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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Verwandter es schafften, sie zu identifizieren?«
    »Ja.« Carl D. rieb sich wieder über den Mund. »Ja, ich denke schon. Haben Sie die Mutter der Toten schon informiert?«
    »Nein. Das wollte ich machen, wenn ich wieder im Büro bin.«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das mir überließen, Sheriff Bridger. Ich will mich nicht in Ihre Angelegenheiten mischen, aber sie kennt mich.«
    »Den Job überlasse ich Ihnen gern. Darauf bin ich nicht besonders scharf.«
    »Gut. Dann fahre ich mit J.R. zu seiner Mutter. Das macht es für sie beide einfacher.«
    »Okay. Bodeen ist jetzt ein Polizistenmörder, Chief Russ. Vielleicht tröstet es Ihren Freund, wenn Sie ihm sagen, dass dieser Bastard gar nicht so schnell laufen kann, wie wir ihn schnappen werden.«
    »Halten Sie mich bitte auf dem Laufenden, Sheriff. Ich tue das Gleiche. Morgen oder übermorgen kommt das FBI. Es könnte sein, dass sie Sie anrufen.«
    »Gern. Aber das hier ist mein Bezirk, und es war mein Mann, der heute früh in einem Leichensack weggetragen worden ist.« Bridger spuckte auf den Boden. »Bodeen sollte zu seinem Allmächtigen Gott beten, dass ihn das FBI vor mir zu fassen kriegt.«
     
    Meilen entfernt biss Hannibal Bodeen in ein Schweinekotelett. Er hatte es - zusammen mit Brot, Käse und einer Flasche Jim Beam - aus einem Haus gestohlen, in das er eingebrochen war. Es war ziemlich leicht gewesen, da die Familie in der Kirche war. Bodeen hatte beobachtet, wie sie in ihren schicken Sonntagskleidern aus dem Haus getreten und alle in einen glänzenden Minivan gestiegen waren. Heuchler. Gingen zur Kirche, um ihren materiellen Besitz vorzuzeigen. Ins Haus des Herrn, um sich zu brüsten.
    Gott würde sie bestrafen, wie er alle Stolzen und Selbstgerechten bestrafte. Und Gott sorgt für mich, dachte er, während er den Kotelettknochen sauber abnagte.
    Er hatte viel zu essen gefunden in dem großen Haus. Fleisch, das vom gestrigen Abendessen übrig geblieben war. Genug, um ihm wieder Kraft zu geben. Und auch zu trinken, um sein Bedürfnis zu stillen. Dies hier war seine Versuchung, sein Wandern in der Wildnis.
    Er warf den Knochen weg und nahm einen tiefen Zug aus der Flasche.
    Eine Zeit lang war er verzweifelt gewesen. Warum wurde er bestraft, ein aufrechter Mann? Dann wurde ihm auf einmal alles klar. Er sollte geprüft werden. Gott hatte ihm immer wieder Versuchungen geschickt. Manchmal war er schwach gewesen und ihnen erlegen. Doch nun bekam er diese Chance.
    Achtzehn Jahre lang hatte Satan in seinem Haus, unter seinem Dach gelebt. Er hatte sein Bestes gegeben, um den Teufel zu vertreiben, aber er hatte versagt. Noch einmal würde er nicht versagen.
    Er hob die Flasche und stärkte sich mit einem weiteren Schluck Whiskey. Bald, sehr bald schon würde er den Auftrag erfüllen, den er erhalten hatte. Doch zuerst würde er sich ausruhen und beten. Und dann würde ihm der Weg gezeigt.
    Er schloss die Augen und rollte sich zum Schlafen zusammen. Der Herr wird dafür sorgen, dachte er, und legte die Hand über die Pistole neben sich.

27
     
    Tory sah zu, wie Chief Russ' Auto langsam ihre Auffahrt hinunterfuhr und auf die Straße nach Progress einbog. Sie saß immer noch in dem alten Schaukelstuhl auf der Veranda, auf den sie sich gesetzt hatte, als ihr Onkel ihr erzählte, was mit ihrer Mutter passiert war.
    Es beunruhigte Cade, dass sie sich nicht bewegte. Und dass sie schwieg.
    »Tory, komm herein und leg dich eine Weile hin.«
    »Ich möchte mich nicht hinlegen. Es geht mir gut. Ich wünschte, es ginge mir nicht so gut. Ich wünschte, ich würde mehr empfinden. Aber in mir ist nur Leere und keine Trauer. Was ist mit mir, dass ich nicht um meine Mutter trauern kann?«
    »Zwing dich nicht.«
    »Ich habe mehr Trauer und Mitgefühl für Sherry Bellows empfunden, eine Frau, die ich nur einmal gesehen habe. Ich habe wegen einer Fremden mehr Schock und Entsetzen verspürt als bei meiner eigenen Mutter. In den Augen meines Onkels habe ich Schmerz und Trauer gesehen. Aber ich fühle nichts. Ich habe keine Tränen für sie.«
    »Vielleicht hast du ja auch schon zu viele vergossen.«
    »Irgendetwas fehlt bei mir.«
    »Nein.« Cade kniete sich vor sie. »Sie war nicht mehr Teil deines Lebens. Es ist einfacher, einen Fremden zu betrauern als jemanden, der ein Teil von dir hätte sein sollen, es aber nie war.«
    »Meine Mutter ist tot. Sie glauben, mein Vater habe sie umgebracht. Und die wichtigste Frage, die ich mir in diesem Moment stelle, ist: Warum möchtest du

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