Lilienzucht (German Edition)
stammeln. „Es ist mir unangenehm, ... aber... Es tut mir Leid, ich fürchte, ich habe gestern deine Autorität hier im Haus ein bisschen untergraben. – Ich kann verstehen, wenn du jetzt verärgert bist. – Das Dumme ist nur: ... Ich würde es wieder tun, wenn ich ehrlich bin.“
In Victors Gesicht breitet sich ein warmes Lächeln aus. „Ich bin dir nicht böse.“, beruhigt er sie. „Du hast dich wirklich lieb um mich gekümmert. Vermutlich war ich gestern einfach zu benebelt, um die Situation richtig einzuschätzen; ich hab erst spät gemerkt, wie schachmatt ich war.
Um ehrlich zu sein mag ich es ganz und gar nicht, krank zu sein und selbst bei den einfachsten Sachen auf Hilfe angewiesen zu sein.“
„Ich kann das durchaus nachvollziehen“, meint Josie verlegen, „aber würdest du bitte trotzdem vernünftig sein und im Bett bleiben, bis Dr. Spellman dir erlaubt aufzustehen?“
Victor lacht leise und heiser. „Mir wird ohnehin kaum etwas anderes übrig bleiben, schließlich habe ich so oder so nichts mehr zu tun.“
Josies Wangen verfärben sich rosa und sie senkt schuldbewusst den Blick. „Tut mir Leid, aber ich sah mich gezwungen, deine Termine vorerst zu canceln; ich hatte wirklich Angst, dass du versuchen würdest, sie einzuhalten.“
„Was vermutlich gar nicht mal so falsch gedacht war.“, gibt Victor seufzend zu. „Es waren ziemlich wichtige Vertragsverhandlungen dabei.“
„Ich weiß, Jeffrey war so nett, mich über das Nötigste zu informieren. Ich telefoniere in den nächsten Tagen noch mit einigen deiner Geschäftspartner wegen neuer Termine ... und einige waren auch ein bisschen besorgt um dich und wollen über deine Genesung auf dem Laufenden gehalten werden. – Ich hoffe, ich gehe da nicht zu weit.“ Unsicher schaut sie ihm in die Augen.
Victor schüttelt jedoch lächelnd den Kopf. „Nach Jeffreys Meinung nicht.“
„Oh, da fällt mir ein, gibt es irgendwelche Treffen, die besonders wichtig oder eilig sind?“, fragt Josie. „Ich kann das berücksichtigen bei den Terminänderungen.“
„Das Treffen mit Mr. Bedford war besonders dringend.“, meint Victor ernst. „Aber spätestens in zwei, drei Tagen kann ich wieder an den Laptop und mich selbst mit ihm in Verbindung setzen.“
Josie schüttelt den Kopf und seufzt leise. „Du sollst nicht arbeiten, du sollst dich erholen!“, sagt sie nachdrücklich. „Hast du nicht gerade erst gesagt, du würdest vernünftig sein?“
„Josie, ich kann das sehr gut vom Bett aus tun und es würde höchstens eine Stunde dauern.“, antwortet Victor, aber er klingt nicht halb so bestimmt, wie er eigentlich vorhatte. „Musst du eigentlich heute nicht zur Arbeit?“
„Lenk nicht ab!“, schmollt Josie ein bisschen genervt. „Es ist ohnehin fast Wochenende und ich habe mir ein paar Tage frei genommen; man kann dich ja anscheinend in dem Zustand nicht allein lassen.“
Die nächsten Tage bringt Josie damit zu, das Verschieben der Geschäftstermine zu organisieren, Victors schwierigste Geschäftspartner bei Laune zu halten und ihn gesund zu pflegen ... und ihn vor allem dazu zu bewegen, sich an die Anweisungen seines Arztes zu halten. Als Dr. Spellman ihm endlich wieder erlaubt aufzustehen, fällt nicht nur eine zentnerschwere Last von ihr, sie ist auch so erschöpft, dass sie sich nach dem Abendessen gleich ins Gästezimmer zurückzieht und die ganze Nacht wie ein Stein schläft.
Das ungewöhnlich laute, unangenehme Rascheln und Ratschen der Vorhänge, die Mary gerade aufzieht, weckt Josie am nächsten Morgen mit einem seltsam stechenden Schmerz in den Ohren. Es dauert nur Sekunden, dann ist ihr klar warum, denn als sie versucht die Augen zu öffnen, brennt und sticht das Tageslicht so unangenehm in den Augen, dass sie sofort stöhnend die Decke über den Kopf zieht.
„Nein.“, murmelt sie ächzend. „Nicht heute.“
„Oh, Entschuldigung, Mylady“, meint Mary betroffen, „habe ich sie geweckt?“
„Das ist es nicht.“, stöhnt Josie, während sie langsam und vorsichtig versucht, die Bettdecke von den Augen zu nehmen, um dem frischen Tag in - für ihren Geschmack viel zu helle - Gesicht zu sehen. Nur mühsam bekommt sie die Augen auf, die Stirn in tiefe, schmerzverzerrte Falten gelegt.
Das erste, was sie klar sehen kann, ist Marys entsetztes Gesicht.
„Mylady!“, entfährt es ihr entgeistert. „Haben Sie sich etwa angesteckt?“
„Ach, Unsinn.“, winkt Josie mit einem gequälten Lächeln ab. „Das ist nur
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