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Lillys Weg

Lillys Weg

Titel: Lillys Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate E. Daimler
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dass alles wieder gut werden konnte. Oskar sah sie so liebevoll und zärtlich an, und als er sie zum Abschied auf den Mund küssen wollte, drehte Lilly nur noch pro forma den Kopf weg.
    Sie kochte Spaghetti mit Tomatensoße und ließ sich von den Kindern, die glücklich und müde aussahen, von ihrem Tag erzählen. Es ging um die Tiere im Zoo, um eine Nachspeise mit Vanillepudding und heißen Himbeeren, um ein Kind, das einen Affen mit einem Stock geärgert hatte. „Und dann, stell dir vor, Mama, hat der Elefant seinen Rüssel ganz nahe zu Sybilles Hand gestreckt.“
    Lilly ließ den Schöpfer fallen und die Tomatensoße spritzte über den ganzen Tisch. Sie waren den ganzen Tag mit Sybille unterwegs gewesen! Er traf sie weiter, als ob nichts vorgefallen wäre. Lilly wartete, bis die Kinder schliefen, dann griff sie zum Hörer und rief Oskar in seinem Hotel an. Er war gerade angekommen und freute sich: „Mein Lieb, wie schön, dass du dich meldest.“
    â€žNenn mich nie mehr mein Lieb, und merk dir eines: Wenn du noch einmal unsere Kinder gemeinsam mit Sybille betreust, dann lasse ich mich sofort scheiden. Die beiden haben ein Recht auf ihre Eltern, aber kein Recht auf eine neue Zweitfamilie.“
    Sie legte mit zittrigen Händen auf, schenkte sich einen Whisky ein und saß dann lange im Dunkeln auf dem Sofa.
    Oskar reiste viel in den nächsten Wochen, und wenn er zurückkam und die Kinder schliefen, stritten sie sich am Küchentisch. Er wollte und konnte Sybille nicht aufgeben und versicherte seiner Frau gleichzeitig, dass er sie liebe und nie verlassen könne.
    Nach außen war alles wie immer. Lilly begleitete ihren Mann zu gesellschaftlichen Verpflichtungen, zeigte sich demonstrativ bei Events mit ihm, speziell dann, wenn es eine Chance gab, dass Sybille sie am nächsten Tag in der Zeitung als „Prominente“ abgebildet sah, und frühstückte, wenn Oskar in Wien war, mit ihm und den Kindern gemeinsam. Sie lebte zwischen Verzweiflung, Wut und Hoffnung und bemühte sich, trotz ihrer Gefühlsschwankungen eine gute Mutter und gute Journalistin zu sein. Der „Fall Esmeralda“ war ganz aus ihrem Blickfeld verschwunden, ein kleiner Punkt am Horizont, dem sie sich nicht mehr widmen wollte.
    Die Wende kam, als Lilly Volker Korbei besuchte, ihren Gynäkologen, der gleichzeitig ihr Experte zum Thema „Sanfte Geburt“ und Krankenhausreformen war. Ihre gemeinsame Reportage „Das kranke Haus“ hatte für großes Aufsehen gesorgt. Die beiden kannten einander seit Lillys erster Schwangerschaft und waren längst Freunde geworden, auch wenn sie sich nur selten sahen.
    â€žLilly, du bist viel zu dünn geworden, ich mache mir Sorgen um dich.“ Sie sah an sich herunter und bemerkte, dass ihre Kleider viel zu weit waren. Sie gehörte zu der Gruppe von Menschen, denen der Appetit verging, wenn sie Kummer hatten. Ralf, der fraß, wenn er in Schwierigkeiten geriet, beneidete sie darum. Außerdem hatte sie die zweite Nierenbeckenentzündung innerhalb weniger Wochen hinter sich. „Niere bedeutet Beziehung, hast du Probleme mit Oskar?“
    Als Lilly nach zwei Stunden von Volker wegging, war ihr klar, dass die Zeit, in der sie mit ihrem Mann eine Wohnung teilen konnte, vorbei war. Sie ging nach Hause und sagte Tilde, dass sie sie heute nicht mehr brauchen würde. Sie kochte den Kindern eine ihrer Lieblingsspeisen, Polenta mit Tomatensoße, und brachte sie früh ins Bett.
    Oskar kam spät und roch nach Wirtshaus. Sie hatte ihn gebeten, mit Sybille Restaurants zu meiden, die sie als „Wohnzimmer“ benützte, und war sich nicht sicher, ob er sich daran hielt. Zu den Tabuzonen gehörten Oswald & Kalb , das Lefteris und ihre Lieblingsbar, der Gläserne Elefant .
    Lilly war überrascht, wie leicht sie sich nach all den Wochen der Qual plötzlich fühlte. Die Erkenntnis, dass ihr Zusammen­leben zu Ende war, dass der Kuchenesser gewonnen hatte, machte sie fast heiter.
    Sie sah ihm zu, wie er die Schuhe auszog. Sie waren dunkelbraun und handgemacht. Er stellte sie ordentlich nebeneinander, sie bildeten einen krassen Gegensatz zum Schuhsalat, den Lilly und die Kinder immer anrichteten. Sie hatten unterschiedliche Vorstellungen von Ordnung, und es gab Inseln, wo das Chaos­prinzip immer wieder neu siegte. Sie schickte die leise Wehmut, die wie ein Windhauch kam, gleich wieder weg:

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