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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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aufgestellt. Michi ignorierte die beiden Nachzügler und begann, die auswendig gelernten Fakten herunterzuleiern. Der Boden zitterte und keine zwei Minuten später brach der Geysir aus. Während alle nach oben auf die Spitze starrten, schlichen sich Beate und Sabrina von hinten an ihn heran. Sie warteten, bis die Aufmerksamkeit sich voll auf das Naturwunder konzentrierte, dann stellte sich Sabrina direkt hinter Michi.
    »Hallöchen«, säuselte Sabrina. Der Junge drehte sich um und starrte sie finster an. »Lange nicht gesehen, Michi.«
    »Tickets?«, blaffte er.
    Beate schob die Hände in die Jackentaschen. »Brauchen wir
nicht. Wir sind quasi undercover hier. Was war das an Silvester? Hast du Sabrina ins Wasser gestoßen?«
    Michis Gesicht verzog sich zu einem unangenehmen Lächeln. »Ach, stimmt ja«, sagte er gedehnt. »Da wollte jemand schwimmen gehen. Tut mir Leid, aber ich habe nichts damit zu tun.«
    »Ich habe dich aber gesehen. Um nicht zu sagen, ich habe dich fast erwischt.«
    Michi wurde blass. »Das könnt ihr mir nicht anhängen. Macht, dass ihr wegkommt!«
    Einer der Radfahrer ohne Rad drehte sich zu ihnen um. Beate lächelte ihn zuvorkommend an. Sabrina tat so, als ob das sprudelnde Wasser ihre gesamte Anbetung in Anspruch nähme. Der Mann widmete sich wieder der Betrachtung des Naturwunders.
    »Wir gehen nicht eher, als bis du uns die Wahrheit gesagt hast«, zischte Sabrina. Ihr Blick fiel auf das kleine Schildchen an seinem Revers. »Sonst gibt es Ärger, Herr Höppner.«
    »Ihr seid ja völlig plemplem.«
    »Hattest du in der Woche von Amelies Tod Dienst?«
    Michi trat einen Schritt zurück. Sein längliches Gesicht verzog sich zu einer wütenden Grimasse. Aus seiner Gürteltasche holte er ein Walkie-Talkie hervor. »Herr Schraudt? Hier sind zwei Schwarzgucker.«
    Es knackte. Dann schepperte die Stimme des Rangers aus dem Apparat. »Ich komme.«
    »U-huu, jetzt krieg ich aber Angst«, höhnte Beate. »Jetzt holt uns der böse Ranger, weil wir den armen kleinen Michi bedroht haben.«
    Sabrina wurde mulmig, wie immer, wenn Beate frech wurde. Sie wollte nicht schon wieder Ärger und zupfte Beate am Ärmel. »Komm.«
    »Also ich erinnere mich ganz deutlich, wie er dich geschubst hat.«
    »Du lügst!«, rief Michi.

    Der Geysir begann von der Spitze her, in sich zusammenzufallen. Die Besucher machten sich auf den Rückweg.
    Aber Beate rührte sich nicht von der Stelle. »Hattest du Dienst oder nicht?«
    Michis Augen flitzten über den Waldrand. Nirgendwo war Hilfe zu sehen. Er hob das Funkgerät wieder hoch. »Herr Schraudt?«
    »Ja, wo ist er denn, dein Herr und Gebieter? Keiner da, der Michi hilft, wenn zwei große böse Mädchen ihm unangenehme Fragen stellen?«
    Sabrina, die bis eben noch nicht wusste, was sie von Michi zu halten hatte, war nun restlos überzeugt. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Der Junge schwitzte ja geradezu vor Angst und schlechtem Gewissen.
    »Schwimmengehen an Silvester ist eine Sache. Aber meine Freundin Amelie umbringen eine ganz andere. Du hattest damals Dienst. Und der Ranger hat dich beschützt, als er deinen Namen im Dienstplan ausradiert hat und seinen eigenen reinschrieb. Was ist passiert? Was hast du gesehen?«
    Michi stolperte zwei Schritte zurück. Er hob die Arme, als hätten sie ihn gerade mit der Waffe bedroht. »Da war nichts!«, rief er zornig. »Nichts!«
    »Du lügst!«, schrie Sabrina. »Amelie ist ermordet worden! Quasi vor deinen Augen! Und du willst nichts mitbekommen haben?«
    Michis Lippen verzogen sich zu einem hässlichen Grinsen. »Wer so rumläuft, braucht sich nicht zu wundern.«
    Sabrina sah rot. Mit einem Schrei stürzte sie sich auf den Jungen und wollte ihn ohrfeigen. In dem Moment rissen sie zwei starke Arme zurück. Sie schrie und schlug um sich, aber ihr Gegner verfügte über Bärenkräfte. Als sie endlich schwer atmend erkennen konnte, wer sie da im Schwitzkasten hatte, ließ der Ranger sie los.
    »Was soll das?«, brüllte er.
    Sabrina hatte Schraudt noch nie so wütend gesehen. Sein
Kopf war knallrot und er schnaubte wie ein Stier durch weit geblähte Nasenlöcher.
    Sie taumelte zurück, bis sie neben Beate stand, die schützend den Arm um sie legte. »Er hat Amelie beleidigt«, flüsterte Sabrina.
    »Was?«, schrie der Ranger.
    Die Fontäne platschte und gurgelte und strömte.
    »Er hat Amelie beleidigt! Und er hatte Dienst an dem Tag, an dem sie ermordet wurde!«
    Der Wasserstrahl sprudelte noch einmal heftig auf und fiel dann in sich

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