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Lilith Parker

Lilith Parker

Titel: Lilith Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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geht es los«, rief Regius. »Geht in Position!«
    Im Tor bildete sich eine Art Strudel, ein heftiger Windstoß zerrte an ihren Kleidern und zersauste ihre Haare. Der Wirbel verebbte und plötzlich erschien ein fremdartiges Bild inmitten des Druiden-Altars: Lilith sah Bäume mit ausladenden Kronen und rote Lehmhütten mit Palmdächern, in deren Mitte sich Stammesangehörige in farbenfrohen Kleidern um ein Lagerfeuer versammelt hatten. Gesang und rhythmische Trommelschläge hallten durch das Portal.
    Â»In drei Stunden werde ich den Durchgang wieder öffnen. Seid pünktlich!«, ermahnte Regius sie, während Scrope schon mit gleichgültiger Miene durch das Tor schritt.
    Mildred ergriff ihre Hand und Lilith, immer noch gelähmt vor Erstaunen, ließ sich widerstandslos von ihr durch das Portal ziehen.
    Der Übergang war überraschend unspektakulär, als wären sie lediglich von einem Zimmer ins nächste gelaufen. Sofort drehte Lilith sich wieder um und sah, dass das Tor auf dieser Seite von zwei uralten, etwa dreißig Meter hohen Gummibäumen gebildet wurde, deren Äste und Luftwurzeln sich kunstvoll miteinander verflochten hatten und ein mindestens ebenso majestätisches Portal darstellten wie der Druiden-Altar in Bonesdale. Sie erkannte gerade noch Regius’ verschwommene Gestalt und die Umrisse der Portalgräber, ehe sich der Durchgang wieder schloss.
    Mildred grinste sie an. »Du machst ein Gesicht, als wärst du gerade von Außerirdischen entführt worden.«
    Lilith öffnete ächzend ihre Jacke und lockerte ihren Schal. Nach der Winterkälte auf St. Nephelius fühlte sie sich, als stünde sie plötzlich im Inneren einer Sauna. »Entschuldige bitte, dass es mich etwas aus der Fassung bringt, wenn ich von einer Sekunde auf die andere eine Strecke von Tausenden Kilometern zurücklege.«
    Ein Mann in weißer Kleidung kam auf sie zu und verneigte sich vor ihnen. »Seid gegrüßt, Gesandte der Nocturi. Ich bin Olubayo und heiße euch im Namen unserer Führerin Mamba Fayola herzlich willkommen. Sicher wollt ihr erst einmal eure Winterkleidung ablegen?«
    Scrope, Mildred und Lilith übergaben ihm dankbar ihre Jacken und Schals.
    Â»Wir haben mit der Begrüßungszeremonie schon angefangen«, erklärte Olubayo, als er sie ans Lagerfeuer führte. »Die Vodun-Priester aus den umliegenden Regionen sind zu Ehren der heutigen Ratsversammlung angereist, um unsere Götter und Ahnen um ihren Beistand zu bitten, damit heute Nacht gerechte Entscheidungen gefällt werden.«
    Aus Tonkesseln drang beißender Rauch, die Frauen und Männer hatten sich mit Tierschädeln, Hörnern und Knochen geschmückt. Sie tanzten zu den rhythmischen Klängen der Trommeln und Rasseln um das Feuer herum, während ein Mann Worte in fremdartiger Sprache sang, die von den anderen im Chor beantwortet wurden. Nachdem Olubayo Mildred und Lilith zu einer Bank am Rande der Zeremonie gebracht hatte, führte er Scrope zu einem reichverzierten Holzstuhl mit hoher Lehne, an dessen Oberseite ein Stab angebracht war, in dem ein großer Bernstein funkelte. Während Scrope Mühe hatte, seinen beleibten Körper in den Stuhl hineinzuquetschen, war der alte Mann zu seiner Linken so hager, dass er in dem thronartigen Stuhl fast zu verschwinden schien. Er hatte kaum noch Haare auf dem Kopf und seine Augen waren fest geschlossen, als wäre er trotz des Lärms und der Aufregung um ihn herum eingenickt. Der Blutstein über seiner Lehne warf sein feuriges Licht auf seinen jugendlichen Begleiter, der neben ihm stand und dem Geschehen mit interessierter Miene folgte. Er hatte schwarzes dicht gelocktes Haar, eine markante Kinnpartie und mochte vielleicht vier oder fünf Jahre älter sein als Lilith.
    Â»Neben Scrope sitzt Vadim Alexandréscu, der Träger des Blutstein-Amuletts«, raunte Mildred ihr zu. »Der junge Mann ist sein jüngster Sohn André, der seine Nachfolge antreten soll. Ich nehme an, dass Vadim ihn mitgebracht hat, um ihn im Rat der Vier einzuführen.«
    Â»Vadim sieht schrecklich krank aus. Meinst du, seine letzte Bluttransfusion ist schon zu lange her?«
    Â»Oh nein, mit Sicherheit nicht. Er ist ein sehr alter Vampir, und wie ich gehört habe, benötigt er mittlerweile schon alle zwei bis drei Stunden frisches Blut. Für die Vampire ist es sehr bedauerlich, aber er wird wohl nicht mehr

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