Lilith - Wunschlos gluecklich
dicht an ihn. Sie bettete ihren Kopf auf seine Brust und schlang ihre Arme um seinen Oberkörper.
»Schlaf gut, Lil«, flüsterte Luc und wartete vergeblich auf eine Erwiderung.
Es schien ihm, als läge er danach ewig wach, obwohl die Müdigkeit zäh an ihm nagte. Eine Müdigkeit, die er in Aslas nie wieder verspüren würde. Noch lange hörte er Lilith schniefen und schluchzen, bis sie schließlich irgendwann verstummte und ihr Atem immer gleichmäßiger wurde. Nun endlich konnte auch Luc beruhigt die Augen schließen.
Mit einem quälenden Ruck riss ein Wunsch Luc innerlich in Stücke. Es war noch mitten in der Nacht. Lilith wollte es beenden – und sie wollte es jetzt.
Er wusste nicht einmal, ob es erlaubt war, aber er war von der ersten Sekunde an wild entschlossen, ihr diesen Wunsch zu erfüllen, denn wenn er sie schon nie wiedersehen durfte, so würde er zumindest diese Empfindung für immer in sich tragen.
Sie war schon aufgestanden, stand zitternd vor ihrem Bett und wirkte trotzdem wie erstarrt. Ihr Blick war traurig, die Augen feucht und glasig, aber Luc spürte, sie war fest entschlossen, die ihr zugestandene letzte Nacht nicht bis zum Morgen verstreichen zu lassen. Sie hatte Musik aufgelegt, die leise im Hintergrund vor sich hinplätscherte und dennoch schnitt sie so laut und scharf durch die nächtliche Stille, dass es wehtat. Lilith hatte das Lied passend für diesen Moment aus ihrer geliebten Sammlung deutscher Sänger gewählt. ‚Echt’ von Glasperlenspiel. Luc erhob sich träge aus dem Bett und trat ihr gegenüber. Am liebsten hätte er die Zeit eingefroren. Er wollte sie nicht verlassen, er wollte nicht, dass sie ihn vergaß, er wollte, dass sie wusste, dass es ihn gab, dass er sie liebte. Er wollte so viel, aber nichts davon wollte er ohne sie.
Die beiden Sänger hatten recht. Dies hier war echt. Es war perfekt und die Welt stand still. Nur für sie. Für ihren letzten gemeinsamen Moment.
»Du willst es ja nicht anders«, flüsterte Lilith, als er vor ihr stand. Tränen rannen ihr in kleinen Bächen die Wangen hinab.
»Lilith …«, flüsterte er und hoffte, sie würde verstehen, was er nicht aussprechen konnte. Wünsch dir nichts. Lass mich bei dir bleiben, für immer …
»Du willst ja unbedingt, dass ich dich vergesse …«
Nein, will ich nicht!
»Du willst, dass ich meine Liebe zu dir vergesse …«
Nein, will ich nicht!
»Du willst, dass es endlich zu Ende ist …«
Nein, will ich nicht!
»Merk dir das, wenn du mich verlässt. Du wolltest es so. Nicht ich.«
Ich will es stoppen, glaub mir, ich will das alles nicht! Aber er erwiderte nichts, denn alles, was er ihr in diesem Moment gesagt hätte, wäre falsch gewesen, und hätte sie wankelmütig werden lassen. Luc wusste, dass es das Beste für sie war, wenn er ging und so biss er die Zähne zusammen, um sie nicht noch im letzten Moment davon abzubringen. Sie sollte frei sein. Frei und glücklich.
»Ich wünsche mir, dass du mich küsst, Luc.« Sie schloss die Augen.
Der Wunsch zog nur sachte an Luc, fast, als wäre er gar nicht laut ausgesprochen worden, aber er kannte den Grund. Es war nicht wirklich ihr Wunsch … Er diente lediglich als schwacher Ersatz für etwas, das er ihr nicht geben konnte, selbst wenn er wollte. Dennoch war er total versessen darauf, ihr nun wenigstens diesen Wunsch zu erfüllen. Auch wenn er dann endgültig Abschied nehmen musste.
Immer noch rannen Tränen aus ihren geschlossenen Augen und ihr Schluchzen schüttelte sie unkontrolliert. Es würde ihn erneut in Stücke reißen, sie nun zu verlassen. Der einzige Trost, sobald er weg war, wären ihre Erinnerung an ihn und somit auch die Trauer, die sie gerade empfand, verschwunden. Es würde ihr also bald besser gehen. Besser, ohne ihn.
Luc rückte noch etwas näher an sie heran und schob sanft seine Hände in ihren Nacken. Dabei gruben sich seine Finger sehnsüchtig in ihr wohlduftendes, seidiges Haar, während er ein letztes Mal auf ihr wunderschönes Gesicht hinabsah. Er zog sie näher an sich und senkte seine Lippen auf ihre. Noch bevor sich ihre Münder berührten, dachte er: Ja, ich will dein Mensch sein.
»Ich liebe dich, Lil … Dein Wunsch ist mir Befehl!«
Als sich ihre Lippen liebkosten, entfuhr ihm ein gequälter Seufzer. Er war bei Weitem nicht auf die Intensität dieser einfachen Berührung gefasst. Nicht auf die Hitze, die Lilith ausstrahlte, nicht auf die Leidenschaft, die in diesem einen, verbotenen Kuss verborgen lag,
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