Lila Black 02 - Unter Strom
Hardcore-Overdrive. Trotz der Lage, in der er sich befand, wippte er mit dem Beat und den psychedelischen Sci-Fi-Effekten, in die sich jemand während des Mixens verliebt hatte. Besser das als Ärger oder Trauer; nichts ließ die Aufmerksamkeit so unverfälscht werden wie sich ausbreitende, offene, fröhliche Energien, egal, aus welcher Quelle sie stammten und was ihr Ziel war.
Sie wendeten für einen weiteren Überflug, und er machte den Speer bereit, drehte sich um und lockerte den anderen Arm, mit dem er die Balance halten würde.
Der Drachling ging in einen mörderischen Tiefflug über. Äther strömte von seinen Flügeln und vertrieb die Vögel. Die sich sonnenden Katzen sprangen auf und flohen, als sie die Ätherwelle streifte. Zal lehnte sich zur Seite, selbstsicher und konzentriert, den Zielpunkt fest im Geist, obwohl das Lager in Wirklichkeit als verschwommene Braun- und Grüntöne unter ihm vorbeisauste. Er warf den Speer, und die Leine entrollte sich mit einem heulenden Geräusch von der Spule an dem Geschirr des Drachlings.
Er spürte die Explosion der Zauber – jeder im Umkreis von mehreren Meilen würde diesen ätherischen Rückschlag spüren –, und dann straffte sich die Leine. Der Drachling knurrte, und die Winde kreischte und rauchte und war nach nur einer Sekunde an ihrem Ende angelangt. Es fühlte sich an wie der Schlag einer unsichtbaren Hand, aber dann stiegen sie auf, stürzten nicht ab, und das Geschirr rutschte und protestierte, aber sie zogen ihren Fang mit, was immer es auch sein mochte. Der Drachling kämpfte einige Augenblicke, weil sich der Fang in einigen Teilen des Waldes verfing, aber seine Stärke war einem Hüttendach, einigen Baumwipfeln und herabhängenden Lianen leicht gewachsen. Zal hoffte nur, dass das Gleiche für denjenigen im Netz galt.
Die Reiterin reichte ihm den Hebel der Winde von der Seite ihres Sattels. Er hakte ihn ein und fing an, das Seil einzuholen, während sie das Fernglas hervorholte und sie wieder auf den Kurs nach Dämonia brachte.
Wenn es in dem überraschten Lager eine Reaktion gab, kam sie zu spät, um sie noch zu betreffen. Zal holte die Leine ein, bis das Netz ebenfalls in der Aura des Drachlings hing, und dann schossen sie schweigend in Richtung Heimat, ließen die frische Luft eines wunderschönen Tags in Alfheim hinter sich, bevor jemand sie entdecken konnte. Die Elfen besaßen keine Zugreifen-und-Verschwinden-Einheiten wie die Drachlingreiter, kannten keinen Schrecken aus der Luft und hatten nun, wo sie weg waren, auch keine Beweise.
Das war seit Jahrhunderten ein Diskussionsthema unter den elfischen Zauberern: Warum bevorzugten die Drachenartigen die Dämonen und Feen? Einige sagten, es sei ein Verbrechen wider die Natur, aber es wurde nie ganz klar, wer hier ein Verbrechen beging oder worin es bestand, und davon abgesehen bevorzugten die Drachen selbst Teile Alfheims, unabhängig davon, ob ihre Verwandten es taten. Zal war das egal, wichtig war nur, dass er die zu befragende Person hatte.
Auf seine Bitte hin setzten sie ihn jenseits von Bathshebat auf dem Festland ab, an einem Ort, den man »Platz der Steine« nannte. Hier gab es nur nackten Fels und meilenweit keine Deckung irgendeiner Art. Die Spuren vergangener Duelle bedeckten die Steine wie Farbflecken, und er kannte Orte, an denen der Boden den Schmerz und das Leid der Besiegten ausstrahlte. Er erschauderte, weil er sich an Zoomenon erinnert fühlte, und stieg ab.
»Hol mich wieder ab, wenn die Dunkelheit hereinbricht«, sagte er, während der Drachling in unmöglicher Weise auf zitternden Flügeln, die die Luft zu kleinen Wellen zerschlugen, über dem Boden schwebte. Er spürte, wie die Energie den Boden fernhielt.
Die Reiterin nickte, und er glitt herab, um gut zwanzig Meter von dem bewegungslosen Netz entfernt auf dem Fels zu landen. Er schaute dem Drachling zu, wie er sich einige Meilen die Küste entlangbewegte, und setzte sich in die Sonne. Erst dann wandte er sich zum Netz um. Er schaltete den Sänger ab und steckte ihn in die Tasche.
»Dachtest du, du könntest entkommen?«, fragte er ruhig in der alten Sprache. Er zog den Dolch aus dem Stiefel; die Worte zwangen ihn zu einer gezierten Präzision bei der Hatz, die er so selten genoss, weil sie aus einer Tradition der Manipulation und Boshaftigkeit erwuchs, die er verachtete. »Oder hat dein Meister dir vorgemacht, du könntest es schaffen, und man hat dich hereingelegt? Wenn dieser Ort dein Zuhause war, dann bist du arm und
Weitere Kostenlose Bücher