Lilith Parker
Völlig perplex starrte Lilith auf ihre Fäuste. Aber sie hatte den Spiegel doch überhaupt nicht berührt â¦
Jemand packte sie am Arm und riss sie herum. »Ich war wirklich immer geduldig mit dir, Mädchen, aber jetzt reicht es!« Arthurs Nasenflügel bebten vor Empörung. »Ist das der Dank dafür, dass Mildred sich für dich eingesetzt hat? Dieser Spiegel war ein Erinnerungsstück an ihre Mutter und du hast nichts Besseres zu tun, als ihn zu zerstören.«
»Ich habe ihn überhaupt nicht â¦Â«, setzte sie zu einer Verteidigung an, überlegte es sich jedoch kurzerhand anders. Alle im Haus hielten sie für eine Mörderin und Lügnerin â was würde es schon nützen, wenn sie wegen eineszerbrochenen Spiegels ihre Unschuld beteuerte? Sie presste trotzig die Lippen zusammen.
»Ja, ich habe ihn kaputt gemacht, na und?«, zischte sie und entwand sich seinem Griff. »Bestraft mich doch, wenn ihr wollt! Ihr solltet euch damit aber beeilen, da ich nämlich nur noch bis morgen Abend hier bin.«
Sie marschierte in ihr Zimmer, warf mit einem donnernden Schlag die Tür ins Schloss und lieà sich auf das Bett sinken. Niemand folgte ihr. Niemand kam, um nach ihr zu sehen. Die Stunden schleppten sich dahin und irgendwann hörte Lilith, wie die anderen sich in ihre Zimmer zurückzogen und schlafen legten.
Völlig regungslos saà sie auf ihrem Bett, als seien ihre Glieder festgefroren, und sie hätte nicht sagen können, ob dieses Gefühl von ihrem kaum geheizten Zimmer oder von der Kälte in ihrem Inneren kam.
Ab und an keimte ein Funken Hoffnung in ihr auf. Womöglich glaubte Emma ihr, dass sie Johnson nicht umgebracht hatte? Oder Mildred änderte ihre Meinung? Doch gleich darauf holte sie die bittere Realität ein: Aus welchem Grund sollte ausgerechnet Emma die Einzige sein, die ihr Glauben schenkte? Sie würde mit Sicherheit genauso reagieren wie Matt ⦠Und sie hatte den Ausdruck in Mildreds Augen gesehen, ihre entsetzliche Enttäuschung über Liliths Verhalten. Ihre Tante würde mit Sicherheit nicht einfach ihre Meinung ändern, nur weil sie eine Nacht darüber geschlafen hatte.
Die ganze Zeit über hatte sie in der Angst gelebt, ausBonesdale verbannt zu werden, doch nun fragte sich Lilith, was sie hier eigentlich noch hielt. Sie spielte mit dem Gedanken, ihren Koffer zu packen und Bonesdale am nächsten Morgen gleich mit der ersten Fähre zu verlassen. Doch wohin hätte sie gehen sollen? Solange sie noch ihre Bansheekräfte besaÃ, würde ihr Vater sie nicht bei sich aufnehmen, das hatte er bei seinem letzten Besuch deutlich gemacht. Doch das Geld, das sie gespart hatte, würde gerade mal ausreichen, um sich zwei oder drei Tage allein durchzuschlagen. Und alle anderen, zu denen sie sich hätte flüchten können, wie die Eltern ihrer Freundin Thea in London, würden umgehend Tante Mildred informieren und Lilith säÃe postwendend im Zug zurück nach Bonesdale. Abzuhauen war keine Lösung, so verlockend der Gedanke im Moment auch schien. Wahrscheinlich, so gestand sie sich schlieÃlich ein, war es für sie sogar das Beste, wenn die Magier nicht nur ihre Erinnerung, sondern auch ihre Kräfte auslöschten. So konnte sie wenigstens in ihr altes Leben zurückkehren.
Sie warf einen Blick auf ihren Nachttischwecker. Es war kurz nach Mitternacht und das Haus lag in friedlichem Schlaf, nur das aufgeregte Heulen der Werwölfe schallte vom Friedhof herüber. Lilith ahnte, dass sie in ihrer letzten Nacht in Bonesdale kein Auge würde zumachen können, und schlich auf Zehenspitzen in die Küche, um sich etwas zu trinken zu besorgen. Zu ihrer Ãberraschung traf sie dort auf Strychnin, der mit hängenden Schultern am Küchentisch saÃ, die Hörer des MP3-Players in die Ohren gestöpselt.
» Evil walks behind you, Evil sleeps beside you, Evil talks arouse you, Evil walks behind you â¦Â«, sang er leise vor sich hin. Sie tippte ihn an und der Dämon fuhr erschrocken in die Höhe. »Eure Ladyschaft, ich habe Euch gar nicht kommen hören.« Er nahm die Kopfhörer ab.
»Kannst du auch nicht schlafen?«
Er schüttelte den Kopf und starrte mit bedrückter Miene auf die Tischplatte. Lilith schenkte sich ein Glas Wasser ein und setzte sich zu ihm.
»Ich habe Johnson nicht ermordet«, brach sie die Stille.
»Ich
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