Lilith - Wunschlos gluecklich
war sich sicher, dass sie nicht wissen wollte, was gerade in seinem Kopf vor sich ging. Sie fragte trotzdem. »Was … was ist los?«, presste sie mit einem Schluchzen hervor. Langsam schlug ihr Herz wieder auf normaler Frequenz, und auch ihre Atmung ging schon wesentlich ruhiger. Sie fühlte sich immer noch klein und unbedeutend, aber wenigstens kam das Glück zurück …
»Ich schaff es nicht«, gab er tonlos von sich.
»Was?«
»Dich aus meinem Kopf zu verbannen. Ich sollte nicht so empfinden, dich nicht mögen, dir keine Wünsche ohne Gegenleistung erfüllen, mich nicht um dich sorgen … Ich sollte dich zu einer Entscheidung zwingen und wieder nach Aslas zurückkehren. Aber ich kann nicht …«
Er mag mich wirklich! Sie atmete auf. Doch Luc schien über sein Geständnis nicht gerade erleichtert zu sein. Er wirkte lediglich gequält und da dämmerte es ihr. »Du hast versucht, nicht wieder zu mir zurückzukommen, richtig?«
»Du sollst dich nicht zu sehr an mich gewöhnen.«
»Zu spät!« Damit war die Diskussion für Lilith beendet. Sie stieg aus dem Bett und klaubte sich ein paar frische Klamotten zusammen. Die Schule rief und ein Blick auf die leuchtenden Zahlen ihres Weckers verriet, dass sie sich sputen musste.
Lilith hatte gerade den letzten Bissen ihres Müslis verdrückt, als auch schon Jordans Hupe ertönte. Sie schnappte sich ihre Tasche und stürmte nach draußen. Wie versprochen begleitete Luc sie auch an diesem Tag, aber er war kaum wiederzuerkennen. Den gesamten Tag klebte er wie ein zweiter Schatten kühl und wortlos an ihren Hacken. Kein schlechter Witz, kein gut gemeinter Ratschlag, kein Gemecker – nichts. Nicht eine Silbe kam über seine Lippen. Selbst als Rob sich in der Mittagspause an Liliths Tisch setzte, um erneut hemmungslos mit ihr zu flirten, konnte sie keinerlei Gefühlsregung an Luc erkennen. Was war nur mit ihm in der vergangenen Nacht geschehen?
Zu Hause angekommen, versuchte sie alles, um ihn aus seiner Lethargie zu reißen, aber es gelang ihr nicht. Er las ihr zwar weiterhin jeden gedachten Wunsch von den Augen ab, aber egal, was es war, er blieb ihr gegenüber ohne jegliches Gefühl.
Die Tage verstrichen, ohne dass Lilith eine nennenswerte Änderung an Luc hätte feststellen können. Er begleitete sie weiterhin wort- und emotionslos durch die gesamte Woche und mittlerweile fragte sie sich, ob dies eine neue Taktik sein könnte, um sie zu einem richtigen Wunsch zu drängen. Langsam empfand sie die Spannung zwischen ihnen als unerträglich.
Endlich war Freitag. Einer der besten Tage der Woche. Er war schon immer gleichbedeutend mit den Worten – Freunde, Feiern, Spaß und Leben. Zumindest seit Lilith mit Vollendung ihres fünfzehnten Lebensjahres über verlängerte Ausgehzeiten verfügte. Ihre Haushaltsarbeiten hatte sie schon alle erledigt und saß grübelnd über ihren Mathebüchern. Doch sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Immer wieder blickte sie sich über die Schulter. Luc lag auf ihrem Bett und bemitleidete sich mal wieder selbst. Unterdessen dachte sie sogar darüber nach, an diesem Abend ohne Lucs Begleitung auszugehen. Sie würde keinen Spaß mit ihren Freunden haben, wenn Luc weiterhin neben ihr Trübsal blies.
Das Klingeln des Telefons riss Lilith aus ihren Gedanken. »Lil Winters.«
»Hi, Lil, Schätzchen. Ich hab grad Cam getroffen. Sie kommt heute Abend etwas später ins Cadillac und Beth kommt sowieso mit Damian. Unterwegs holen die beiden dann noch Mercedes ab. Und da dachte ich, dass du doch mit mir fahren kannst. Ich hab dich schon lange nicht mehr abends ausgeführt.«
Jordan! Er lachte und für einen Moment wurde es Lilith warm ums Herz. So wie früher. Er und sie, eine schöne Zeit. Jordan hatte recht. Seit sie als Paar getrennte Wege gingen, kreuzte Lilith an den Wochenenden ausschließlich mit Camille auf den Partys der Stadt auf. Sie lachte, hielt ein wenig Small Talk und sagte Jordan schlussendlich zu.
Als sie kurz vor einundzwanzig Uhr am Küchenfenster nach seinem Wagen Ausschau hielt, gesellte sich Luc wie aus dem Nichts zu ihr. Er hatte wohl beschlossen, sie doch zu begleiten. Sie hatte ihn eigentlich absichtlich nicht darum gebeten, mitzukommen. Ihr ging seine absolute Teilnahmslosigkeit mittlerweile gehörig auf den Zeiger. Sollte er doch in seinem Selbstmitleid versinken …
Sie behielt ihn dennoch weiterhin im Blick. Seine Miene hatte sich immer noch nicht verändert und Lilith war unterdessen wirklich
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