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Lilith Parker

Lilith Parker

Titel: Lilith Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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lange leben.«
    Die beiden Stühle neben Scrope und Vadim waren leer, was Lilith unweigerlich aufatmen ließ. Belial war somit nicht zu der Versammlung erschienen.
    Ãœber ihr rauschten die Palmen und sie spürte die übernatürliche Kraft dieses Ortes auf sich einströmen. Es war eine andere Art von Magie – fremdartig, chaotisch und voller Lebendigkeit.
    Die Tänzer stampften auf, ihre Arme und Schulterblätter zuckten zu den rhythmischen Klängen vor und zurück. Das Tempo der Trommeln wurde schneller, die Schläge ließen den Boden vibrieren, durchdrangen mit ihrer pulsierenden Energie Erde, Natur und Mensch. Lilith hatte das Gefühl, dass sich ihr Herzschlag in gleichem Maße beschleunigte, und sie rutschte unruhig auf ihrem Platz herum. Einige der Tänzer verdrehten die Augen und ließen sich auf den Boden fallen.
    Â»Sie sind in Trance und nehmen Kontakt zu dem Göttlichen um uns herum auf«, erklärte Olubayo, der sich neben sie gesetzt hatte.
    Â»Ist das eine Voodoo-Tradition?«
    Â»Das, was du als Voodoo kennst, stammte ursprünglich aus unserem Land. Benin ist die Geburtsstätte des Vodun und die Magie der Holi ist bekannt und gefürchtet, besonders unsere Bocios.« Er deutete auf einen Altar, der nicht weit von den Tänzern entfernt stand. Dort reihten sich etwa dreißig Zentimeter große, mit Tüchern umwickelte Holzstatuen. »Du hast sicherlich die starken magischen Kräfte um uns herum gespürt. Wir haben einen Weg gefunden, sie in die Bocios zu kanalisieren, sodass die Figuren eine große Macht besitzen.«
    Â»Dann sind sie so etwas Ähnliches wie Voodoo-Puppen, oder? Aber kann man damit nicht auch Böses bewirken?«
    Â»Alles auf der Welt ist Hexerei«, erwiderte er mit einem nachsichtigen Lächeln. »Man überlebt nicht ohne ihre Hilfe, und etwas, das heilt, kann auch töten. Vodun ist in uns und genauso real wie die Linien auf unseren Handflächen, deswegen sind wir uns immer bewusst, dass derjenige, der die Kräfte zu Bösem missbraucht, die Rechnung dafür begleichen muss.«
    Das Trommeln brach urplötzlich ab und eine ehrfürchtige Stille breitete sich aus. Die Menge bildete eine Gasse, durch die eine weiß gekleidete Frau mit hocherhobenem Haupt schritt. Ihr Gesicht und ihre Arme waren weiß getüncht, sie trug Gürtel und Armbänder aus Tierknochen und das Amulett um ihren Hals sandte ein silbrigweißes Leuchten aus. Es war die Trägerin des Mondstein-Amuletts, Fayola Enobakhare.
    Â»Mamba Fayola war schon immer da und niemand weiß, wie alt sie ist. Man sagt, sie sei schon Hunderte Male gestorben, auf hundert verschiedene Weisen, doch sie konnte aus dem Reich der Ahnen jedes Mal wieder zurückkehren.«
    Lilith erschauderte. Auch wenn Olubayos Erzählung wie der Anfang eines Märchens klang, so ahnte sie, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen. Die Magie dieses Volkes war außerordentlich wirkungsvoll, und dass sie die Macht besaßen, den Tod zu überlisten, wusste Lilith allein schon wegen Arthur.
    Fayola schloss die Augen, hob ihre Handflächen zum Himmel und stimmte eine melodische Beschwörung an. Sie strahlte so viel Anmut, Würde und Weisheit aus, dass Lilith kaum den Blick von ihr abwenden konnte.
    Â»Sie ruft unsere Ahnen, jene aus tiefster Nacht, und erbittet von ihnen Frieden, Gesundheit und Erleuchtung. Dass uns die Götter beistehen mögen und der Tod vom Wind davongeweht wird.«
    Jemand reichte Fayola ein Messer und ein panisch gackerndes Huhn.
    Â»Sie will es doch nicht umbringen, oder?« Voller Entsetzen sah Lilith auf das sich windende Tier. Eine Antwort war überflüssig, denn sie sah, wie sich das Todesmal über dem Kopf des Huhnes bildete.
    Â»Sie opfern es, um den Ahnen ihre Liebe zu zeigen«, versuchte Mildred sie zu beruhigen. »Und ihre Bereitschaft, von den Gaben, die sie erhalten haben, wieder etwas zurückzugeben. Auch wenn wir ihre Traditionen vielleicht nicht verstehen, so sollten wir sie dennoch respektieren.«
    Lilith wandte sich ab und hielt sich zur Sicherheit auch noch die Augen zu. Wahrscheinlich hatte Mildred recht, trotzdem wollte sie die Opferung nicht mit ansehen.
    Erst als das panische Gackern verstummt war, blinzelte sie durch ihre Finger hindurch. Frische Blutspritzer benetzten den Boden und die Bocios auf dem Altar, doch glücklicherweise war nichts mehr von dem Huhn zu sehen.

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