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Lilly unter den Linden

Lilly unter den Linden

Titel: Lilly unter den Linden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne C. Voorhoeve
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nicht wie ein Einbrecher aus, aber ich wusste sofort, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte.
    Till und ich hatten am Wohnzimmertisch Rummikub gespielt, das ich im Rucksack mitgeschleppt hatte. Rummikub war mein Lieblingsspiel, ich spielte es sogar allein, aber mit Till machte es wesentlich mehr Spaß. Er hatte die Regeln sofort kapiert und ich hatte richtig Mühe zu gewinnen. Als es an der Tür klingelte, war er in seinen nächsten Spielzug so vertieft, dass er die Störung gar nicht zu bemerken schien. So kam es, dass ich aufstand, um die Tür zu öffnen.
    Der unbekannte Besucher kannte sich aus, er ging zielstrebig in die Küche und von dort ins Wohnzimmer … und die Rummisteine waren verschwunden! Durch die halb offene Tür sah ich, dass der Wohnzimmertisch leer war, als ob wir nicht eine Minute zuvor noch dort gesessen hätten! Till schlüpfte durch die zweite Wohnzimmertür in den Flur und flüsterte mir aufgeregt zu: »Ich hole Mama!« Dann hatte er auch schon seine Jacke vom Haken geangelt und war lautlos verschwunden.
    Mein Herz schlug bis zum Hals, als ich ins Wohnzimmer ging. Der Unbekannte saß bereits im Sessel, als gehörte er dort hinein, und sah mich freundlich und fragend an.
    »Lena und Onkel Rolf arbeiten«, hörte ich mich sagen und bekam auf der Stelle einen heißen Schreck. Genau diese Worte, so hatte man mir seit dem Kindergarten eingebläut, waren der erste Schritt zu ungehindertem Diebstahl, Entführung und noch Schlimmerem durch fremde Männer! Meine Wangen wurden abwechselnd rot und weiß, während ich mich auf die äußerste Sofalehne setzte und arglos dreinzublicken versuchte.
    Aber in meinem Kopf arbeitete es fieberhaft. Wie lange konnte es dauern, bis Till mit Lena wiederkam? Hätte er nicht besser die Polizei verständigt? Wer war der Mann überhaupt und woher kannte er mich?
    »Rita Engelharts kleine Tochter!«, sagte er und musterte mich wohlwollend. »Weißt du, dass ich deine Mutter von so klein auf kannte?«
    Er zeigte mit der Hand eine Höhe von etwa 40 Zentimetern über dem Boden, was ich für etwas übertrieben hielt, und fügte hinzu: »Es hat mir furchtbar Leid getan, als ich hörte, dass sie gestorben ist. Ja, ich bin eigentlich nur gekommen, um dir mein Beileid auszusprechen. Und ich wollte dir sagen, dass ich wirklich froh bin, dass ich dir helfen konnte – zumindest vorübergehend.«
    Klick, machte es in meinem Kopf. »Bernd?«, fragte ich und alle Besorgnis fiel von mir ab. Ich konnte nicht anders, ich begann übers ganze Gesicht zu strahlen.
    Es war wie die Begegnung mit Frau Giehse: Hier traf ich auf Menschen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, aber dennoch schon kannte – und dieser hier wäre immerhin beinahe mein Onkel geworden! Nicht, dass mir Onkel Rolf nicht bereits ans Herz gewachsen war … aber ich war regelrecht entzückt, Bernd Hillmer kennen zu lernen, den meine Mutter so sehr gemocht und von dem ich geglaubt hatte, er habe sich im Streit von meiner Familie getrennt. Beinahe hätte ich ihn gefragt, ob er wieder Bücher las und was er in letzter Zeit erfunden hatte! Er war ein großer sportlicher Mann in lässigem Wollpullover, hatte ein freundliches offenes Gesicht und wirkte zehn Jahre jünger als Onkel Rolf, obwohl sie im selben Alter sein mussten. Ich konnte auf Anhieb gut verstehen, dass Lena einmal in ihn verliebt gewesen war.
    Bernd Hillmer, bei seinem Namen angeredet, schlug erfreut auf die Sessellehne und lachte. »Entschuldige, ich dringe hier einfach so ein …! Natürlich bin ich’s: Bernd Hillmer, Notrufzentrale für ausgerissene oder sonst wie verschwundene Kinder der Familien Wollmann und Engelhart!«
    Diese Bemerkung verstand ich nicht so ganz, aber er redete schon weiter: »Schöne Aufregung, nicht wahr? Bloß weil du bei deiner Familie sein willst, womit du – unter uns gesagt – Recht hast. Das sind feine Leute, Lena und Rolf … ja, selbst der alte Rolf, wenn ich das auch ungern zugebe.«
    Ich musste unwillkürlich lachen. »Ich weiß, dass Sie und Lena mal was miteinander hatten«, verriet ich.
    Diese Mitteilung erheiterte Bernd sichtlich. »Hat sie das etwa zugegeben?«, fragte er. »Tja, gegen die geballte Macht der Literatur kam ich natürlich nicht an. Was meinst du, sind sie glücklich?«
    »Sehr«, sagte ich. »Sieht jedenfalls so aus«, schränkte ich ein.
    Ich war selbst erstaunt, dass ich das hinzusetzte – dass Lena und Onkel Rolf glücklich miteinander waren, konnte ein Blinder sehen. Aber Bernd Hillmer

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