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Lila Black 02 - Unter Strom

Lila Black 02 - Unter Strom

Titel: Lila Black 02 - Unter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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rutschte nur näher heran und streckte die feuchtkalte Hand aus.
    Ein Schmerz schoss durch ihr Ohr, und sie fühlte Thingamajig plötzlich ausrasten, die Stimme schrill vor urtümlicher, besitzergreifender Leidenschaft. »Finger weg von meiner …«
    Der grüne Kobold explodierte. Er verteilte sich über die Bank, den Boden und die hübschen Blumen. Lila schaute auf die Pistole, die sich über ihrer rechten Hand zusammengesetzt hatte, und entspannte langsam die Finger. Die Waffe zerlegte sich wieder und verschwand in ihrem Behälter im Unterarm. Ihre Haut schloss sich über der Metall-und-Karbon-Oberfläche. Sie sah aus wie Spachtelmasse. Lila verzog den Mund und bewegte die Finger.
    Sie hatte den Eindruck, als herrsche auf ihrer Schulter erschrockene Stille, dort, wo ein leichtes Gewicht sanft hin- und herschwang. »Ich will allein sein«, sagte sie.
    »Ja«, sagte der Kobold. »Ich weiß. Ich wollte dir gerade eine Packung feuchte Tücher holen. Bin gleich wieder da. Die Geschäfte haben ja lange auf …« Er hopste herunter, lief eilig über das Balkongeländer und verschwand in der dunkler werdenden Abenddämmerung.
    »Nicht der Mühe wert«, sagte Lila zu dem leeren Platz, an dem er gestanden hatte. Sie rutschte zur Seite, weg vom gröbsten Schmutz, und schaute wieder auf ihre Hände. Sie ließ Pistolen erscheinen. Sie ließ Granatwerfer erscheinen. Sie ließ aus ihren Fäusten erst Stacheln und dann Klingen wachsen. Sie ließ Hände erscheinen, die beinahe, aber nicht ganz echt aussahen.
    Lila.
    »Ich weiß«, sagte sie. »Verrate mir eins, Tath …«
    Der Elf wartete. Sie konnte seine volle Aufmerksamkeit spüren, zum ersten Mal, eine vorsichtige, behutsame Aufmerksamkeit. Sie hielt das für ein sehr schlechtes Zeichen.
    »Hasst du mich wirklich?«
    Es gab eine Pause. Nein.
    »Oh«, sagte Lila, wie sie glaubte, leichthin, nachdenklich. Ein Stück Kobold rutschte über ihr Gesicht. Sie wischte es gedankenverloren ab und warf es auf den Boden. »Dann muss es an mir liegen.«
    Lila …
    »Nicht jetzt«, sagte sie. »So ist es brav.«
    Aber der Elf breitete sich aus. Sie spürte, wie sich sein Geisterkörper entfaltete und mit der Langsamkeit einer Flüssigkeit ihren Brustkorb, ihren Bauch und ihre Glieder erfüllte. Er ließ ihren Kopf in Frieden, aber er konnte sie immer noch hören. Dank der Metallelementare, die in ihre einst unmagischen Prothesen gebrannt wurden, konnte er sie sogar durchdringen, ohne von den antiätherischen Eigenschaften des elektromagnetischen Feldes abgewiesen zu werden. Es war lange her, dass er etwas anderes getan hatte, als sich zusammengekauert in ihrem Innern zu verstecken. Das letzte Mal, als er hervorgekommen war, hatte er die Seele von Teazles Bruder gefressen.
    Bei der Erinnerung zog sich in ihr alles zusammen, aber das war es nicht allein. Er war mehr, als sie jemals erkannt hatte. Seine Präsenz war gleichmäßig und lebendig, als sie sich von ihrem eigenen Körper zurückzog und zu tun versuchte, was er tat, sich irgendwo tief in sich selbst zurückzuziehen und abzuschirmen, an einem Ort, der noch nie von Magie oder Technik berührt worden war. Tath entfaltete sich. Sie mochten den gleichen Raum bewohnen und die Gedanken und Sinne des anderen teilen, aber sie glichen sich nicht im Geringsten.
    Für Lila fühlte er sich alt an, voller Geheimnisse, und zugleich jung und voll ungenutzten Potenzials. Er erinnerte sie auf schmerzliche Weise an Zal, und dass sie seine Pläne, Vergangenheit und Fähigkeiten nicht kannte, nagte an ihr. Sie konnte nirgendwohin gehen und nichts tun, ohne dass er es mitbekam.
    Diese Leute sind Wilde,  sagte Tath und lag ruhig wie ein stiller grüner Fluss in ihren Adern. Du musst verstehen, dass ihre Kultur der deinen in nichts gleicht. Sie ehren das Leben so sehr, aber sie werfen es in einem Augenblick weg. Es liegt an ihrem Stolz.
    Sein Tonfall drückte unzweifelhaft aus, dass er diese Einstellung verabscheute, aber zugleich eine widerwillige Bewunderung dafür hegte.
    Für sie ist die tote Frau niemand, den man verloren hat und in Ehren halten muss, sie ist ein Tauschgut in einem ewigen Spiel. Sie werden dich nicht nach menschlichen Maßstäben beurteilen, und du solltest es darum auch nicht tun.
    »Wovon sprichst du?«, fauchte Lila.
    Lila, weißt du, was diese Hölle ist, von der sie reden?  Er klang nun weniger tadelnd.
    »Selbstzweifel oder so«, sagte sie. »Ich war nie gut darin, dieses Geisterzeug zu deuten. Ich lasse gern …«, sie malte

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