Light & Darkness
Steve, der sich mit ihm in einem Café treffen möchte. Du weißt schon, Steven, dem er letztes Jahr in Psychologie Nachhilfe gegeben hat, und wir sollen ohne ihn fahren.«
»Jetzt?«, fragte Light überrascht. Kane nickte. »Jude verhält sich in letzter Zeit komisch, früher hätte er uns nie während der Weihnachtseinkäufe alleine gelassen.«
Kane nickte. »Es kommt mir so vor, als würde er mir aus dem Weg gehen.«
Gelangweilt zupfte Dante an den Nadeln einer Tanne. »Es hat sicher etwas mit der Entführung zu tun.« Light schlug ihm auf die Hände und deutete ihm, die Bäume nicht anzufassen.
Kane stellte die Taschen zwischen seine Beine. »Jude trifft sich doch mit diesem Psychologen.«
»Zwei Mal.« Demonstrativ hob Light zwei Finger in die Luft. »Ein Psychologe kann helfen, aber keine Wunder bewirken. Womöglich schämt er sich für das, was ihm passiert ist.«
»Wir sollten mit ihm reden.« Kane rieb seine kalten Hände aneinander.
»Wenn er sich wirklich schämt, ist reden das Letzte, was er will«, sagte Dante. »Lasst ihm Zeit. Er verhält sich komisch, na und? Solange er niemandem damit schadet, lasst den Jungen in Ruhe.«
»Seit wann sind du und Jude Freunde?« Kane neigte den Kopf.
»Sind wir nicht.« Ein angriffslustiges Lächeln zuckte in Dantes Mundwinkeln. »Kerle reden nicht gerne über ihre Gefühle, aber das musst du nicht verstehen.«
Kane trat einen Schritt auf ihn zu. Die Taschen, die zwischen seinen Füßen standen, fielen zu Boden. »Du redest mehr als für dich gut ist, Leroy.«
Dante straffte seine Brust und baute sich zu seiner voller Größe auf. »Du solltest besser –«
»Haltet die Klappe«, fauchte Light.
»Er hat angefangen«, protestierte Kane wie ein kleines Kind.
»Es ist mir egal, wer angefangen hat. Vergesst euer Testosteron nur für einen Augenblick und denkt an Jude.« Light bückte sich, um die Sachen aufzuheben, die aus der Tüte gefallen waren. »Dante hat Recht, mit Jude zu reden wird uns nicht helfen. Wir sollten direkt mit seinem Psychiater sprechen.«
»Was willst du ihm sagen?« Dante kniete sich neben sie, um ihr zu helfen. »Dass Jude verrückt ist?«
Light schob ein Fläschchen von dem Lieblingsparfüm ihrer Mum in die Tüte. »Irgendetwas müssen wir tun.«
»Müssen wir nicht.« Dante legte seine Hand auf ihre. Selbst durch den Handschuh hindurch konnte sie seine Wärme spüren. »Gib Jude etwas Zeit, um mit der Sache klarzukommen. Nach dem Überfall der Impia standest du auch etwas neben dir.«
Light blickte auf ihre Hände. Zu gerne hätte sie ihre Finger mit denen von Dante verschlungen. Doch sie spürte Kanes Anwesenheit wie einen elektrischen Zaun, der zwischen ihr und Dante aufragte. Die Berührung wäre möglich, aber sie kannte das Ausmaß der Elektrizität nicht. »Eine Woche.« Sie zog ihre Hand unter seiner hervor und stand auf. »Ich gebe Jude eine Woche, bevor ich mit ihm rede.«
Light hatte versprochen Jude in Ruhe zu lassen … doch sie konnte nicht. Wie durch einen Zauber oder den Gesang einer Sirene wurde sie von seinem Zimmer magisch angezogen. Ehe sie sich versah, stand sie vor seiner Tür und klopfte fest mit der Faust gegen das Holz.
»Herein«, hörte sie Jude rufen und schlüpfte in das Zimmer. Jude lag auf seinem Bett, in der einen Hand ein Buch, in der anderen einen Leuchtstift. »Können wir reden?«, fragte sie geradewegs, da sie keine Vorstellung davon hatte, wie sie das Gespräch beginnen sollte.
»Klar, ich kann eine Pause gebrauchen.« Er klappte das Buch zu und setzte sich auf.
Light setzte sich auf die Bettkante und strich mit den Fingern über den kuscheligen Bettbezug. Sie betrachtete das Muster aus verwirrten Farben, kreuz und quer schlängelten sie sich über den Stoff, bis sie sich in ein schwarzes Feld am Fußende verliefen. Verschluckt von der Dunkelheit, dachte Light und blickte zu Jude. Seine Augen wirkten leer, fast etwas ängstlich. »Wie geht es dir?«
»Gut.« Es klang mehr wie eine Frage.
»Wirklich?«, sagte sie und fügte in Gedanken hinzu: Du siehst nicht so aus. Seit er aus dem Krankenhaus entlassen worden war, lagen tiefe Schatten unter seinen Augen und seine Wangen wirkten eingefallen, als hätte er in den letzten Tagen viel Gewicht verloren.
»Wirklich, mir geht es gut.« Jude machte eine wegwischende Handbewegung, konnte dabei aber das Zittern seiner Finger nicht verbergen. »Ich bin nur noch etwas durch den Wind. Aber ich versuche mein Bestes, mich wieder in mein normales Leben
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