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Lillys Weg

Lillys Weg

Titel: Lillys Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate E. Daimler
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macht sich ein gutes Leben. Und ich sitze hier in meinem Grau, weil er ein anderes Aroma, einen anderen Duft braucht!“
    Ralf, der Oskar noch nie verteidigt hatte, erhob Einspruch: „Jetzt bist du ungerecht, Lilly! Glaubst du wirklich, dass es angenehm ist, zwischen zwei Frauen zu stehen? Glaubst du wirklich, dass er sich und dich freiwillig in so eine Klemme gebracht hat? Die Liebe ist ein unzähmbares Wesen. Sie fragt nicht immer, ob der Platz noch frei ist, auf den sie sich setzt.“
    â€žUnd was ist mit mir?“
    â€žDu verantwortest deinen Umgang mit der Situation. Dein Warten auf ihn und dein Leid gehören dir, auch wenn es grausam klingt.“
    Eine Woche später bat Oskar sie, mit ihm zu Abend zu essen. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, und im Schlafzimmer lagen auf dem Bett die Kleiderberge, die sie sich immer wieder vom Leib gerissen hatte. Sie schwankte zwischen kühl, sexy, mütterlich und weiblich und fragte letztendlich Tilde, obwohl das vollkommen absurd war. Tildes Garderobe war solide und musste außer einer langen Lebenserwartung wenig andere Kriterien erfüllen. Als sie das Haus verließ, trug sie ein rotes Kleid aus Seide, das ihre Figur betonte, und Ohrringe mit weißen Perlen, die Oskar ihr zur Geburt von Niklas geschenkt hatte.
    Er war schon da, als sie den neuen Italiener in der Innenstadt, von dem alle schwärmten, betrat. Lilly wappnete sich gegen seinen Charme und nahm sich vor, auf jeden Fall kühl zu reagieren. Sie sprachen über die Kinder, sie sprachen über die Arbeit, und sie erfuhr einmal mehr, dass er sich bedeckt hielt, sobald sie nach der Esmeralda fragte: „Erspar mir die Details, ich möchte dich da nicht hineinziehen. Paolo hat die Lage im Griff.“
    Als Oskar endlich zur Sache kam, hatte Lilly sich schon wieder an die Vertrautheit zwischen ihnen gewöhnt und überließ ihm ihre Hand, als er die seine mit einer bittenden Geste nach ihrer ausstreckte. Er nahm sie so zärtlich, dass in ihr die Hoffnung wuchs, er könnte sie um Verzeihung bitten und ihr seine Liebe gestehen.
    â€žLass uns bitte noch einmal über Weihnachten reden. Ich kann meine Mutter nicht alleine lassen, und ich verstehe auch, dass du nicht mit mir nach Salzburg fahren willst. Aber erlaube um der Kinder willen, dass sie zu uns nach Wien kommt. Nur für diesen einen Abend.“
    Lilly stand auf, rannte auf die Toilette und sah ihr kreidebleiches Gesicht im Spiegel. Es war, als hätte Oskar ihr mitten ins Gesicht geschlagen. Das war alles, was er von ihr wollte? Ein bequemes Arrangement für die Feiertage? Dann dachte sie an Lea und Niklas. Sie sah sich mit den beiden alleine unterm Baum sitzen, spürte ihre Enttäuschung und Trauer und merkte, wie sie die Kraft verließ. Sie setzte sich auf die Klomuschel, schloss die Tür hinter sich und überließ sich für eine Weile der Agonie. Dann stand sie entschlossen auf. Es gab keine gute Lösung für sie. Aber es gab eine gute Lösung für die beiden Kinder.
    Sie kehrte in den Speiseraum zurück. Oskar sah ihr besorgt entgegen. Sie ließ ihm keine Chance, eine Frage zu stellen.
    â€žIch stimme zu“, sagte sie mit kalter Stimme, drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Lokal.
    Es wurde das grauenvollste Weihnachten ihres Lebens. Zwei Erwachsene erstickten fast an ihrem Bemühen, „normal“ zu sein, und zwei Kinder trugen die Last, die verlogene Inszenierung zu ihrem Wohle zu genießen.
    Dazwischen benahm sich ihre Schwiegermutter, die die versteckten Spannungen spürte, noch auffälliger als gewöhnlich. Lilly hatte Forellen gekauft, weil Clarissa gewöhnt war, am Heiligen Abend Fisch zu essen, und überhörte die Bemerkung, dass die Forellen vom Ledererbauer in Salzburg, der sie aus einem Bergbach fischte, besser waren. Sie ignorierte, dass sie viel zu laut sprach und Lilly ständig aufforderte, mit ihrem Mann nicht so leise zu flüstern. Sie nahm hin, dass ihr strafender Blick nur sie traf, als Lea in die offene Butterdose griff und grinsend ihren kleinen Handabdruck auf der Butter hinterließ. Oskar wurde wie immer geschont. Wenn die Kinder nicht „brav“ waren, gehörten sie der Mutter. Erst als Niklas, der bisher ruhig am Tisch gesessen war, seinen kleinen Pimmel aus der Hose holte und Clarissa sagte: „Kannst du deine Kinder nicht erziehen?“, platzte ihr der Kragen: „Das kann er nur von seinem Vater

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