Lilith Parker
beschädigen«, versicherte er selbstbewusst.
Matt und Emma schüttelten schmunzelnd die Köpfe, nur Lilith starrte wie betäubt ins Leere.
Was war gerade eben mit ihr geschehen? Sicher, Emmas Verhalten war falsch gewesen und sie hatte allen Grund dazu gehabt, wütend auf sie zu sein â aber hätte Matt sie nicht im letzten Moment aufgehalten, hätte sie sich von ihrer Wut zu etwas Unverzeihlichem hinreiÃen lassen. Dabei war es nicht das erste Mal gewesen, dass sie diese dunkle, machtvolle Stimme in ihren Gedanken gehört hatte. Damals, als ihr der Londoner Juwelier De Vries das Bernstein-Amulett hatte stehlen wollen, war sie auch so wütend geworden, dass alles um sie herum in diesem dunklen Nebel verschwunden war. Die Stimme hatte ihr geraten, sie solle De Vries befehlen, ihr das Amulett zurückzugeben, und sie hatte den Rat befolgt. Es war ihr damals wie ein Wunder erschienen, dass der Juwelier seine Meinung geändert und ihr das Amulett ausgehändigt hatte. Seither war ihr nichts Vergleichbares mehr widerfahren, weshalb sie dieses seltsame Erlebnis fast schon wieder vergessen hatte, doch nun begann sie sich zu fragen, was De Vries wohl zu diesem jähen Meinungswechsel bewogen hatte. Ob diese Stimme etwas damit zu tun hatte? Lilith war sich sicher, dass so etwas eigentlich nicht zu den Fähigkeiten einer Banshee gehören sollte â¦
»Du sagst überhaupt nichts. Bist du noch böse auf mich?«, fragte Emma mit schuldbewusster Miene.
»Natürlich nicht«, beeilte sich Lilith ihr zu versichern. »Es tut mir leid, dass ich so sauer geworden bin. Ich hätte schlieÃlich auch an das Schicksal deiner Familie denken müssen.«
Etwas packte Lilith und Emma unsanft an den Kniekehlen und jauchzte: »Gruppenknuddeln!«
Emma warf einen scharfen Blick nach unten. »Ich warne dich, Dämon â wenn du nicht in den nächsten drei Sekunden mein Bein loslässt, befördere ich dich mit meinem FuÃkatapult in Richtung der Klippen.«
Enttäuscht lieà Strychnin wieder los. »Dann sind wir wohl noch nicht so weit, hm?«
»Nein, ich schätze, dafür benötigen wir noch ein paar Hundert Sitzungen.«
»Wie kommen wir denn nun in die Burg hinein?«, wechselte Matt das Thema. »Wie es nicht funktioniert, wissen wir ja jetzt.«
Emma wies auf eine Tafel, die neben dem Tor in der Mauer eingelassen war.
»Laut dieser Inschrift müssten wir problemlos in die Burg hineinkommen, da wir die letzte Erbin der Nephelius-Dynastie bei uns haben.«
In respektvollem Abstand zu den Wächtern trat Lilith an die Tafel heran, entfernte einige verirrte Gespinste und beugte sich über die bronzenen Schriftzeichen.
»So ein verfluchter Mist!« Sie rang verzweifelt die Hände. »Diese doofen Runen. So langsam habe ich den Eindruck, die verfolgen mich.«
»Sieh es doch als Ãbung an!«, schlug Emma vor. »Setzdich nicht unter Druck und lass dir Zeit, dann klappt das schon.«
»Meine Mutter wollte eigentlich, dass ich vor Einbruch der Dunkelheit wieder zu Hause bin, aber das wird dann jetzt wohl nix«, frotzelte Matt, wofür Lilith ihm einen bösen Blick zuwarf.
»Gut, mal sehen.« Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. »Das dichte Tor zur Pflege von gefährlichen Konkurrenten, bis irgendwas Dingsbums einen Nephelius ⦠Samen? ⦠sieht, der â¦Â«
Emma unterbrach sie mit einem verlegenen Hüsteln. »Vielleicht sollte doch ich die Inschrift übersetzen?«, schlug sie vor.
»Na schön!« Lilith zuckte mit den Schultern und trat zur Seite.
Ohne jede Anstrengung verlas Emma in feierlichem Ton:
»Das Tor geschlossen zum Schutz vor Feind und Gefahr
Bis die Wächter werden Nepheliusâ Erbe gewahr
Tritt ein, Nephelius, nur Mut
Sie erkennen dein edles Blut!
Doch nur Einigkeit kann passieren
Einzig das geknüpfte Band kann dominieren
Verbunden wie Tod und Leben, Tag und Nacht
Feinde der Nephelius gebet acht!«
Lilith verzog das Gesicht. »Und ich dachte, da steht was Interessantes drauf.«
»Aber begreifst du denn nicht, was das bedeutet? Du bist die Enkelin des Barons und somit seine Erbin. Dich werden die Wächter einlassen.«
»Ich soll vor diese angriffslustigen Steinmonster treten?« Lilith fasste sich automatisch an ihren Hals. Auf die Erfahrung, zwei Speere an ihre Kehle gedrückt zu bekommen, konnte sie
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