Lila Black 02 - Unter Strom
richtiglag. Er bedauerte sie für ihre Unschuld und antwortete für sie: »Natürlich hättest du dich dann umbringen müssen wie jeder gute Assassine und ein großartiges Todesgedicht über dein tragisches kleines Leben hinterlassen, damit wir alle ordentlich über dich lachen können. Ist dir nicht in den Sinn gekommen, dass du vielleicht nur die Abendunterhaltung gewesen bist?«
Sie schluchzte. »Nein! Ich hatte den Befehl, sie zu töten, und wenn ich das nicht schaffe, dann dich, deine Schwester oder deine Frau. Eines dieser Ziele war ausreichend.«
»Aber was wäre geschehen, wenn du Erfolg gehabt hättest? Lila wäre tot. Du wärst mit deiner Belohnung wieder nach Alfheim verschwunden und hättest ihre Tür nie wieder durchschritten. Die Principessa hätte mir gegenüber eine tödliche Beleidigung ausgesprochen, und ich wäre verpflichtet, das Haus von Sikarzi herauszufordern. Teazle müsste die Herausforderung annehmen, und ich würde sterben. Lila wäre tot, sodass die Otopianer ihre beste Agentin verloren hätten, die einzige, die in Dämonia Macht sammeln kann. Die Elfen hätten ihren einzigen Mann mit gesundem Verstand verloren – mich. Und dann könnte die Principessa zu Recht sagen, ihre Familie habe Dämonia vor dem Einfluss fremder Mächte gerettet, die dann an die Spitze der herrschenden Familien aufsteigen würden. Das war ein lohnendes Risiko, selbst mit jemandem wie dir. Aber du hast versagt, wegen Teazle. Das ist sehr interessant. Wie die Mutter, so der Sohn, aber er spielt mit Sicherheit ein anderes Spiel.
Teazle hat nichts davon, wenn seine Mutter zu einem Machtfaktor in der Region wird. Genau wie sie musste er froh darüber sein, jemanden so Unerträglichen wie seinen Bruder loszuwerden. Es dient seinen Interessen nicht im Geringsten, wenn er seiner Mutter hilft oder wenn Lila stirbt. Er hätte deutlich mehr davon, wenn er versucht, sie zu heiraten. Dann hätte er als Erster in Dämonia Einfluss auf eine fremde Macht und dazu die Ehre, eine mächtige Partnerin zu besitzen, die schon wichtig war, bevor sie herkam. Er ist jung genug, damit sein Hirn noch strategisch arbeitet, also versucht er das natürlich, und sein Ruf würde zurzeit jeden anderen Freier abschrecken. Mit Ausnahme von mir. Aber ich könnte ein zusätzlicher Bonus sein, wenn ich Lila auch dazu überreden könnte, sich mit mir zusammenzutun. Er, Lila und ich gemeinsam, das wäre eine Machtkonstellation, wie es sie hier noch nicht gab. Möglicherweise eine unbesiegbare.
Sie würde ausreichen, um eine neue Familie zu gründen, die nicht mit früheren oder bestehenden Stammbäumen verbunden ist. Keine Pflichten zu erfüllen. Und natürlich wäre da Adai gewesen, die Einzige von uns, die in der Lage war, Nachkommen hervorzubringen. Was für ein interessanter Plan.
Die Principessa wollte, dass du dies verhinderst, wette ich, und das hast du auch. Sie kann all deine Handlungen als Rache für ihren Mickerling ausgeben. Sie riskiert nichts, egal, was passiert, und kann viel gewinnen. Es sei denn, Teazle schafft es wie geplant, dann stünde ihr Kopf auf dem Spiel. Das alles basiert natürlich auf der Annahme, man könne Lila überhaupt heiraten, was die Principessa wohl übersehen hat, weil sie sich nicht vorstellen kann, dass jemand Teazle ablehnen könnte, wohingegen ich mir nicht vorstellen kann, dass Lila jemandem das Jawort gibt.
Aber egal, welche Gedanken dahinterstecken, du bist eine Schande, ein lebendes Risiko, und sofern du nicht willens bist, ein vollständiges Geständnis abzulegen, damit Lila von jeder Schuld in Bezug auf Adais Tod reingewaschen wird, ist es an mir, dich zu entsorgen.«
Aus dem Netz klang jämmerliches Schluchzen.
»Freu dich, das passiert vielleicht gar nicht. Ich bin unheilbar neugierig. Apropos: Was für ein Gift war auf dem Pfeil, den du verschossen hast? Ich habe vor deiner Hütte nur ein paar Totempfähle gesehen, die wie die eines Medizinmannes wirkten und auf ein massives pharmakologisches Interesse hinweisen. In dem Fall könntest du einige sehr lukrative Handelsbeziehungen hierher aufbauen, wenn du dir die Zeit nimmst, dieses Interesse weiter zu pflegen.«
Zwischen zwei Schluchzern erklangen die Worte: »Du bist ein Unding.«
»Ach, du bist doch nicht etwa eine Gläubige?« Zal musste sich zusammennehmen, um nicht aufzustöhnen, und fing an, Sonnenstrahlen mit der Messerklinge einzufangen und über die Felsen gleiten zu lassen, wodurch kleine goldene Leuchtpunkte über das Netz huschten.
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