Lilith - Wunschlos gluecklich
beanspruchte.
Nachdem Jordan wieder aufgekreuzt war, schmiss Mercedes eine Runde Cocktails. Die zweite Runde ging auf Cam, wobei sie sich als Fahrerin ab hier jedoch lieber an Wasser hielt. Natürlich bestellten alle nur Orangensaft. Den Stoff, um daraus hippe Drinks zu machen, hatte Damian mit in den Club geschmuggelt. Niemals hätten Jugendliche hier Alkohol bekommen, schließlich waren alle noch unter einundzwanzig. Die dritte Runde spendierte Damian und so langsam stieg Lilith der Alkohol zu Kopf und löste ihre Zunge. Reichlich beschwipst schnappte sie sich Camille und zog sie für den nächsten Karaokesong auf die kleine Bühne neben der Tanzfläche. Sie wählte »I will be« von Avril Lavigne aus und drückte auf Start. Als die ersten Klaviertasten angeschlagen wurden, fühlten sich ihre Beine mit einem Mal so weich wie Gummi an und sie drohte in die Knie zu gehen. Doch als der erste Textstreifen über den Bildschirm flackerte, fingen Camille und sie aus tiefster Seele an zu singen. Für Cam war es wie immer, purer Spaß. Für Lilith aber war es mehr als nur Spaß. Für sie ging es um ihr Leben, denn nie wieder wollte sie ohne den Jungen sein, für den sie dieses Lied sang. Sie wollte wirklich alles sein, was er sich jemals wünschte, ihr ganzes restliches Leben mit ihm zusammen sein. Aber vor allem wollte sie ihn niemals wieder gehen lassen …
Ihre Freunde hatten sich vor der Bühne versammelt, während Luc mit ausdrucksloser Miene am Tisch sitzen blieb. Fast alle Gäste kreischten und jubelten ihnen zu, aber Lilith blendete alles aus. Nur eine einzige Person zählte gerade für sie – Luc! Seine leuchtend grünen Augen taxierten sie ebenso unablässig, wie sie ihn, doch leider lag darin keinerlei erkennbare Emotion. Er saß so absolut regungslos auf seinem Platz, nichts ließ sie spüren, dass er das Gleiche empfand wie sie.
Als alle wieder an ihrem Tisch ankamen, konnte sie Lucs Miene immer noch nicht deuten. Schließlich wich er ihrem Blick aus und das machte sie traurig. Zu allem Überfluss wurde ihr nun auch noch übel. »Cam? Könnten wir für heute Schluss machen? Mir ist irgendwie schwummrig.«
Kaum hatte sie ihren Satz beendet, schnellte Lucs Kopf zu ihr herum und er blickte ihr tief und fragend in die Augen. »Geht es dir nicht gut?«, fragten er und Camille wie aus einem Mund.
Lilith nickte. Weder der Alkohol noch ihr seelischer Striptease taten ihrem Körper gerade gut. Sie wollte nur noch schnellstmöglich in ihr Bett und ihr ganzes beschissenes Leben hinter sich lassen.
Kaum zu Hause angekommen, stieg Lilith in ihren allerliebsten Schlabberpyjama, kroch wortlos in ihr Bett und rollte sich zu einer kleinen festen Kugel zusammen. Das tat sie immer, wenn sie sich miserabel fühlte. Meist half es, an diesem Abend leider nicht. Obwohl sie nicht darum gebeten hatte, legte sich Luc neben sie und ließ seine Hand mit ihrer verschmelzen. Und obwohl sie wie immer nichts spürte, liebte sie diesen Anblick.
Sie verloren in dieser Nacht kein einziges Wort über das, was im Cadillac geschehen war. Weder über seine Brechhilfe für Rob noch über ihr einzigartiges Liebesgeständnis. So schlief sie ein. Tief und fest.
Als sie am darauffolgenden Morgen die Augen aufschlug, hatte Luc ihr eine weitere Nacht ohne quälende Albträume geschenkt, aber sie lag allein im Bett. Sofort machte sich Panik breit. Es war, als bekäme sie Beklemmungen in ihrer Brust. Wie aus dem Nichts begann ihr Körper, zu zittern. Sie hatte absolut keine Kontrolle darüber und kam sich vor, wie ein Junkie auf Entzug. Das Atmen fiel ihr schwer und ihr Magen zog sich immer schneller und schmerzhaft krampfend zusammen. Sie schlug hastig die Decke zurück und schnellte aus dem Bett. »Luc?«
»Ich bin hier«, hörte sie seine Stimme hinter ihrem Rücken und drehte sich erleichtert zu ihm um. Seine Augen wirkten an diesem Morgen traurig und undurchdringbar. Sie waren definitiv dunkler als sonst. Wie zwei große, tiefe, schwarze Seen, und sie wusste instinktiv, er war nicht glücklich über ihr gestriges Geständnis.
Er stand lediglich zwei Schritte von ihr entfernt und schien doch so unerreichbar fern zu sein. Irgendwie abwesend und gedankenverloren.
»Du warst weg?«, fragte sie bekümmert. Sie wusste es nicht mit Bestimmtheit, auch wenn ihre Stimme fest und ohne jeden Zweifel schien. Aber ihr fiel nichts Besseres ein, denn sie wollte ihn auf keinen Fall fragen, ob er wirklich traurig war. Nicht, dass es sie nicht
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