Lila Black 02 - Unter Strom
Augen-Make-up, um jeden Grufti stolz zu machen. Sie fühlte die ungewohnte Klebrigkeit und widerstand erneut dem Drang, ihre Augenlider zu reiben.
»Ach, sag nichts«, maulte sie und sah einem Schimmer grasgrünen Andaluns dabei zu, wie er ein Stück Stoff geringschätzig bewegte. »Du würdest dich darin nicht einmal tot sehen lassen wollen.«
Und das lose Mundwerk passt dazu. Hat dir noch nie jemand die absolute Stillosigkeit von vollständig aufeinander abgestimmten Accessoires erklärt?
Lila spürte, dass er sich amüsierte. »Du kannst es später tragen«, versprach sie.
»Oh … danke«, antwortete eine Stimme, so trocken wie totes Laub, hinter ihr.
Bevor sie reagieren konnte, zischte etwas an ihrem Gesicht vorbei und wand sich um ihren Hals. Es war, dachte sie, ungewöhnlich geschmeidig und rot für eine Garrotte.
Die Zeit verlangsamte sich, wie sie es so oft tat, wenn nur das Handeln wichtig wurde, und wurde dabei gehorsam von Lilas Prozessor unterstützt, der ihre Gedanken und Bewegungen auf übermenschliche Geschwindigkeit brachte. Bevor die dünne Schnur eine Chance hatte, sich in ihr Fleisch zu graben, bekam sie die Finger der rechten Hand darunter und fühlte, dass es kein normales Seil war, sondern drahtiges, merkwürdiges Fleisch. Es wurde jedoch mit großer Kraft eingesetzt, und so wurden ihre Knöchel bald in ihre eigene Kehle gedrückt. Hätte sie fleischliche Finger gehabt, wären sie mit Sicherheit durchtrennt worden. Doch sie waren nicht aus Fleisch, und so gaben sie dem grausamen schneidenden Zug ihres Möchtegernmörders nicht nach. Ihre zarte Haut wurde hart wie Metall, versteifte sich um die Berührungsfläche und umfasste die Garrotte fest. Dann, mit einer Art freudiger Wildheit, zog Lila an dem Seil.
Eine scharfe Kälte durchdrang ihre linke Schulter.
Im selben Moment fühlte sie, wie Tath sich so weit zurückzog, dass er nicht mehr als ein grüner Schimmer in ihrer Brust wurde. Er flüsterte, sanft wie mit dem letzten Atemzug: In der linken Wunde strebt Gift dem Tode zu. Das ist kein Spiel oder Test. Du darfst keine Gnade zeigen.
Sie fand, dass er ängstlich klang.
Das Seil gab plötzlich nach, und ihre Hand krachte nach unten, durch den Tisch vor ihr, zerschmetterte ihn und verteilte ihre Notizen und Bücher auf dem Boden. In der Sekunde, die sie brauchte, um aufzustehen und sich umzudrehen, wurde sie noch dreimal in den linken oberen Rücken gestochen. Von den Wunden breitete sich ein starkes Taubheitsgefühl aus, nicht wirklich Kälte, aber grau und dicht wie Nebel.
Ihr rechter Oberschenkel öffnete sich mit der Präzision eines Uhrwerks, und sie nahm die geladene Pistole heraus, die in dem Hohlraum verwahrt wurde, wo sonst der Knochen wäre. Die ersten Schüsse hatten die Waffe verlassen, bevor sich das Bild des Angreifers zu mehr als einem lila-blauen Schatten geklärt hatte. Die Munition bestand aus einfachen Silberkugeln – eine Wahl, die sie nach Zals Hinweis getroffen hatte, dass diese bei Dämonen oft nicht tödlich waren. Da Duelle so verbreitet waren und heimliche Fallen so oft gelegt wurden, hatte sie niemanden versehentlich töten wollen, der sie nur ein bisschen fröhlich verstümmeln wollte. Ein Gegenangriff mit voller Kraft war immer nur die zweite Wahl. Darum sollten die Schüsse ihr nur Zeit erkaufen.
Sie ließ die Waffe bereits fallen, als der Dämon auf die Beine sprang. Er war groß und wirkte eher wie ein Hund auf den Hinterbeinen als ein Mensch. Von dem Dolch in seiner rechten Pfote tropfte rotes Blut. Der Nebel breitete sich langsamer in ihrem Körper aus, während ihr Sicherheitssystem Notfall-Gegenmittel abgab. Sie blieb auf den Beinen und erhaschte einen klaren Blick auf ihren Gegner.
Er zog die Lefzen hoch und fletschte Zähne, die von walrossartigen Schnurrhaaren verdeckt wurden. Gelbe Augen blitzten sie aus schmalen Schlitzen zu beiden Seiten des langen Kopfes an, wo orangefarbene Stachel ihr wütend entgegenklapperten. Der zerquetschte Schwanz des Dämons zuckte hin und her, blaue Blutstropfen verspritzend, die qualmten und zischten.
»Womit habe ich DAS denn verdient?«, wollte Lila wissen. Während sie sprach, glitt sie hin und her, auf den Fußballen balancierend, und ließ sich von der KI helfen, eine Möglichkeit für einen Schlag zu erahnen. Sie wollte schon mit blanken Fäusten vorstoßen, aber da ihr Angreifer hin- und herpendelte, die Arme und Hände – die sie peinlicherweise doppelt sah – in einem hypnotischen Rhythmus bewegend,
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