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Lilith Parker

Lilith Parker

Titel: Lilith Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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Gleichgewicht. Die umherzuckenden Feuersäulen der Fackeln warfen Schatten, die reihum über die wutverzerrten Gesichter tanzten, sodass Lilith den Eindruck hatte, sie säße in einem Karussell.
    Â»Mörderin!«
    Â»Lasst uns nicht erst bis morgen warten! Sie muss weg!«
    Â»Mörderin!«
    Â»So jemand darf nicht unsere Führerin sein!«
    Â»Mörderin!«
    Lilith war wie erstarrt, unfähig, etwas zu tun oder zu sagen. Noch nie war ihr so viel Ablehnung und Hass entgegengeschleudert worden.
    Scrope kam gefährlich langsam auf sie zu und von den Dorfbewohnern wurden anfeuernde Rufe ausgestoßen. Als er vor ihr stand, umspielte ein gemeines Lächeln seine Lippen. »Auf Nimmerwiedersehen, Lilith Parker!«, zischte er, während er die Hand hob, um nach dem Bernstein-Amulett zu greifen.
    Â»Nein!«, schrie sie und nun flammte auch in ihr die Wut auf. »Ich habe ihn nicht umgebracht, verdammt noch mal! Sie dürfen mir das Amulett nicht abnehmen!«
    Â»Lasst mich sofort durch!«, stach in diesem Moment Mildreds Stimme aus der Masse heraus. »Ich muss zu ihr. Lasst mich zu meiner Nichte!«
    Lilith hob den Kopf und schluchzte vor Erleichterung auf, als sie ihre Tante entdeckte, die sich mit Matt im Schlepptau nach vorne kämpfte.
    Sowohl Mildreds als auch Matts Augen weiteten sich, als sie die Szenerie erfassten. Mit geöffneten Mündern starrten sie zuerst auf Johnsons Leiche, dann auf Lilith.
    Â»Ich habe ihn nicht ermordet, bitte, wenigstens ihr müsst mir glauben!«, flehte sie. Sie versuchte, Matts Blick mit ihrem festzuhalten, doch er wich ihr aus und sah mit zusammengepressten Lippen zu Boden.
    Nein, durchfuhr es Lilith, das durfte nicht wahr sein – nicht einmal ihr bester Freund glaubte ihr? Sie schreckte vor ihm zurück, als habe er ihr gerade eine Ohrfeige verpasst. Plötzlich erinnerte sie sich daran, was sie noch kurz zuvor im »Eiscafé Leichenstarre« über Johnson gesagt hatte: Er ist ein Mörder, der seine Taten kein bisschen bereut und fest entschlossen ist, weitere Menschen umzubringen. Wenn ihn niemandaufhält, wird er irgendwo anders morden. Man sollte ihn nicht ungeschoren davonkommen lassen.
    Sie blickte auf Johnsons Leiche mit dem Todeskuss auf der Stirn. Würde sie an Matts Stelle nicht auch Zweifel an ihrer Unschuld bekommen?
    Sie drehte sich zu Mildred um. Noch nie hatte sich Lilith so inständig gewünscht, dass ihr jemand Glauben schenkte. Sie machte einen Schritt auf ihre Tante zu und schaute sie Hilfe suchend an.
    Â»Bitte!«, wiederholte sie leise.
    Wie ein Baum, der sich unter einer heftigen Sturmböe zur Seite bog und dann wieder aufrichtete, straffte Mildred die Schultern und fixierte Scrope mit entschlossener Miene. »Lass sie in Ruhe, Zachary!«
    Â»Tut mir leid, aber das kann ich nicht.« Scrope hob die Hände in gespielter Hilflosigkeit. »Wie du siehst, wurde Johnson von einer Banshee ermordet und wir haben Lilith ohnmächtig neben seiner Leiche aufgefunden. Wahrscheinlich hat sie das Bewusstsein verloren, als sie seine Lebensenergie in sich aufgenommen hat. Die Leute haben Angst und verlangen, dass sie das Amulett ablegt und das Urteil des Rats der Vier vollstreckt wird.« Er sah in die Runde und erhielt von den Umherstehenden zustimmendes Nicken. »Du weißt genauso gut wie ich, dass sie in Anbetracht ihrer unverzeihlichen Tat glücklich darüber sein kann, wenn wir sie am Leben lassen. Sie hat einen Vampir, einen Angehörigen aus der Welt der Untoten, umgebracht! Normalerweise müsste ich sie dafür zum Tode verurteilen.«
    Mildred reckte ihr Kinn. »Aber niemand von euch hatgesehen, dass er von Lilith ermordet wurde, oder? Ihr wisst nicht mit Sicherheit, dass sie die Banshee ist, die die Seelen raubt. Und solange der geringste Zweifel an ihrer Unschuld besteht, werde ich nicht erlauben, dass voreilig ein Urteil vollstreckt wird, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.« Sie sprach mit einer ungewöhnlich melodischen Stimme zu Scrope und den Dorfbewohnern. Setzte sie etwa ihre Sirenenkräfte ein, um ihren Worten mehr Überzeugungskraft zu verleihen? »Deswegen werde ich Lilith jetzt mit nach Hause nehmen, und sofern ihr keine neuen Beweise vorlegen könnt, treffen wir uns morgen Abend vor dem Tor zu Nightfallcastle. Wenn die Wächter Lilith nicht passieren lassen, kannst du ihr wie vereinbart das Amulett abnehmen und sie

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