Lilith - Wunschlos gluecklich
Lilith wusste, dass dem nicht so war. Dieser Schmerz war anders, er ging noch tiefer. So tief, dass nicht einmal sie wusste, was er ihr sagen wollte oder woher er stammte.
Lilith quälte sich durch den gesamten Schultag und wurde auch hier das Gefühl nicht los, etwas Wichtiges zu übersehen. Etwas, das sie doch bei sich haben müsste, was ihr aber aus irgendeinem undefinierbaren Grund fehlte.
Es konnte ziemlich selbstzerstörerisch sein, wenn man den ganzen Tag wie ein Zombie durch die Gegend lief, nur um etwas zu finden, von dem man nicht einmal wusste, was genau man da eigentlich suchte.
»Neunzehn Uhr heute Abend. Geht doch immer noch klar, oder?«, erkundigte sich Camille, als sich Lilith in ihrer Einfahrt behände von der Rückbank ins Freie schälte. Genervt verzog sie das Gesicht. Das hatte sie ja völlig vergessen.
»Ich weiß nicht«, versuchte sich Lilith davor zu drücken. »Es geht mir heute irgendwie nicht so gut …«
»Keine Widerrede! Ich hol dich ab! Was du brauchst, ist Ablenkung, Süße. Jawohl«, befahl Camille liebevoll. »Und danach übernachte ich bei dir. Zusammen werden wir die Albträume schon verscheuchen.« Camille lächelte ihr aufmunternd zu.
Lilith gab klein bei, nickte und begab sich ins Haus. Zwar war sie, wie immer seit dem Tod ihrer Großmutter, am Mittag allein zu Hause, aber selbst dies kam ihr heute irgendwie falsch vor. Erneut drängte sich ihr der Gedanke auf, eventuell doch verrückt zu werden.
Sie packte ihre Mathesachen auf den Schreibtisch und brütete über nichtssagenden Formeln. Ihr war schleierhaft, wie sie es geschafft hatte, sich bei Mr. Garners Matheunterricht um eine ganze Note zu verbessern. Er konnte sie definitiv nicht leiden, was aber nicht so schlimm war, da dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte. Eine reine Gefälligkeit ihr gegenüber war somit also auch ausgeschlossen. Ihr war schon jetzt klar, egal, was es gewesen war, es war vorbei.
Sie schlug kapitulierend die Bücher zu und schlüpfte erschöpft in ihr Bett. Ihr blieben noch fünf Stunden, bevor Camille mit wildem Getöse aufschlagen würde, um sie von ihrem Leid abzulenken.
Kapitel 13
Das Tribunal
L uc blickte irritiert in Richtung der kapuzenverhüllten Rauchgestalten vor ihm. Es handelte sich eindeutig um die für ihn zuständigen Wächter und die Obersten aus seinem Volk. Die Iblise. Es gab nur noch sehr wenige von ihnen und sie verließen Aslas schon lange Zeit nicht mehr. Sie waren die Schöpfer allen Lebens in Aslas und für das Gleichgewicht zuständig. Sie entschieden, welcher Rauch neue Dschinn hervorbringen durfte und welche Dschinn sich das Recht auf ein Wächteramt erarbeitet hatten. Auch die Exekutionen und Umpolungen gingen auf ihr Konto, sie kontrollierten einfach alles.
Luc erblickte Jack rechts neben sich. »Was zur Hölle …?«
Jack bedeutete Luc mit einem abschätzenden Blick, die Klappe zu halten.
»Dschinn L-975.285, genannt Luc, du wurdest vom Rat der Iblise für schuldig befunden, gegen gleich mehrere unserer Gesetze verstoßen zu haben. Alle wären bei dir und deinen bisherigen Leistungen für Aslas entschuldbar gewesen. Alle, bis auf einen und darum bist du hier. Dir wird vorgeworfen, deinem letzten Meister einen verbotenen Wunsch gestattet zu haben. Also, was hast du zu deiner Verteidigung hervorzubringen?«
Luc war sprachlos und warf Jack einen fragenden Blick zu. Sollte dieser eine Kuss wirklich ernstere Konsequenzen für ihn haben? War er nicht genug damit gestraft, Lilith nie wiederzusehen? Ach, im Grunde war es ihm egal, er bereute nichts, nicht eine Sekunde mit Lilith. Es war die schönste Zeit seines Lebens gewesen und er wusste, dass es nie wieder etwas Schöneres für ihn geben könnte. Sollten sie ihn doch bestrafen. Nichts würde ihn jemals mehr schmerzen als der Abschied von Lilith, es konnte also nicht schlimmer werden.
Jack seufzte, als Luc weiterhin nur gedankenverloren und verstummt dastand, und trat deshalb einige Schritte nach vorn.
»Geehrte Iblise, Wächter …« Jack verbeugte sich. »Ich bin sicher, Luc wusste nicht, was er tat. Er hat mit Sicherheit überhaupt nicht darüber nachgedacht, welche Konsequenz sein Handeln für ihn haben wird. Wenn ihr ihm noch eine Chance geben könntet …«
»Unmöglich!«, erwiderte einer der Obersten. »Wir können keinen erfüllten Wunsch rückgängig machen und dieses Mädchen hat keinen weiteren Wunsch mehr frei, um zu ändern, was sie angerichtet hat. Er kann weder hier bleiben
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