Lilien im Sommerwind
schlimm?«
Ihre Stimme wollte ihr nicht gehorchen. Cade war amüsiert, das sah sie ganz deutlich in seinen Augen, hörte es an seiner Stimme. »Du findest das also lustig?«
»Ich halte es eher für eine gute Anekdote.«
»Eine Anekdote, ach was! Lissy wird die Geschichte im ganzen Landkreis verbreiten, wenn sie es nicht bereits getan hat.«
Die Krähen kamen wieder zurück und kreisten über ihnen. »Na, was für eine Tragödie! Vielleicht sollten wir eine Gegendarstellung in die Zeitung setzen.«
Tory gab ein grollendes Geräusch von sich. Als sie sich zum Gehen wandte, packte Cade sie am Arm und hielt sie fest. »Jetzt beruhige dich doch wieder, Victoria.«
»Sag mir nicht, dass ich mich beruhigen soll! Ich versuche, ein Geschäft aufzubauen, mir ein Zuhause zu schaffen, und ich möchte nicht zum Gegenstand von Nachbarschaftsklatsch werden.«
»Aber das ist doch der Treibstoff, der Kleinstädte am Leben erhält. Wenn du das vergessen hast, hast du zu lange in der Großstadt gelebt. Und wenn die Leute reden, kommen sie in deinen Laden, um dich aus der Nähe zu betrachten. Was macht das schon?«
Aus seinem Mund klang es freundlich und vernünftig. »Ich hasse es, angegafft zu werden! Das ist mir oft genug passiert.«
»Du wusstest, dass du damit rechnen musstest, als du wieder hierher kamst. Und wenn die Leute eine Frau angaffen wollen, die Cade Lavelles Aufmerksamkeit errungen hat, dann brauchen sie dich nur anzusehen, um den Grund zu erkennen.«
»Du drehst mir das Wort im Mund herum.« Irgendwie kam es Tory so vor, als befände sie sich auf schwankendem Boden. »Faith war im Laden, als Lissy es erzählt hat.« Mit einiger Befriedigung sah sie, dass Cade zusammenzuckte. »Na, das findest du auch nicht so witzig, oder?«
»Wenn Faith darüber dumme Bemerkungen macht - und ich denke, sie kann der Gelegenheit nicht widerstehen - dann ist es Zeit, dass ich endlich etwas davon habe.« Cade packte Torys Arm fester und warf seine Sonnenbrille zu Boden. Dann trat er einen Schritt näher.
Alarmglocken schrillten in Torys Kopf, und sie schlug gegen seine Brust. »Was hast du vor?«
»Du brauchst nicht gleich aus der Haut zu fahren.« Mit der freien Hand umfasste Cade ihren Nacken. »Ich will dich nur küssen.«
»Nicht.« Aber seine Lippen näherten sich ihren bereits.
»Es tut nicht weh. Ich verspreche es.«
Er hielt Wort. Es tat nicht weh. Es beruhigte und erregte, es erfüllte und weckte die Bedürfnisse, die sie so angestrengt unterdrückt hatte. Aber es tat nicht weh.
Sein Mund war weich, sanft und verführerisch. So wie er. Wärme breitete sich in Torys Bauch aus. Als sie ihr Herz erreichte, löste er sich von ihr.
»Ich hatte so ein Gefühl«, murmelte er und hörte nicht auf, ihren Nacken zu streicheln. »Das hatte ich schon, als ich dich das erste Mal wieder sah.«
In Torys Kopf drehte sich alles, und sie war nicht besonders froh darüber. »Das ist ein Irrtum. Ich ...« Sie wich zurück und spürte, wie etwas unter ihrem Schuh krachte.
»Verdammt, schon die zweite in dieser Woche!« Kopfschüttelnd betrachtete Cade die zerbrochene Sonnenbrille. »Das Leben ist voller Irrtümer«, fuhr er fort und küsste Tory rasch noch einmal. »Das hier fühlt sich zwar nicht so an, aber wir werden es weiter ausprobieren müssen, um es herauszufinden.«
»Cade, ich kann so etwas nicht gut.«
»Was denn? Küssen?«
»Nein.« Zu ihrer eigenen Überraschung musste sie lachen. Wie konnte er sie zum Lachen bringen, wenn sie solche Angst hatte? »Diese Beziehungsdinge.«
»Dann musst du eben üben.«
»Ich will aber nicht üben.« Sie seufzte auf, als er ihr einen Kuss auf die Stirn drückte. »Cade, es gibt so vieles, was du von mir nicht weißt.«
»Das gilt für uns beide. Dann lass es uns doch herausfinden. Es ist ein schöner Abend.« Er griff nach ihrer Hand. »Warum fahren wir nicht ein bisschen spazieren?«
»So können wir mit dem Thema nicht umgehen.«
»Wir können unterwegs anhalten und etwas essen, wenn uns danach ist.« Er bückte sich, um seine zerbrochene Sonnenbrille aufzuheben. Dann führte er Tory Richtung Straße. »Ein Schritt nach dem anderen, Tory«, sagte er ruhig. »Ich bin ein geduldiger Mann. Wenn du dich hier aufmerksam umsiehst, dann erkennst du, wie geduldig ich bin. Es hat drei Jahre gedauert, bis ich die Farm soweit hatte, wie ich wollte. Und ich habe daran geglaubt, obwohl ich mich gegen jahrhundertealte Traditionen durchsetzen musste. Es gibt Leute, die immer noch daran
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