Light & Darkness
von seinem Körper abstanden.
»Es soll aufhören.« Tränen rannen über Lights Gesicht und ihre Knie gaben nach. Crispin fing sie auf und drängte sie in Richtung Wand, weg von Dante. Die Kette um Dantes Füße begann zu glühen und färbte sich in einem flackernden Orange wie Kohle, die dabei war Feuer zu fangen. Wie Schnee schmolz das erhitze Metall von seinem Knöchel und hinterließ rote, verbrannte Haut.
Keuchend wandte Dante sich auf dem Boden hin und her. Sein Dämon wollte aus ihm heraus wachsen und brodelte unter seiner Oberfläche. Ein erwartungsvolles Grinsen trat auf Crispins Gesicht, kurz bevor Dantes Schläfen aufplatzen. Es war kein Blut, das aus der Wunde hervortrat, es waren Hörner wie die eines Ziegenbocks. Sie waren dunkel, fast schwarz, wirkten jedoch nicht wie aus Horn, sondern viel mehr wie aus schwarzem Edelstein.
Light sah, wie Crispins Lippen sich bewegten. Immer wieder formten sie dasselbe Wort, das in Dantes Geschrei verloren ging. Nachdem die zwei Hörner ihre vollendete Form gefunden hatten und bedrohlich aus seinem Kopf hervorragten, begann sein Haar sich weiter aus seiner Kopfhaut zu schieben. Doch es war nicht dieses seidige Braun, das Light kannte. Es war ein ebenmäßiges Weiß, das einen unnatürlichen Kontrast zu seinen Hörnern bildete. Gleichzeitig verkrampften sich seine Finger. Sie formten sich zu Klauen mit scharfen Krallen. Wie Kanonenschüsse durchschnitten Dantes Schreie die Luft ... bis er plötzlich verstummte. Doch seine Rufe hallten in ihren Ohren wider.
»Ist es vorbei?«, flüsterte Light kraftlos, als hätte sie selbst die Wandlung durchgemacht. Crispins seliges Lächeln sagte alles. Er trat einen Schritt auf Dante zu, der reglos auf dem Boden lag. Er kniete sich neben ihn und berührte das helle Haar mit den braunen Spitzen – und streichelte es. Dantes Körper zuckte unter der Berührung und mit einem Sprung, der Crispin von den Beinen riss, stand Dante auf. Wild um sich blickend keuchte er und fletschte die Zähne.
Sein Kopf wandte sich zu Light, die sich verängstigt gegen die Wand drückte. Schlimmer als seine Hörner, seine Klauen und seine spitzen Zähne waren seine Augen. Das Schwarz, das Light inzwischen so vertraut war, war verschwunden. Dante hatte keine Iris, keine Pupillen – gar nichts. Seine Augen waren weiße Äpfel, die tot in die Luft starrten.
Crispin kam wieder auf die Beine. Er sagte etwas zu Dante, aber wieder konnte Light die Worte nicht verstehen. Blitzartig wandte Dante den Kopf und erst jetzt fiel Light auf, das er auch gewachsen war. Sein innerer Dämon war größer als er selbst, denn er überragte Crispin bei weitem.
Lights Herz schlug wie ein Presslufthammer gegen ihre Brust. Sie atmete hektisch und dennoch hatte sie das Gefühl zu ersticken, als Dante sich ihr wieder zuwandte. Crispins Worte wurden klarer. »Töte sie und nehme wieder deinen Platz an meiner Seite ein.«
Light wusste, sie sollte fliehen, aber ihre Glieder waren steif und regten sich nicht. Dante neigte den Kopf, seine leblosen Augen tasteten ihren Körper ab. Er zog seine Lippen nach oben und fletschte die Zähne ein weiteres Mal. Ohne Hektik, als wäre er sich ihrer Unterlegenheit vollstens bewusst, schritt Dante – Light schüttelte den Kopf, nicht Dante, sein Dämon – auf sie zu.
Hoffnungslos presste sie ihre Augenlider zusammen, bis sie einen starken Druck innerhalb ihres Kopfes spürte und es in ihren Ohren rauschte. Ihre Angst lähmte sie und sie hoffte, dass das Adrenalin ihr auch dieses Mal die Schmerzen vor dem Tod ersparte.
Ihre Gedanken brachen jäh ab, als warmer Atem, feucht wie Dampf, ihr Gesicht streifte. Das Ding stand direkt vor ihr. Eine Kralle bohrte sich in ihre Schulter, um sie festzuhalten. Nur mit reiner Willenskraft schaffte Light es, sich nicht zu übergeben, denn diesen letzten Funken Würde wollte sie für sich behalten, wenn sie ihrem Mörder schon nicht in die Augen sehen könnte. Seine Zähne waren ihr nun so nahe, dass sie den Gestank nach Blut und verbranntem Fleisch riechen konnte.
Mit jeder Faser ihres Körpers wusste Light, dass der Moment gekommen war. Sie war nicht bereit zu sterben, doch es gab nichts, was sie hätte tun können. Jude. Kane. Mum. Dad. Wie ein Mantra wiederholte sie die Namen. Dante – »Ich liebe dich.« Sie wollte, dass er es wusste, auch wenn dieses Ding seinen Körper kontrollierte und er sie nicht hören konnte. Schwindel breitete sich in ihrem Kopf aus, dass sie glaubte ohnmächtig zu werden.
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