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Liliths Kinder

Liliths Kinder

Titel: Liliths Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Ende des Rituals nur eines noch auf ihn warten würde - der Tod. Unausweichlich.
    Der Weg dorthin jedoch, und auch darüber ergab sich der alte Mann keinerlei falscher Hoffnung, würde lang sein, und nur Qual und Angst würden ihn begleiten.
    * 
    Als Lilith Eden die Hütte Bonampaks und Selvas verlassen hatte, war die nächtliche Sonne schon zur Hälfte hinter dem Horizont verschwunden gewesen. Schatten hatten das schwindende und ohnedies stets düstere Tageslicht durchsetzt.
    Nächtliche Sonne...
    Merkwürdig war ihr diese Wortschöpfung anfangs erschienen. Inzwischen aber empfand Lilith den Begriff als durchaus passend. Der magische Schirm filterte das Licht der Sonne, die am Himmel der Außenwelt ihre Bahn zog, so daß in Mayab der Tag zur Dämmerung verkam. Von hier aus besehen war die Sonne nicht mehr als ein verwaschenes Rund, dessen Licht nicht einmal genügend Kraft besaß, um die Farben in Mayab leuchten zu lassen. Daß innerhalb der Grenzen dennoch pflanzliches Leben gedeihen konnte, kam einem Wunder gleich; und nicht weniger war es wohl - Magie eben.
    Nun, da Lilith den Wall fast erreicht hatte, der die Hermetische Stadt als Ring umschloß, war die nächtliche Sonne vollends verschwunden. Samtenes Dunkel lag über Mayab. Liliths nachtsichtige Augen jedoch vermochten das kaum noch nennenswerte Licht zu verwerten, und so sah sie ihre Umgebung zwar nicht wie bei Tage, aber doch deutlich genug, um sich zu orientieren.
    Sie verhielt und sah sich um. Nicht, so gestand sie sich ein, weil es in der Nähe etwas von Interesse zu sehen gegeben hätte, sondern um den entscheidenden Schritt noch ein klein wenig hinauszuzögern - jenen Schritt, der ihr verraten würde, ob sie wie alle anderen hier eine Gefangene Mayabs oder frei in ihren Entscheidungen und Herrin über ihr Tun war.
    Kleine Waldungen, hochstehende Feldpflanzen und Unebenheiten des Geländes schränkten ihr Blickfeld ein. Die Bauten des Tempelbezirks jedoch waren so gewaltig, daß sie selbst über diese Distanz noch auszumachen waren, wenn auch nur als kompakte, lichtschluckende Schattengebilde in der Nacht.
    Wie ausgestorben schienen sie .
    Bislang wurde die neue Ordnung, die Lilith für ihre vampirischen Nachkömmlinge aufgestellt hatte, offenbar befolgt. Allerdings hegte sie die Befürchtung, daß irgendwann der Punkt erreicht sein würde, da sich die einstigen Tyrannen der Hermetischen Stadt nicht länger bezähmen ließen. Und dann?
    Lilith vertrieb den Gedanken. Sie würde ihn weiterverfolgen, wenn es an der Zeit dafür war. So vieles war in Fluß geraten, daß sie unmöglich jede Entwicklung vorhersehen und entsprechend steuern konnte. Sie mußte die Dinge einfach auf sich zukommen lassen, um erst dann zu reagieren - und sie mußte dabei auf ihr Glück und Geschick vertrauen. Damit war sie in den wenigen Tagen seit Landrus Verschwinden nicht schlecht gefahren, und so würde es hoffentlich bleiben.
    Mit leisem Seufzen wandte Lilith sich um und wieder dem hochaufragenden Erdwall zu, der Mayab wie im Würgegriff hielt. Dabei war er nicht einmal die wahre Grenze der isolierten Stadt. Die eigentliche Barriere, die magische Wand also, verlief auf dem Kamm dieses Erdwalls, von dem kein Mensch mehr wußte, wer ihn einst aufgeschüttet hatte.
    Am Fuße des Walls blieb Lilith noch einmal stehen und sah hinauf. Das Ende des steilaufragenden Hanges verlor sich selbst für ihre Augen in Dunkelheit, als verschmelze es dort oben mit dem Nachthimmel.
    Dann begann sie mit dem mühevollen Aufstieg. Bald schon kam sie nur noch auf allen vieren voran. Stellenweise gab das Erdreich unter ihr nach, so daß sie zurückrutschte. Immer tiefer stieß sie Finger und Fußspitzen hinein, um halbwegs festen Halt zu finden.
    Sie hatte die Hälfte des Hanges noch nicht erklommen, als ihre da-hintreibenden Gedanken einen Punkt erreichten, an dem sich die Frage nach dem Warum stellte. Lilith merkte, wie sich in ihr der Wunsch formulierte, das Vorhaben aufzugeben. Weshalb sollte sie das Schicksal herausfordern?
    »Gewißheit«, knirschte sie wie im Selbstgespräch. »Ich will es wissen!«
    Um sich abzulenken, reflektierte Lilith, was sie bislang über die magische Grenze Mayabs in Erfahrung gebracht hatte, in Gesprächen mit den Menschen und vor allem mit Chiquel, einem ihrer vampirischen Söhne, der ihr ans Herz gewachsen war, weil Landru ihm übelst mitgespielt hatte .
    Die Menschen glaubten, jenseits des Walls läge ein Paradies, zu dem ihnen der Zugang verwehrt war. Versuche

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