Lilith Parker
einem eigenen Zimmer deponieren könntest«, wandte Emma ein. »Und wenn Strychnin nervt, kannst du ihn einfach in den Kerker sperren.«
Lilith blickte die Mauer entlang, die wie die Burg selbst aus schwarzem, grob behauenem Stein bestand, und erst bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass Skelettköpfe und aufgerissene Dämonenfratzen hineingemeiÃelt waren.
»Man könnte meinen, meine Vorfahren litten unter Verfolgungswahn.«
»Der Krieg mit den Dämonen war nicht der einzige«, sagte Emma düster. »Im Laufe der Jahrhunderte kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen unseren Völkern.«
»Was das betrifft, seid ihr den Menschen also gar nicht so unähnlich«, stellte Matt fest.
»In diesem Punkt wohl nicht«, musste Emma zugeben.
»Habt ihr das auch gehört?«, fragte Lilith, während sie herumfuhr und mit besorgtem Blick die Umgebung absuchte.
Matt sah sie erstaunt an. »Was denn?«
Genau wie unten vor der Angstschranke hatte Lilith das Gefühl, dass etwas nicht stimmte ⦠dass sie nicht allein hier oben waren. Sie kniff die Augen zusammen. Der Weg, den man bis zur nächsten Biegung einsehen konnte, war menschenleer und auch zwischen den mit Gespinsten überzogenen Bäumen regte sich nichts. Sosehr sie sich auch anstrengte, sie konnte nichts entdecken.
»Ich dachte ⦠Ich war mir sicher, dass ich ein ungewöhnliches Knacken gehört habe.«
»Das war wahrscheinlich nur ein Tier«, versuchte Emma sie zu beruhigen. »Lilith, seit Wochen machst du dich damit verrückt, dass Belial dich beobachten könnte oder er dich in Gestalt einer Malecorax verfolgt. Glaub mir, so schnell lässt er sich hier nicht mehr blicken. Er muss erst einmal die Niederlage verkraften, die er dank dir hat einstecken müssen.«
»Tut mir leid, ich leide wohl genau wie meine Vorfahren unter Verfolgungswahn.« Sie holte tief Luft und klatschte dann unternehmungslustig in die Hände. »So, wo geht es denn jetzt in diese angeberisch groÃe Burg hinein?«
Emma führte sie vor ein schweres, mit Eisenbändern beschlagenes Tor, das ebenfalls von zwei Greifen bewacht wurde. In ihren Steinklauen hielten sie gewaltige Speere, die sie vor dem Tor kreuzten und somit den Zugang versperrten.
Strychnin blieb überrascht stehen. »Das Tor ist zu? Zu meiner Zeit war es niemals geschlossen.«
»Hier haben wir das letzte Hindernis«, verkündete Emma.»Doch bei diesem hier kann ich leider nicht mehr behilflich sein.«
Lilith sah sie erstaunt an. »Warum denn nicht?«
»Seit dreizehn Jahren hat es niemand geschafft, an den Wächtern vorbeizukommen.« Sie wandte sich an Strychnin und bat ihn mit zuckersüÃer Stimme: »Geh doch mal zu den Greifen und bitte sie um Einlass!«
Während Lilith ihr einen misstrauischen Seitenblick zuwarf, watschelte Strychnin eilfertig auf die Greife zu.
»Hey, ihr zwei alten Steinsäcke, nehmt eure Zahnstocher beiseite, ein mächtiger Dämonengott verlangt einzutreten.«
Im ersten Moment geschah überhaupt nichts, dann erklang ein steinernes Knirschen, das Lilith eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Die Greife wandten dem Dämon ihre Adlerköpfe zu und stellten die Speere neben sich. Strychnin wackelte nervös mit den Ohren und beobachtete die Wächter, die ihn mit ihren toten Steinaugen unverwandt anstarrten. Als er schlieÃlich einen zaghaften Schritt auf das nun ungeschützte Tor zumachte, rissen sie ihre Speere in einer überraschend schnellen Bewegung herum und richteten sie auf seinen Hals. Der Dämon schrie auf und schielte auf die beiden Speerspitzen, die sich tief in seine Haut bohrten.
Lilith schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. Eine gelbe Flüssigkeit rann an Strychnins Hals herab: Dämonenblut.
»âschuldigung, ihr zwei holden Greife«, wimmerte er, während seine Hautfarbe im Sekundentakt von Grün zu Braun wechselte. »Wenn ⦠wenn ich es mir recht überlege,will ich gar nicht rein.« Er schnappte einige Male nach Luft, dann kippte er wie ein gefällter Baum ohnmächtig um.
Die Greife verharrten noch einen Augenblick, dann richteten sie ihre Blicke wieder nach vorne und versperrten mit ihren gekreuzten Speeren das Tor. Sofort eilten Matt und Lilith zu Strychnin und zogen ihn vom Tor weg.
»Strychnin?« Sie ging in die Knie und musterte ihn besorgt. »Wie
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