LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)
Das Geschwätz verstummte, während alle beobachteten, wie Buckley hinausging. Wie auf Kommando blickten alle zu Travers. Er quittierte es mit einem gequälten Lächeln, nickte ebenfalls und stand auf.
»Ich werde zusehen, was ich tun kann«, versprach er und folgte dem Kapitän.
Hinter ihm brandeten wieder die Stimmen einer nervösen Mannschaft auf, die Dampf abließ. Doch klang es irgendwie gezwungen, als würde die Unterhaltung nach Drehbuch geführt.
Buckleys Kajütentür schloss sich gerade, als Travers sie erreichte.
»Käpt’n, eine Minute Ihrer Zeit?«, rief Travers und legte die Hand an die Tür, um sie offen zu halten. »Ich würde gerne mit Ihnen sprechen.«
Buckley steckte den Kopf durch den schmalen Spalt, hob eine buschige, grau melierte Augenbraue und fragte: »Was wollen Sie?« Er ließ nicht zu, dass die Tür sich auch nur einen Zentimeter weiterbewegte.
»Könnte ich einen Moment reinkommen, Sir?«, fragte Travers. »Ich würde gerne unter vier Augen mit Ihnen sprechen.«
»Das passt gerade nicht«, erwiderte Buckley so schroff wie immer.
Travers vernahm einen dumpfen Schlag hinter dem Käpt’n. »Es dauert bloß eine Minute, Sir«, drängte er. »Ich möchte nicht, dass die Männer es mitbekommen.«
Abermals ein dumpfer Knall. Der Kapitän schüttelte heftig den Kopf. »Gute Nacht, Travers.« Damit begann er, ihm die Tür vor der Nase zuzuschieben. Travers hielt noch einen Moment dagegen. Er fragte sich, was die dumpfen Schläge hinter dem Käpt’n zu bedeuten hatten. Befand sich jemand bei ihm in der Kajüte? Gerade als ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging, nahm er ein weiteres Geräusch in der Dunkelheit wahr.
»Ehhhhiiieeeahhhhh«, drang fast unhörbar ein leiser, bebender Laut an sein Ohr. Es mochte sich um einen Geist oder ein Mädchen handeln – es klang schrill, gezwungen … und doch trotz all seiner Intensität merkwürdig beruhigend.
»Gute Nacht!«, rief der Käpt’n brüsk und rammte die Schulter gegen die Tür.
Travers stolperte einen Schritt zurück, überrascht von der Reaktion seines Vorgesetzten. So hatte er sich noch nie benommen. Gegenüber der Kapitänskajüte lehnte sich Travers an die Wand und dachte nach.
Buckley hatte ihn unter keinen Umständen in seine Kajüte einlassen wollen – dabei war Travers schon unzählige Male dort gewesen, um mit ihm zu plaudern. Der Steuermann blickte auf den Boden hinab und bemerkte ein paar dunkle Flecken direkt vor der Tür. Bei genauerem Hinsehen stellte er fest, dass es nicht die einzigen waren. Eine schwache Spur zog sich über die Planken bis zu der an Deck führenden Treppe. Er bückte sich, um an einem der Flecken zu reiben. Er fühlte sich nicht feucht an. Jedenfalls nicht mehr. Doch als er den Finger zurückzog, war er mit einem matten, körnigen Rot verschmiert.
Abermals vernahm er hinter der Tür der Kajüte einen schrillen Laut, gefolgt von einem leisen Fluchen, das unverkennbar von Buckley stammte.
Der alte Bastard versteckte jemanden in seiner Kajüte! Im Geist zählte Travers noch einmal rasch durch und fand sich darin bestätigt, dass die gesamte Mannschaft – zumindest was davon übrig geblieben war – derzeit backbord in der Kombüse hockte. »Hmmmpfh«, sagte er zu sich selbst und folgte der rötlichen Spur nach oben auf Deck. Nach ein paar Schritten verschwand sie einfach; es musste am Meerwasser liegen, das ständig über die Planken spritzte.
Aber er hatte gesehen, was er sehen musste. Die Flecken endeten unmittelbar vor dem Rand des Schiffes. Der Käpt’n hatte etwas aus seiner Kajüte nach oben getragen, um es über Bord zu werfen. Etwas, das tropfte. Und zwar so, dass es verdammt nach … Blut aussah.
»Hmmmpfh«, machte Travers erneut und blickte auf die dunkle Öffnung, die zurück aufs Unterdeck führte. Irgendwie kamen ihm diese Stufen nicht mehr ganz so freundlich und einladend vor wie sonst. Er empfand das Schiff nicht länger als behagliches Heim.
23
San Francisco erhob sich wie eine Geisterstadt aus der Nebelbank. Die Fahrt über die Golden Gate Bridge war atemberaubend – die Welt unter ihnen verschwand einfach im Nichts, während weiße Nebelschwaden gemächlich zwischen den Stahlträgern der Brückenbogen hindurchglitten.
»Man nennt San Francisco die Stadt an der Bucht, aber eigentlich müsste man von der Stadt in den Wolken sprechen«, lachte Sarah.
»Bis zum Mittag wird der Nebel sich verziehen«, versprach Evan. »Heute soll es bis zu 25 Grad warm werden.«
»Na,
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