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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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die
Schultern. »Das ist nicht deine Sache«, erwiderte sie spitz. Caleb tippte mit
dem Zeigefinger an seinen Hut, und Lily hatte den Eindruck, als müßte er ein
Lächeln unterdrücken. »Ich würde es gern dazu machen, aber du willst ja
unbedingt weiter in Sünde leben.«
    Lily mußte sich sehr beherrschen, um
ihn nicht zu schlagen. Wortlos klatschte sie Dancer die Zügel auf den Rücken
und fuhr an. Erst auf halbem Weg nach Tylerville wich die Röte aus ihren
Wangen.
    In der Stadt ging sie unverzüglich
zum Warenhaus und bat den Geschäftsinhaber, nach Spokane zu telegrafieren und
zu veranlassen, daß ihr restliches Geld nach Tylerville überwiesen wurde. Die
Bank telegrafierte prompt zurück, daß das Geld mit der nächsten Post eintreffen
würde.
    Da der Händler dies alles
mitbekommen hatte, gab er Lily bereitwillig Kredit. Sie kaufte hauptsächlich
Lebensmittel – Bohnen, getrocknetes Schweinefleisch, Gemüsekonserven, Zucker,
Mehl und Kaffee – weil sie das alles mühelos im Buggy transportieren konnte.
    Obwohl sie Caleb an diesem Tag
wirklich nicht die freundlichsten Gefühle entgegenbrachte, kaufte sie trotzdem
eine Pfeife und einen Beutel Tabak für ihn. Sie sagte sich, daß sie sich damit
nur für seine Geschenke revanchieren wollte, um nicht länger in seiner Schuld
zu stehen.
    Sie schloß gerade ihren für sie
wichtigsten Kauf ab – eine Kiste mit zwei Dutzend zirpenden gelben Küken – als
der Händler sich an etwas zu erinnern schien. »Da ist ein Brief für Sie, Miss
Chalmers. Wir wollten ihn am Montag mit der Postkutsche schicken.«
    Lily riß ihm den Umschlag fast aus
der Hand. Er war in Chicago aufgegeben, aber die Handschrift war nicht die
ihrer Mutter.
    Lily nahm den Brief heraus, überflog
die einleitenden Worte und begann zu lesen: » ... und bedauern, Sie von Mrs.
Harringtons plötzlichem Tod informieren zu müssen. Über den Verbleib
Ihrer Schwestern wissen wir leider nichts, obwohl es natürlich möglich ist, daß
er Ihrer Mutter bekannt war. Mit herzlichen Grüßen und aufrichtigem Beileid ...«
    Lily sank auf einen Stuhl neben dem
großen Kohleofen. Diese neueste Information schien nun endgültig das Ende ihrer
Hoffnungen zu bedeuten. Ihre Mutter war gestorben und hatte ihr Wissen über
Emmas und Carolines Aufenthaltsort mit in den Tod genommen ...
    »Miss Lily?« fragte der
Ladenbesitzer besorgt. »Ist Ihnen nicht gut?«
    Lily nickte und zwang sich,
aufzustehen. »D-doch«, sagte sie. ihren Rock glattstreichend. »Haben Sie
zufällig Post für Mr. Hank Robbins oder Major Caleb Halliday? Wir sind
Nachbarn.«
    Der korpulente Mann schaute in dem
Kasten mit der Post nach und kehrte mit einem Brief für Caleb zurück, der in
Fox Chapel, Pennsylvania, aufgegeben worden war.
    Lily konnte nur an ihre Mutter
denken. War sie ganz allein gestorben, ohne einen geliebten Menschen an ihrer
Seite? Ob sie sehr gelitten haben mochte?
    Doch Kathleen war tot, und mit ihr
waren Lilys Hoffnungen gestorben, ihre Schwestern je wiederzufinden. Es war
dumm und naiv von ihr gewesen, sich einzureden, sie je aufspüren zu können. Es
wurde Zeit, mit dem Träumen aufzuhören und sich mit der harten Realität
abzufinden.
    Sie durfte nicht mehr an ein Leben
denken, das vorbei war, sie mußte sich jetzt auf das neue Leben konzentrieren,
das in ihr wuchs. Lily legte eine Hand auf ihren Bauch und preßte die Lippen
zusammen, um nicht zu weinen. Dann tätigte sie noch einen letzten, sehr
wichtigen Einkauf und ließ das Päckchen in ihre Tasche gleiten.
    Der Händler belud Lilys Buggy, und
in einem etwas benommenen Zustand trat sie die Heimfahrt an.
    Sie hatte keine Mutter mehr.
    Es gelang Lily nicht, die Tatsache
zu verdrängen, und obwohl sie keine übermäßige Trauer empfand, war es nicht
leicht für sie, sich damit abzufinden, daß sie nie wieder die Möglichkeit haben
würde, Kathleen all die Fragen zu stellen, die sie schon seit Jahren quälten.
Anscheinend hatte sie den Soldaten geheiratet, der sie dazu gebracht hatte,
ihre Töchter fortzuschicken. Ob Kathleen glücklich mit ihm gewesen war? Ob sie
Kinder von ihm bekommen haben mochte?
    Tränen rollten über Lilys Wangen:
Sie trockneten im Sonnenschein und Wind. Als sie zu Hause eintraf, war Caleb
nicht mehr da.
    Lily brachte die Küken hinein und
stellte den offenen Kasten neben den Herd, damit die Tiere es warm hatten.
Nachdem sie sie gefüttert und getränkt hatte, schleppte sie die anderen Einkäufe
herein und räumte alles auf.
    Als das erledigt war, nahm

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