Lily und der Major
es noch etwas nutzen
konnte. »Corporal Pierce ist ein Gentleman«, sagte sie steif.
»Und ich nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Kein Gentleman
würde tun, was du eben getan hast.«
»Und keine Dame würde bei der
Vereinigung wie eine Wölfin heulen, wie du es tust.« Lily erwiderte nichts, sie
wollte sich jetzt auf keine Diskussion mit Caleb einlassen. Sie war müde und
etwas entmutigt, was ihm einen unfairen Vorteil eingeräumt hätte. So wandte
sie nur den Blick ab und ließ seine Bemerkung durchgehen.
Doch Caleb legte eine Hand unter ihr
Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Muß ich heute nacht im Zelt schlafen?« erkundigte
er sich leise.
Lily schüttelte den Kopf. »Nein.«
Sie ließen sich Zeit mit dem
Zubettgehen, aber als sie auf der weichen neuen Matratze lagen, knöpfte Caleb
Lilys Hemd auf und streifte es von ihren Schultern. Und schon sehr bald danach
traten sie eine neue Reise zu den Sternen an ...
Als Lily am Morgen erwachte, war
Caleb fort, aber im Herd brannte ein munteres Feuer, und ein Kessel mit heißem
Wasser stand auf der Platte. Lily schlug die Decken zurück und stieg nackt aus
dem Bett, um sich zu waschen und ihre Unterwäsche anzuziehen. Die helle Sonne,
die durch die Fensterritzen schien, erschien ihr wie ein Grund zum Feiern, und
Lily beschloß, ihr schönstes Kleid anzuziehen.
Die ganze nächste Woche über war Lily sehr zufrieden. Sie
arbeitete tagsüber in ihrem Garten und freute sich über die Fortschritte an
ihrem Haus. Abends, wenn Caleb aus dem Fort zurückkam, lasen sie, spielten
Karten oder redeten miteinander, bis es Bettzeit war und sie sich bis zur
völligen Ermattung ihrer kräftigen jungen Körper liebten.
Vielleicht war es das Wissen, daß
diese idyllische Zeit bald vorbei sein würde, was sie Lily so versüßte: Sie gab
sich keinen Illusionen hin, daß Caleb bei ihr bleiben würde. Er versuchte nur,
sie noch stärker an sich zu binden, und benutzte dazu seinen Körper und die
Schwierigkeiten, die ein Siedlerleben mit sich brachte. Aber selbst wenn es
anders gewesen wäre, wenn Caleb sie geheiratet und ihr versprochen hätte, hier
auf ihrem Land zu bleiben, bis er starb, wäre trotzdem eine gewisse Leere in
Lilys Herz geblieben.
Sie wollte und mußte ihre Schwestern
finden. Lilys Drang danach wurde von Tag zu Tag stärker, als drohte Emma und
Caroline eine schreckliche Gefahr, die sie zerstören könnte.
Am Tag, als Lilys Haus fertig war,
traf Calebs Bauholz ein. Daß Caleb überhaupt beabsichtigte, ein Haus zu bauen,
fand Lily einfach lächerlich, und die Tatsache, daß er es direkt im Anschluß an
ihr eigenes errichten wollte, bewies eigentlich nur, wie dreist er war.
Als Lilys Haus eingerichtet war,
beschloß sie, eine Einweihungsparty zu geben. Sie lud Colonel Tibbet und
Gertrude ein, Velvet und Hank, und Wilbur und seine Freunde. Sie hatte ein
große Stück Roastbeef zum Essen vorbereitet, obwohl es geradezu unverschämt
teuer gewesen war, und Hank spielte mit seiner Fiedel zum Tanz auf und machte
später sogar von allen Gästen Fotos. Es wurde ein fröhlicher Abend, es wurde
viel gelacht, geplaudert und getanzt, aber als sich der Abend seinem Ende
zuneigte, nahm Gertrude Lily beiseite und flüsterte: »Das ist ja alles sehr
nett, meine Liebe – aber warum hast du Caleb nicht geheiratet?«
Lily betrachtete wehmütig den
glitzernden Diamantring an ihrem Ringfinger. »Wir sind uns immer noch nicht
einig über bestimmte Dinge.«
Mrs. Tibbet maß Lilys Taille, die in
letzter Zeit verdächtig rund geworden war, mit einem vielsagenden Blick. »Ich
habe das Gefühl, als wäre es die Zukunft, über die ihr euch nicht einigen
könnt. Denn was die Gegenwart betrifft, so scheint ihr keine Probleme zu haben,
oder?«
Lily seufzte. Die Nächte, die sie in
der vergangenen Woche mit Caleb verbracht hatte, waren die schönsten ihres
ganzen Lebens gewesen, und nicht nur ihrer leidenschaftlichen Umarmungen
wegen. Sie hatten sehr viel miteinander geredet, und Lily hatte Caleb ganze
Kapitel aus ihren Lieblingsromanen vorgelesen. Sie hatten Gin-Rommé gespielt,
wobei Lily fast immer der Gewinner war, und sie hatten sehr, sehr viel gelacht.
All das würde sie genauso vermissen, wie ihr Calebs Zärtlichkeiten fehlen
würden, wenn er einmal nicht mehr da war.
Denn sie zweifelte nicht daran, daß
er bald fort sein würde, obwohl er Bauholz bestellt und die Fundamente für ein
geräumiges Haus gelegt hatte.
Mrs. Tibbet berührte Lilys Schulter.
»Ich habe es aufgegeben, dir
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