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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Stirling übertrieben hatte. Aber er hatte nicht übertrieben. Spiridon Kallimachos war, wie man so sagt, ein Bild für Götter. Vorausgesetzt, man stellte sich Götter spleenig vor.
    Steinbeck hatte schon eine Menge komischer Detektive gesehen, zumindest von ihnen gehört. Da war zum Beispiel dieser einarmige Chinese, der jetzt zurück in Wien war. Und selbstverständlich tauchten im wirklichen wie im fiktiven Leben immer wieder blinde oder gelähmte Privatermittler auf, Leute mit diversen Neurosen und Unarten. Leute, die dauernd Schokolade aßen, sich unentwegt die Hände wuschen oder dreimal am Tag an Selbstmord dachten. Im billigsten Fall waren sie Säufer oder fuhren wie die Sau.
    Aber dieser Mann hier war wirklich das Höchste. Er schleppte sich die Straße hinunter, ein dickes, wäßriges, quasi überschwemmtes Bein langsam vor das andere setzend, während seine Hände die Griffe seines Stützwagens fest umklammerten. Man meinte das Wasser in den Beinen zu hören, wie es beim Gehen gegen die Innenwände klatschte.
    Der Koloß hielt seine kurzen Arme äußerst gerade, während die Masse des Oberkörpers leicht nach vorn gebeugt war. Er war unglaublich fett. Hundertdreißig Kilo schien eine schlechte Schätzung. Aber war dieser Mann darum auch ein Freak? Ein griechischer Divine? Nun, das war er nicht, wie Steinbeck noch feststellen würde.
    Immerhin aber steckte er in einer von Hosenträgern gehaltenen Hose, welche die logische Form einer Eistüte besaß. Der Kopf oberhalb des weißen Hemds war halslos, zur Gänze haarlos und verfügte über eins dieser verwaschenen Gesichter, wie man sie hin und wieder auf Planeten oder Monden zu erkennen meint. Sensation: Gesicht auf Kallimachos entdeckt.
    Im Mund steckte eine Zigarette. Der Rauch strömte rechts und links davon ins Freie. Es dauerte eine Ewigkeit, bis der dicke Mann den kurzen Weg absolviert hatte, der aus seiner Wohnung zu der Taverne führte, in deren Gastgarten man sich verabredet hatte. Und es dauerte eine Ewigkeit, bis er keuchend und schwitzend auf einem Stuhl Platz genommen hatte. Sofort zündete er sich eine neue Zigarette an und inhalierte mit Erleichterung. Er betrachtete Lilli aus blutunterlaufenen, wie von Mücken zerstochenen Augen, blickte dann zu Stirling und sagte etwas, das sich anhörte, als würde jemand ein zehnstrophiges Gedicht zu zwei Wörtern komprimiert aus sich herauspressen. Sehr dicht, sehr schwer, aber kein Gedicht mehr. Stirling antwortete in seinem bedächtigen Griechisch.
    Und dann tat der kranke, dicke Mann etwas, womit Lilli Steinbeck nun wirklich nicht gerechnet hatte. Er legte seine Zigarette in die Rille des Aschenbechers, erhob sich unter sichtbaren Qualen, verharrte einen Moment lang in der Art eines an der Klippe unsicher gewordenen Pinguins, stützte sich auf den Tisch auf, ließ sich ein wenig vorfallen, nahm Steinbecks Hand und küßte sie in der korrekten Art einer nur beinahe erfolgten Berührung. Nahe genug, um seinen warmen Atem auf den Handrücken zu blasen.
    »Oh!« entglitt es der solcherart Begrüßten.
    »Es wäre mir eine Freude«, sagte Kallimachos in einem Deutsch, das ganz ohne Stützwägelchen auskam, »für Sie arbeiten zu dürfen.«
    »Herr Stirling hat Sie mir empfohlen«, rechtfertigte sich Steinbeck.
    Kallimachos lächelte mit einem Mund, der lippenlos schien. Ein Strich in der Landschaft, wie man so sagt.
    Gleichzeitig mit dem erneuten und erneut schwerfälligen Platznehmen des Detektivs, erhob sich Stirling und reichte Steinbeck eine Karte, auf welcher er seine Adresse notiert hatte. Dazu erklärte er: »Wenn Sie wollen, können Sie weiter bei uns wohnen.«
    »Gerne«, sagte Steinbeck. Sie war froh darum, Stirling nicht aus den Augen zu verlieren. Aus vielerlei Gründen. Und das galt umgekehrt natürlich genauso.
    Der junge Polizist schenkte Steinbeck eine kleine Verbeugung, berührte flüchtig den Rücken des fettleibigen Detektivs und begab sich zu seinem um die Ecke geparkten Wagen.
    Kallimachos zog seine Hosenbeine ein wenig in die Höhe, bewegte seinen Kopf hin und her, als öle er ein Getriebe, und sagte dann: »Ich hörte, Sie mußten sich heute nacht mit einer Fledermaus herumärgern.«
    Steinbeck berichtete von dem Fisch an der Fledermaus.
    »Haben Sie Pfeffer gerochen?« fragte der dicke Mann.
    »Wie bitte?«
    »Pfeffer«, wiederholte Kallimachos.
    Steinbecks Augen verengten sich. Stimmt! Da war etwas wie Pfeffer gewesen.
    »Bevor ich in den Fisch beißen konnte«, erzählte sie, »hat

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