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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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und mit seinen rauen Fingern über ihre Kehle strich, keuchte sie. Tränen traten ihr in die Augen. »Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du endgültig hinter Gitter kommen. Das schwöre ich dir. Und jetzt lass mich los und verschwinde. Dann werde ich vergessen, dass ich dich jemals gesehen habe.«
    »Du wagst es, mir zu drohen?«
    »Das ist keine Drohung. Es ist eine Tatsache.« Sie spürte, wie seine Wut und sein Hass sie überwältigten. Sie würde nicht mehr lange standhalten können. »Lass mich los.« Sie blickte ihm in die Augen, während sie unter der Theke nach der Schere griff. »Lass mich los, bevor jemand vorbeikommt und dich sieht.«
    Widerstreitende Gefühle spiegelten sich auf seinem Gesicht. Torys Finger schlössen sich um das kühle Metall, aber bevor sie die Schere herausziehen konnte, schob er sie zur Seite, sodass sie gegen die Registrierkasse stieß.
    »Ich brauche Geld. Gib mir alles, was du hier hast. Du schuldest es mir für jeden Atemzug.«
    »Ich habe nicht viel. Du wirst nicht weit damit kommen.« Sie öffnete die Kasse und holte das Geld mit beiden Händen heraus. Sie würde ihm alles geben, wenn er nur endlich verschwand.
    »Diese verlogene Hure in Hartsville wird in der Hölle brennen.« Er stopfte sich das Geld in die Tasche. »Und du auch.«
    »Und du wirst bereits dasein.« Sie wusste nicht, warum sie das sagte. Sie konnte nicht in die Zukunft sehen, sie war keine Wahrsagerin. Das war zumindest ein Segen. Aber als habe sie eine Vision, blickte sie ihn unverwandt an und sagte: »Du wirst dieses Jahr nicht überleben. Du wirst unter Schmerzen und Angst in einem Feuer sterben. Und während du stirbst, wirst du um Gnade schreien. Um die Gnade, die du mir nie gewährt hast.«
    Er wurde blass und wich vor ihr zurück. Dann hob er einen Arm und wies auf sie. »Ihr sollt nicht dulden, dass eine Hexe lebt! Denk daran. Du kannst allen sagen, dass ich heute hier war. Ich komme zurück! Und dann tue ich, was schon in der Minute deiner Geburt hätte getan werden müssen. Du bist mit einer Haube über dem Gesicht zur Welt gekommen. Ein Teufelszeichen. Du bist bereits verdammt.«
    Er schob sich aus der Tür und lief mit gesenktem Kopf davon. Bereits verdammt? Blicklos starrte Tory auf die Schere, die immer noch unter der Theke lag. Fast schon hatte sie sie in der Hand gehabt, beinah ...
    Dann wäre einer von ihnen jetzt in der Hölle. Und es war ihr egal, wer von ihnen beiden. Zumindest wäre dann alles vorbei.
    Sie zog die Knie an, legte ihren Kopf darauf und rollte sich zusammen, wie sie es als Kind so oft getan hatte.
    So fand Faith sie, als sie mit ihrem zappelnden Welpen unter dem Arm in den Laden trat.
    »Du lieber Himmel, Tory!« Mit einem Blick erfasste sie die offene Kasse, die herumliegenden Waren und die Frau, die zitternd auf dem Boden saß. »Du meine Güte, bist du verletzt?«
    Sie setzte den Welpen ab und eilte zu Tory. »Lass mich mal sehen.«
    »Ich bin in Ordnung. Es ist nichts.«
    »Es ist schon etwas, am helllichten Tag in dieser Stadt ausgeraubt zu werden. Du zitterst ja am ganzen Leib. Hatten sie eine Pistole oder ein Messer?«
    »Nein. Nein, es ist schon okay.«
    »Ich sehe kein Blut. Aber hier am Hals hast du blaue Flecken. Ich rufe die Polizei. Brauchst du einen Arzt?«
    »Nein! Keine Polizei, keinen Arzt.«
    »Keine Polizei? Ich sehe einen großen Kerl hier herausschleichen, komme herein, die Registrierkasse ist offen und leer, du liegst hinter der Theke - und jetzt willst du keine Polizei? Was macht man denn in der Großstadt, wenn man überfallen wird? Sandkuchen backen?«
    »Ich bin nicht überfallen worden.« Erschöpft lehnte Tory sich an die Wand. »Ich habe ihm das Geld gegeben. Es waren unter hundert Dollar. Das Geld spielt keine Rolle.«
    »Dann kannst du mir ja auch gleich welches schenken.
    Wenn du deinen Laden so führen willst, wirst du nicht sehr weit kommen.«
    »Ich bin hier und hier werde ich auch bleiben. Ich werde nicht wieder davonlaufen. Nichts und niemand bringt mich dazu. Nicht noch einmal.«
    Faith hatte nicht viel Erfahrung mit Hysterie, außer wenn es sich um ihre eigenen Anfälle handelte, aber sie vermeinte den ersten Anflug in Torys Stimme zu erkennen. Und ihre Augen sahen auf einmal so wild aus.
    »Genau. Warum stehen wir nicht einfach auf und gehen ein Weilchen nach hinten?«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass ich in Ordnung bin.«
    »Dann bist du entweder blöd oder eine Lügnerin. Na egal, lass uns gehen.«
    Tory versuchte, Faith wegzustoßen

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