch die Schürze stehe, und Reg bedachte beide mit dem Zeichen gegen den bösen Blick. »Fangt jetzt bloß nicht mit so was an«, lamentierte er. »Hier passieren schon genug Sachen, die wider die Natur sind.«
Cauldry versetzte seinem jüngeren Bruder einen Klaps und bedeutete Reg, ihm auf der langen Planke, die sie beim Abendessen als Sitzbank benutzten, Platz zu machen. Zwischen den dunklen Flecken auf seiner einst weißen Schürze zog er ein Paar Würfel hervor (er mochte zwar kochen gelernt haben, aber nicht, wie man es anstellte, ohne sich schmutzig zu machen) und warf sie auf den Tisch.
»Wer spielt mit?«, fragte er, worauf der Käpt’n, der zu dem ganzen Herumgealbere kein Wort gesagt hatte, aufstand, den Männern zunickte und die Kombüse verließ.
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