Lilien im Sommerwind
herzlich hinzu, als Tory die Tür öffnete.
»Onkel Jimmy! Cade!« Torys Herz tat einen Satz, als sie beide auf der Veranda stehen sah. »Kommt doch herein!«
»Ich habe Cade zufällig draußen getroffen, weil wir offensichtlich beide den gleichen Gedanken hatten. Ich habe ihm gerade mein neues Auto gezeigt.«
Tory blickte hinaus. »Das ist ja ein tolles ...« Eigentlich wollte sie Spielzeug sagen, fürchtete dann aber, dass sie damit wahrscheinlich seine Gefühle verletzen würde. »Ein toller Wagen.«
»Schnurrt wie eine große Katze. Wenn schönes Wetter ist, nehme ich dich mal mit.«
»Gern.« Kurz darauf hatte Tory zwei große, nasse Männer im Wohnzimmer, nur einen Sessel und bohrende Kopfschmerzen. »Kommt doch mit in die Küche! Dort können wir uns hinsetzen, und ich habe gerade einen heißen Tee gemacht, um die Feuchtigkeit zu vertreiben.«
»Klingt gut, aber ich möchte dir nicht die Nässe durchs Haus tragen.«
»Mach dir darüber keine Gedanken.« Tory ging voraus und hoffte, das Aspirin, das sie gerade genommen hatte, würde auch wirken, ohne dass sie sich hinlegte, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte. Im Haus roch es nach Regen, nach dem reifen Duft des Sumpflandes. Zu jeder anderen Zeit hätte sie das genossen, aber im Moment gab es ihr nur das Gefühl, eingesperrt zu sein.
»Ich habe auch ein paar Kekse. Sie sind zwar nur gekauft, aber besser, als ich sie backen könnte.«
»Mach dir keine Mühe, Liebes. Ich muss gleich nach Hause.« Aber da sie die Kekse bereits auf einen Teller legte, griff J. R. nach einem. »Boots kauft in der letzten Zeit nichts Süßes mehr, weil sie abnehmen will. Und das gilt dann auch immer für mich.«
»Tante Boots sieht wundervoll aus.« Tory holte Tassen aus dem Schrank. »Und du auch.«
»Das sage ich ihr ja auch immer, aber jeden Morgen steht sie auf der Waage und regt sich auf. Als ob es das Ende der Welt bedeutet, wenn man hier und da ein Pfund zunimmt! Doch bis sie wieder zufrieden ist, bin ich notgedrungen auf Kaninchenfutter gesetzt.« Er nahm sich noch einen Keks. »Ich wundere mich, dass mir noch keine langen Ohren wachsen.«
Er schwieg, während Tory den Tee einschenkte. »Ich habe gehört, du machst schon bald deinen Laden auf. Leider hatte ich noch keine Zeit, ihn mir anzusehen.«
»Ich hoffe, du schaffst es am Samstag.«
»Das würde ich um nichts in der Welt verpassen wollen.« J. R. trank einen Schluck von dem Tee und rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Tory, ich hasse es, dir etwas erzählen zu müssen, was dich aufregt, aber ich denke, du solltest es wissen.«
»Warum legst du nicht einfach los?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich das kann. Deine Mutter hat mich vor kurzem angerufen. Boots und ich hatten gerade zu Abend gegessen. Es geht ihr nicht gut, wie du dir denken kannst, denn sonst hätte sie sich wahrscheinlich nicht gemeldet. Wir telefonieren eigentlich nicht regelmäßig miteinander.«
»Ist sie krank?«
»Nein, nicht so, wie du meinst.« Er stieß die Luft aus. »Es hat etwas mit deinem Vater zu tun. Offenbar ist er vor einiger Zeit in Schwierigkeiten geraten. Verdammt!« J.R. schob die Tasse auf dem Unterteller hin und her, dann blickte er wieder Tory an. »Er hat wohl eine Frau angegriffen.«
Im Geiste hörte Tory das zischende Geräusch des dicken Ledergürtels. Ihre Hände begannen zu zittern, aber sie bemühte sich, sie ruhig zu halten. »Angegriffen?«
»Deine Mutter hat gesagt, es sei alles ein Irrtum, und ich musste ihr jede Einzelheit aus der Nase ziehen. Schließlich hat sie mir erzählt, dass irgendeine Frau behauptet hat, dein Vater habe sie angegriffen. Er habe versucht, sie zu, ähm ... belästigen.«
»Er hat versucht, eine Frau zu vergewaltigen?«
Unglücklich rutschte J. R. in seinem Stuhl hin und her. »Nun, Sari hat sich nicht ganz klar ausgedrückt. Auf jeden Fall ist Han ins Gefängnis gekommen. Er hat wieder angefangen zu trinken. Sarabeth wollte mir gar nichts davon erzählen, aber ich habe es aus ihr herausgequetscht. Er hat Bewährung bekommen, mit der Auflage, einen Entzug zu machen und so. Wahrscheinlich hat er es nicht besonders gut aufgenommen, aber er hatte keine andere Wahl.«
J. R. trank noch einen Schluck Tee, weil sein Hals ganz trocken war. »Und dann ist er vor ein paar Wochen verschwunden.«
»Verschwunden?«
»Er ist nicht mehr nach Hause gekommen. Sarabeth sagt, sie habe ihn jetzt seit zwei Wochen nicht mehr gesehen und er habe seine Bewährung verspielt. Wenn sie
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