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Lila Black 02 - Unter Strom

Lila Black 02 - Unter Strom

Titel: Lila Black 02 - Unter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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mit der Fingerspitze eine Linie in die Luft, von ihrem Kopf zu einem entfernten Punkt, »… die Psychologin alles herausziehen und gucke dann, was sie sagt.«
    Sie spürte Taths Unruhe wachsen, aber sie blieb ruhig.
    Ich weiß, was sie ist,  sagte er. Und ich weiß eine nützliche Sache darüber. Wenn du erst einmal durch die Hölle gehst, dann geh immer weiter. Lila, du bist dabei, stehen zu bleiben. Aber du trägst mich in dir, und ich bin ebenfalls in der Hölle, und ich werde nicht stehen bleiben.
    »Rede Klartext oder sei still«, sagte sie. »Ich habe davon die Nase voll.« Sie fühlte sich jämmerlich. Sie sollte hineingehen, etwas tun, einen Bericht schreiben, eine Abhandlung … sie blieb auf der Steinbank sitzen.
    Du musst aufhören, dir etwas vorzumachen,  sagte Tath.
    »Pah!«, spie Lila aus, stand auf, bevor sie wusste, was sie da tat, den Kopf gesenkt, in Kampfhaltung. »Ausgerechnet du wagst das zu mir zu sagen? Wir haben vereinbart, dass wir uns nicht in die Quere kommen. Du behältst deine schäbigen kleinen Geheimnisse für dich, und ich lasse dich leben. Oder hast du diese Abmachung vergessen?«
    Du kannst nicht auf jede Herausforderung mit dem Tod antworten, Lila,  sagte der Elf, zum ersten Mal in einem Tonfall, von dem sie geschworen hätte, dass die Sorge darin nicht nur ihm selbst galt. Wirst du jeden erschießen, der dir sagt, dass dir keine Zeit mehr bleibt? Und ich spreche nicht von deiner Arbeit als Spion oder deinen persönlichen Anliegen, Zals Vergangenheit zu erkunden und dergleichen mehr.
    »Ich verspeise keine Seelen anderer Leute«, gab sie zurück. Sie wusste nicht mal, ob das einen Sinn ergab, aber sie hasste es, von jemandem zur Ordnung gerufen zu werden, der schlimmer war als sie selbst. »Und du bist nicht mein Gewissen, also halt’s Maul, oder …«
    Oder was?  Ein Tentakel aus grünem Andalun wand sich langsam aus der Seite ihres rechten Arms hervor und nahm ein Stück Koboldfleisch auf, das blutend neben ihr auf der Bank lag.
    Fleisch ohne Seele ist ein so seltsames Ding,  sagte Tath. Es hat alles, was es zum Leben braucht, bis auf das Leben. Und der Äther zerfällt sofort … Die Nächtlichen hätten ihn bereits in sich aufgenommen. Für sie wäre es ein Verbrechen, zu verschwenden, was nicht länger gebraucht wird. Sie verspeisen ihre Toten, weißt du? Und die Toten bieten sich selbst dafür an, und einige ihrer Erinnerungen werden mit der Substanz ihres Seins weitergegeben.
    Nekromanten benutzen ähnliche Techniken, aber wir verspeisen nicht den ätherischen Körper. Wir ernten seine einmalige Struktur – die Seele. Sie ist das Reittier, auf dem wir in den Tod reiten. Zeitmarken. Konstellationen. Kompasse. Wir können dort nicht ohne eine Seele hingelangen. Nur die Toten können hinübergehen. Oder diejenigen, die in eine Seele auf dem Weg in den Tod gehüllt sind. Aber man muss den richtigen Moment abwarten. Dar, zum Beispiel. Ich hätte mit ihm gehen können, aber ich tat es nicht.
    Er hatte niemanden, dem er sich anbieten konnte, als wir sein Leben nahmen. Seine ganze Ahnenreihe und ihre wichtigen Momente sind mit ihm zusammen vergangen. Fünfzehntausend Jahre der Tapferkeit und des Widerstands gegen Chaos und Vernichtung … mit dem Stich unserer Klinge dahin, als wäre es nichts. Aber du warst ein Mensch. Ich war ein Lichter. Und alle anderen dort waren Mistkerle, denen er seine Seele nicht einhauchen wollte. Wen hatte er?
    Ich wollte ihn nicht zu meinem Reittier machen und ihn aufbewahren, wie ich den Dämon aufbewahrte und es immer noch tue, für die Zeit, wenn ich die Energie für einen Ritt in das verborgene Land brauche. Aber ich habe diesen Dämon, das ist ein Ass im Ärmel.  Seine Stimme wurde sanft, doch sie konnte seine Bösartigkeit so stark wie immer spüren. Ich war einmal ein Junge, der von anderen Dingen träumte.
    Bei seinen letzten Worten wurde Lilas Geist plötzlich überschwemmt mit sanften Bildern von unglaublich hohen Bäumen, deren Blätter im Sonnenlicht in Millionen Grüntönen schimmerten. Sie lief über die von Lichtflecken übersäte Lichtung darunter, sah ihre Hände die goldenen Münzen des Lichts auf seinem Weg durch das im Wind sacht wehende Laub auffangen. Neben ihr lief ein Tier. Ihre Seelen waren in Freundschaft verbunden, und sie verloren sich im Augenblick. Nicht weit entfernt waren andere, weiter oben zwischen den Ästen, und ihre Tierbegleiter waren bei ihnen; alle Arten von Tieren waren da, und sie erkannte alle deutlich.

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