Light & Darkness
»Ich müsste noch Geschenke einkaufen«, sagte er kleinlaut. Das rechte Auge ihrer Mum zuckte, als sie Jude fixierte. Er lächelte entschuldigend, schnappte sich Kane und zog ihn mit sich. Dieser schien kein Interesse zu haben Jude zu begleiten, leistete jedoch keine Gegenwehr.
»Light. Dante. Möchtet ihr mich auch im Stich lassen?«, fragte ihre Mum.
»Nein«, sagte Light, obwohl sie ebenfalls noch keine Geschenke hatte. Doch sie wollte den Zorn ihrer Mum nicht auf sich ziehen. Nicht kurz vor Weihnachten, nicht nachdem ihre Mum ihr eröffnet hatte, dass sie über Dante und sie Bescheid wusste. Light glaubte nicht, dass ihre Mum sie aus Wut an den Rat verraten würde, aber konnte sie sich sicher sein? Besser, sie ging kein Risiko ein.
»Was ist mit dir?« Sie stemmte die Hände in die Hüfte und baute sich vor Dante auf.
»Ich bleibe.«
»Schön.« Der Blick ihrer Mum wanderte von seinem Gesicht über seinen Hals bis zu seiner Brust und den nackten Armen. »Wäre es wirklich zu viel verlangt, eine Jacke anzuziehen? Die Leute starren dich an!«
Dante grinste. »Ich bin halt ein heißer Typ.«
Sie rollte mit den Augen, ehe sie wieder eifrig mit ihrer Suche begann. Gemeinsam trotteten sie hinter Lights Mum her, die wie ein Spürhund jeden einzelnen Baum beschnüffelte.
»Was ist mit dem Mantel passiert?«, fragte Light, als sie keine Lust mehr hatte still zu sein.
Im Vorbeigehen brach Dante einen Zweig ab. »Welcher Mantel?«
»Der Schwarze, den du zum Weihnachtsmarkt anhattest.«
»Der.« Dante ließ den abgebrochenen Zweig fallen. »Ich hab ihn weggeschmissen.«
»Wieso?«
Er zog die Brauen in die Höhe, als wäre es offensichtlich. »Du hast ihn vollgeblutet.«
Schuldbewusst lächelte Light ihn an. »Soll ich dir einen Neuen kaufen? Zu Weihnachten?«
Dante schüttelte den Kopf. »Ich möchte nicht, dass du mir etwas schenkst.«
Sie waren vor einem Baum stehen geblieben und strich über die noch grünen Nadeln. »Wieso willst du nicht, dass ich dir etwas schenke?«
»Weshalb feiert ihr Weihnachten?«
Light überlegte. Sie wollte sich nicht die Blöße geben, etwas Falschen zu sagen. »Die Geburt Jes– oh, du willst nichts zu Weihnachten, weil du ein Dämon bist.«
Ein zufriedener Ausdruck trat auf seinem Gesicht. »Hübsch und klug.«
Zum Glück konnte Dante die Hitze in ihren Wangen nicht sehen, da diese von der Kälte ohnehin schon gerötet waren. Verlegen vergrub sie ihre Hände tief in den Jackentaschen und scharrte mit ihren Füßen durch das Kies-Schnee-Gemisch. Für diese Jahreszeit war es außergewöhnlich warm, fast so, als würde Dantes Anwesenheit nicht nur ihr Herz erwärmen, sondern alles um sie herum.
»Darf ich dir etwas zum Abschied schenken?«, fragte Light unvermittelt.
Dantes Augen wurden groß. »Auf keinen Fall.« Er schüttelte heftig den Kopf. Sein fassungsloser Ausdruck veränderte sich und er wurde wütend. »Ich will nichts von dir.«
»Ich hab verstanden. Keine Geschenke«, sagte sie in ihrem Versuch ihn zu beschwichtigen und legte ihm eine Hand auf den Arm.
»Kommt mal her!«, rief ihre Mum aus ein paar Metern Entfernung. »Wie gefällt euch dieser Baum?«
Erleichterung durchströmte Light, als sie zu ihrer Mum ging. Sie wollte sich nicht mit Dante streiten, obwohl es vermutlich das Vernünftigste wäre. Ein Knick in ihrer Beziehung würde den Abschied womöglich erleichtern.
Der Baum, den ihre Mum ihnen zeigen wollte, war eine kleine Tanne, die ihr kaum bis zu den Schultern reichte, aber die Nadeln waren dicht und hatten ein gesundes Grün. Light starrte auf die Tanne bis ihr Blick unscharf wurde. Zu sehr war sie sich Dantes Nähe bewusst. Sie müsste nur ihren kleinen Finger ausstrecken, um seine warme Haut zu berühren.
»Mir gefällt er auch«, sagte eine Stimme von hinten. Einen Augenblick dachte Light, es wäre ihr Dad, aber es war Kane, der zwei Einkaufstaschen bei sich trug. Auf seinem Kopf trug er eine blutrote Wollmütze, die er zuvor nicht besessen hatte.
Lights Mum lächelte ihn an. »Großartig. Ich suche den Verkäufer und ihr passt auf, dass niemand anderes den Baum entdeckt.« Aufgeregt lief sie davon.
»Wo ist Jude?« Gelassen, als hätte er den Beinahestreit von eben schon vergessen, lehnte sich Dante gegen das Gerüst einer riesigen Sägemaschine. Das Schild, das davor warnte, die Säge zu berühren, ignorierte er.
Kane zuckte mit den Schultern. »Wir haben ein Geschenk für Light gekauft, als sein Handy geklingelt hat. Er meinte es wäre
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