Lilly Höschen (01): Walpurgismord
nur eine Bagatelle ist.«
Nun mussten beide unweigerlich lachen.
»Herr Besserdich, dann wäre erstmal alles klar mit den Verträgen. Ich melde mich in den nächsten Tagen mit Nachschub. Und noch eines: Richten Sie sich bitte darauf ein, dass Sie demnächst mit mir nach Kanada fliegen. Wir sollten da mit unserem kanadischen Anwalt ein paar Dinge besprechen. Außerdem will ich dort eine Schürfstelle in Augenschein nehmen. Es ist immer besser, mal an Ort und Stelle aufzutauchen und zu sehen, was los ist. Sonst meinen die Betreiber, sie könnten einem Märchen erzählen.«
»Oh. Und wohin geht es in Kanada?«
»Der Anwalt sitzt in Winnipeg. Und die Schürfstelle liegt etwa tausend Kilometer nördlich davon in der Wildnis. Aber es gibt einen Flugplatz in einem Kaff namens Thompson. Von dort aus geht es mit dem Hubschrauber weiter. Aber wir halten uns nur einen Tag dort auf. Die ganze Reise nach Kanada nimmt vielleicht drei, vier Tage in Anspruch. Ich melde mich rechtzeitig, damit Sie alles mit Ihren sonstigen Terminen unter einen Hut kriegen.«
»Gut. Das werden wir schon schaukeln. Ja, wenn Sie jetzt weiter nichts haben, würde ich mich gern verabschieden. Ich fahre gleich weiter nach Lautenthal. Meine Großtante kommt heute aus dem Urlaub zurück. Dann habe ich noch etwas Zeit, um ein Begrüßungsessen vorzubereiten.«
»Na, das ist ja prima. So einen Neffen würde ich mir auch wünschen.«
Die Männer erhoben sich, reichten sich die Hand und Herr Wiebe brachte Amadeus zur Tür und sagte zum Abschied:
»Vielen Dank, dass alles so schnell geklappt hat. Wir sehen uns.«
Lautenthal, 6. September 2010
»Eigentlich müsstest du ja richtig erschöpft sein, Tante Lilly. Das war ja die reinste Odyssee«, sagte Amadeus, als er den Nudelauflauf servierte.
»Es war viel zu aufregend, um erschöpft zu sein. Ich hoffe, dass du nicht böse bist, weil ich Marie überredet habe, noch in der Schweiz zu bleiben. Aber sie ist da einfach sicherer. Solange der Unhold noch nicht gefasst ist, wird sie sich hier nicht wohlfühlen.«
»Da hast du bestimmt Recht.«
Lilly war mit Marie vor zwei Wochen nach Zürich geflogen, hatte sich dort ein Auto gemietet und verschiedene Orte in der Schweiz aufgesucht. Vor zwei Tagen waren sie dann wieder nach Zürich gefahren, weil Lilly etwas bei einer Bank zu erledigen hatte. Und während Marie nach Genf weiterreiste, fuhr Lilly mit dem Wagen nach Frankreich und von dort nach Karlsruhe. Dort gab sie den Mietwagen ab und nahm den Zug in den Harz.
»Und mit deinen Geschäften hat alles geklappt?« fragte Amadeus grinsend.
»Genau so, wie ich es mir vorgenommen hatte. Keine Kontrollen an den Grenzen. Jetzt muss ich nur überlegen, was ich mit dem Zaster anfange. Am besten, ich frage Klaus. Jedenfalls habe ich Marie gleich etwas gegeben, damit sie sich noch eine schöne Zeit machen kann. Ich kann mir das ja leisten, jetzt, wo ich eine reiche Frau bin.«
»Das warst du auch schon vorher. Nur, jetzt hast du das Geld in bar. Das ist natürlich nicht ungefährlich. Vielleicht zahlst du immer mal kleinere Beträge ein. Aber miete dir doch einfach ein Bankfach. Da wird es dir zumindest nicht gestohlen.«
»Ja, das ist eine gute Idee.«
Goslar, 7. September 2010
»Vielen Dank, Herr Gutbrodt. Das ist interessant. Ich werde sofort checken, auf wen das Auto damals zugelassen war. Ich melde mich wieder bei Ihnen.«
Kommissar Schneider legte den Hörer auf und sah Gisela an:
»Kaum zu glauben, was es für Sachen gibt. Herr Gutbrodt hat vor zwanzig Jahren eine Autonummer aufgeschrieben, als er Georg und Miriam Besserdich im Moor gesucht hat. Der Wagen parkte auf dem Waldparkplatz, wo zuvor das Auto der Besserdichs stand. Und jetzt kommt es: Er hat das zwanzig Jahre alte Notizbuch wiedergefunden. Und nun das Beste: Es handelt sich um eine Würzburger Nummer.«
Gisela Berger nahm ihrem Chef den Zettel aus der Hand und ging ans Telefon. Nach einer Weile legte sie auf und sagte:
»Der Wagen war damals zugelassen auf den Namen Leutkamp Immobilien in Würzburg.«
Schneider haute auf den Tisch und war selbst erschrocken über seinen Gefühlsausbruch:
»Das ist doch nicht zu fassen! Wir sind auf der richtigen Spur. Verdammt noch mal, wann finden wir den Kerl endlich?«
Gisela nahm das Telefon und wählte eine amerikanische Nummer, obwohl es dort fünf Uhr am Morgen war.
Etwa zur selben Zeit telefonierte Herr Wiebe mit Amadeus:
»Herr Besserdich, ich habe ein Attentat auf Sie vor. Es brennt in
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