Light & Darkness
schlagen, als sie begriff, dass sie tatsächlich ein Klopfen hörte. Jemand stand vor ihrer Tür, hämmerte gegen das Holz und rief ihren Namen, immer und immer wieder.
Unkoordiniert blickte Light sich in ihrem Zimmer um. Niemand durfte sie gemeinsam mit Dante entdecken. Doch dieser war schon aus dem Bett gesprungen. Auch seine Augen waren vor Schreck geweitet. »Versteck dich«, sagte Light aus dem Impuls heraus. Sie wusste nicht, was Dante dazu trieb, aber bevor sie den Befehl wiederholen konnte, war er in das Badezimmer verschwunden. War es nicht sein Ziel, dass sie gemeinsam erwischt wurden? Bevor Light weiter darüber nachdenken konnte, öffnete sich die Tür zu ihrem Zimmer und Kane kam herein. Er trug nur ein zerknülltes Shirt und eine Boxershorts. »Guten Morgen«, sagte er mit einem Lächeln.
»Morgen«, antworte Light mechanisch. Sie saß aufrecht in ihrem Bett und ihre schnelle Atmung erzeugte einen leichten Schwindel. Sie konnte nicht glauben, dass Kane so gelassen in ihrem Zimmer stand und sein schulterlanges Haar zu einem Zopf zusammenfasste. »Wie früh ist es?«, fragte sie und ließ sich zurück in ihr Kissen sinken.
»06:30 Uhr und es ist Samstag.« Kane setzte sich auf die Bettkante.
»Ich weiß, dass Samstag ist«, seufzte Light. »Wieso weckst du mich so früh?«
Kane gähnte. »Das ist nicht meine Schuld. Anna und ihr Wesen stehen vor der Tür. Die beiden sind so aufgedreht, als hätten sie die ganze Nacht nicht geschlafen und literweise Kaffee getrunken. Sie warten unten in der Küche auf dich.«
Noch bevor Kane zu Ende gesprochen hatte, sprang Light aus ihrem Bett. Sie geriet ins Wanken, aber sie wollte unbedingt zu Anna und ihrem Wesen. Für eine Sekunde überlegte sie, einfach in ihren Schlafsachen in die Küche zu gehen, aber sie wollte keinen schlechten ersten Eindruck hinterlassen. Sie ballte ihre Hände und zwang sich für einen Moment zur Ruhe. Kaum hatte sich die Tür hinter Kane geschlossen riss Light achtlos ein paar Klamotten aus dem Schrank. Sie streifte sich den Pullover über, während sie die Badezimmertür mit ihrem Ellenbogen aufstieß.
Dante saß auf dem Wannenrand. »Wo brennt es?«
»Anna und ihr Wesen sind hier«, erklärte Light. Hastig fuhr sie sich mit dem Kamm durch die Haare und quetschte zu viel Zahnpaste auf ihre Bürste – die Gott sei Dank nicht in der Toilette schwamm. Den beißenden Pfefferminzgeschmack ignorierend putzte sie sich die Zähne.
Vier Minuten später marschierte Light mit gezwungener Ruhe in die Küche. Ihre Schultern waren gestrafft und ihr Gang aufrecht. Anna saß mit dem Rücken zu ihr. Ihr dickes, rotes Haar war zu einem französischen Zopf geflochten. Neben ihr saß ein schwarzhaariges Mädchen, das Light mit ihrem puppenartigen Gesicht an eine jüngere Version von Dr. Melay erinnerte. Ihre Augen hatten ein strahlendes Blau, heller als der blauste Himmel.
»Hey!« Light lächelte, ohne den Blick von Annas Wesen abzuwenden. »Ich bin Light.«
Ein Grinsen trat auf ihr Puppengesicht. »Anna hat mir schon viel über dich erzählt. Ich bin übrigens Kathryn und gehöre zum Stamm der Nachtelfen.«
»Ist sie nicht toll?«, quietschte Anna vergnügt. Light verstand, was Kane meinte. Sie wirkten überdreht und ihre Pupillen waren vom vielen Koffein geweitet. Sehnsüchtig sah Light zur Kaffeemaschine und seufzte dankbar auf, als sie die bereits gekochte braune Flüssigkeit entdeckte. »Wie war die Delegation?«, fragte Light mit ehrlichem Interesse und goss sich etwas von dem Kaffee in eine Tasse.
»Es war großartig«, schwärmte Anna.
»Nein, fantastisch«, sagte Kathryn. »Es war nicht meine erste Delegation, aber mit Anna, das war Liebe auf den ersten Blick. Ihr Kleid sah wunderbar aus und diese Haare«, schwärmte sie. »Ich wollte schon immer Friseurin werden. Anna ist wirklich perfekt als Model für mich. Findest du nicht auch?« Light nickte und hörte den beiden zu, während sie von ihren ersten gemeinsamen Stunden erzählten. An den richtigen Stellen lächelte und nickte Light, doch von Mal zu Mal fiel ihr diese freundliche Geste schwerer und ein bittersüßes Ziehen breitete sich in ihrem Magen aus. Sie kannte diese Art von Schmerz, der nur von einem bestimmten Gefühl hervorgerufen wurde: Neid.
Sie wollte es nicht glauben, aber sie war neidisch auf Anna, denn sie selbst war nicht in den Genuss gekommen, diese aufregenden, ersten Stunden mit ihrem Wesen zu verbringen. Zwischen ihr und Dante gab es keine Vertrautheit, sondern
Weitere Kostenlose Bücher