Light & Darkness
Klappe, Ethan! Ohne dich wären wir gar nicht in diese Situation gekommen.« Erst jetzt entließ Dante Light aus seiner Umarmung. Der plötzliche Wärmeverlust ließ sie frösteln. »Alles in Ordnung?«, fragte er. »Du siehst blass aus.«
Light blinzelte, um sich wieder zu fangen. »Nein, alles in Ordnung.«
Schweigend und in Gedanken versunken verbrachten sie weitere vierzig Minuten in der Bahn, als sie die Endstation erreichten. Dante und Ethan trugen die Gasflasche und warteten drauf, dass Light sich in Bewegung setzte. Ihre Arme waren schon taub von den vielen Einkaufstaschen, die sie die ganze Zeit über getragen hatte. Sie biss die Zähne zusammen und suchte sich ihren Weg nach draußen, wobei sie öfters an Sitzen oder Haltestangen hängen blieb. Ungeschickt stolperte sie über die Treppe ins Freie. Vereinzelte Sonnenstrahlen ließen helle Pünktchen vor ihren Augen tanzen.
»Geh weiter«, forderte Dante. Schnell verließen sie den Bahnhof und betraten eine Straße, die direkt an das Meer grenzte. Man konnte das Rauschen der Wellen hören, die sich seicht im Wind wiegten. Schiffe tummelten sich am Hafen und der starke Geruch nach Fisch stieg Light in die Nase. »Nun gut, Ethan, ab jetzt musst du alleine zurechtkommen.« Dante stellte die Gasflaschen ab. »Ich erinnere dich noch einmal: Ich möchte weder dich, noch jemand anderen in der Nähe dieser Schwebebahn wissen.«
»Kommst du nicht mit mir?«
»Nein. Es fällt zu sehr auf, wenn ich einfach verschwinde.«
Ethan schürzte die Lippen. »Soll ich deinem Vater etwas ausrichten?«
»Nein. Sag ihm nur das mit der Zuglinie.« Dantes warme Finger berührten Lights Hände, als er ihr ein paar der Taschen abnahm. Er musste spüren, dass sie zitterte. »Wir müssen jetzt los. Wir sehen uns, Ethan.« Er lächelte den Jungen an und wandte sich von ihm ab. Light warf Ethan einen letzten Blick zu und folgte Dante. Keiner von ihnen sagte etwas, während sie der Straße folgten.
Nach etwa einer Viertelmeile bog Dante in eine Sackgasse ein. Es ließ die Taschen sinken und lehnte sich gegen eine Hausmauer. Plötzlich wirkte er sehr erschöpft. »So ein Idiot. Diese Gasflaschen hättest selbst du besser verstecken können. Was hat sich Ash nur dabei gedacht, Ethan diesen Job zu geben?«
Light stellte ihre Taschen ab. Ihre Arme begannen zu kribbeln und ihre gedehnten Muskeln zogen sich schmerzhaft zusammen. »Wer ist Ash?«
»Niemand von Bedeutung«, seufzte er. »Vergiss, was ich gesagt habe. Lass uns noch eine Viertelstunde warten, dann fahren wir zurück.«
Light blickte durch die Gasse zu dem blauen Fleck Meer, den sie erkennen konnte. »Wieso sind wir hierher gefahren?«
»Liegt das nicht auf der Hand? Ethan wird meinem Vater erzählen, dass er mich gesehen hat. Wären wir an deiner Haltestelle ausgestiegen, hätte er gewusst, wo er nach mir suchen muss.« Dante zuckt mit den Schultern. »Nun denkt er, ich würde mich in der Nähe des Hafens aufhalten.«
»Du hast meine Familie beschützt«, stellte sie fest. »Und du hast vielen Leuten das Leben gerettet. Sie alle hätten in diesem Sol-Air sterben können.« Ihre Knie drohten einzuknicken. Sie lehnte sich neben Dante an die Mauer und ließ sich zu Boden gleiten.
Abwehrend hob Dante die Hände. »Übertreib es nicht, schließlich war ich auch im Zug.«
»Aber du bist ein Dämon, du kannst nicht sterben.«
»Glaub mir, ich wäre gestorben. Nicht endgültig, aber ich hätte ein paar Jahre auf meine Wiedergeburt warten müssen.« An seiner zittrigen Stimme erkannte sie die Ausrede. Er wollte nicht zugeben, etwas Gutes getan zu haben. Er fühlte sich in seiner Rolle des unnahbaren Dämons zu wohl, um seine Schutzschilder fallenzulassen.
Crispin saß an seinem Schreibtisch aus schwerem Eichenholz, als es leise an der Tür klopfte. »Herein«, brummte er und klappte seine Unterlagen zu. Er war gerade dabei einen Artikel über das Verschwinden von Galen Collin zu lesen. Seine Leiche würde man sicherlich bald finden. Er hatte Valix damit beauftragt, den toten Körper dekorativ an einem belebten Ort abzulegen.
»Entschuldigen Sie, Sir. Dürfte ich kurz mit Ihnen sprechen?«, fragte der blonde Junge, der in die Kabine getreten war. Ängstlich tasteten seine grünen Augen den dunklen Raum ab. Das Bullauge bot wenig Licht, nur vereinzelt gelangten Sonnenstrahlen durch das runde Glas. Von Crispins Person eingeschüchtert schloss der Junge die Tür hinter sich.
Crispin konnte sich daran erinnern, den Jungen schon
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