Liliths Hexentanz
trotz der bulligen Wärme wie vereist vor.
Es war allein der Anblick der fremden Frau, der dafür sorgte. Diese Person war eine Hexe, das spürte Jane mit einer schon tödlichen Sicherheit. Es steckte einfach in ihr und auch in der anderen Person. Bei Jane nicht so stark, bei der anderen wohl, wo die Kräfte nicht unbedingt latent vorhanden waren.
Sie schwieg, und beide Frauen schauten sich an. Jane suchte das Gesicht der anderen danach ab, ob ihr irgend etwas bekannt vorkam.
Sosehr sie auch überlegte, es fiel ihr nichts ein.
Vom Alter her mochte die Frau etwa fünfunddreißig sein. Sie hatte ein frauliches, fast hübsches Gesicht, in dem die fleischigen Wangen und der breite Mund deutlich auffielen. Ihre Augen waren dunkel, die Nase zeigte nach oben hin, und das schwarze Haar mit den hennaroten Strähnen fiel an den Seiten herab und hob sich deutlich von der blassen Haut ab.
Unter dem Mantel trug diese Person einen dunkelroten Pullover und eine schwarze Stoffhose. Die Füße steckten in flachen Schuhen, mit denen sie auch über den Strand gehen konnte.
Der Kontakt war da, den spürte Jane Collins sehr genau, obwohl zwischen den beiden Frauen noch kein Wort gesprochen worden war.
Über Janes Haut rieselte ein Schauer. Sie hatte Mühe, stillzusitzen.
Jane erkannte nun, daß die andere Person Wasser getrunken hatte. Das Glas und die Flasche standen dicht beisammen. Neben ihnen hatte sie die rechte Hand flach auf den Tisch gelegt. Sie war schlank, mit sehr langen Fingern und beinahe krallenartigen Nägeln.
Eine normale Frau und trotzdem eine andere.
Jane atmete durch die Nase ein, als ihr die Person zunickte. Auch sie hatte die gewisse Verwandtschaft zwischen den beiden festgestellt, und dann hörte Jane die erste Frage. »Kommst du zu mir, oder soll ich zu dir kommen?«
Die Vertraulichkeit zwischen ihnen gefiel Jane nicht. Sie akzeptierte allerdings, daß sich Hexen untereinander nicht gerade siezten, obwohl sie sich nicht mehr in diesen Kreis eingebunden fühlte. Doch das winzige Flämmchen brannte noch immer »Was willst du?«
»Mit dir reden.«
»Du hast gewußt, daß ich komme?«
Die andere nickte. »Ja, ich habe dich sogar erwartet.«
Jane schickte ihr ein knappes Lächeln. »Das kann nur jemand gewesen sein, der genau Bescheid weiß. Ich nehme an, daß du mich angerufen hast.«
»Kann sein.«
»Komm zu mir.«
Die Frau lächelte. Glas und Flasche waren leer. Sie raffte ihren Mantel zusammen, damit er sie beim Aufstehen nicht störte, und sie ging auf Janes Tisch zu.
Links neben ihr nahm sie Platz. Jane konnte sie jetzt sogar riechen. Die Frau stank nicht nach Teer oder irgendwelchen Schwefelgasen, sie roch völlig normal, auch wenn Jane dieses doch schwere Parfüm nicht so gefiel. Es kam ihr vor, als sollte es einen anderen Geruch überlagern. So nahe aufgenommen, raubte es ihr beinahe den Atem.
»Da du mich kennst, möchte ich fragen, ob du ebenfalls einen Namen hast.«
»Sicher.«
»Wie heißt du?«
Die Frau schaute sich um. Es war niemand in der Nähe, der sie hätte hören können. »Ich heiße Edna Fleming.«
»Aha«, erwiderte Jane. Der Name sagte ihr nichts. Sie hatte ihn noch nie gehört. »Und was willst du von mir?«
»Das kannst du dir doch sicherlich denken.«
»Schon.« Jane ging auf Distanz. »Bevor wir überhaupt anfangen zu reden, möchte ich dir sagen, daß wir auf zwei verschiedenen Seiten stehen. Solltest du dir eine Chance ausrechnen, mich umdrehen zu wollen, dann hast du dich geirrt.«
»Ich weiß es.«
»Schon besser.« Jane nickte und fragte dann: »Raus mit der Sprache, was willst du von mir?«
Edna blickte ihr ins Gesicht. Sie sah in die dunklen Augen, die wie geschliffenes Gas glitzerten. »Deine Hilfe oder Unterstützung wollen wir haben. Nicht mehr und nicht weniger.«
»Ha.« Jane lachte leise. »Es reicht schon. Ich soll euch helfen, unterstützen, und dabei hast du in der Mehrzahl gesprochen. Für mich stellt sich die Frage, wer dahintersteckt? Du bist doch nicht aus eigenem Antrieb hier erschienen.«
»Stimmt. Warum ist das für dich wichtig?«
»Auch wenn wir nie in dem Sinne Partner werden können, aber ich weiß gern, mit wem ich arbeite. Das ist legitim, wie ich finde.«
Edna Fleming wechselte das Thema, und ihr Gesicht zeigte dabei einen verkniffenen Ausdruck. »Du bist auf dem Boot gewesen, Jane, das weiß ich genau.«
»Stimmt.«
»Dann hast du alles gesehen?«
Jane drehte die Tasse auf der Untertasse und sprach in das schabende Geräusch
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