Lily und der Major
schloß die Tür. Bevor sie jedoch den Riegel vorschieben konnte, kam
Caleb herein. Wütend schleuderte er seinen Hut auf Lilys neues Bett.
»Jetzt bist du auf meinem Land«,
wies Lily ihn zurecht, während sie Schritt für Schritt vor ihm zurückwich.
Calebs Blick fiel auf das Gewehr,
und eine gefährliche Ruhe ersetzte seinen Zorn. »Mein Gewehr«, sagte er
fassungslos. »Ich habe es mir ausgeborgt«, gestand sie.
»Hast du es schon abgefeuert?«
Lily dachte an den großen blauen
Fleck auf ihrem Bauch, wo der Gewehrkolben sie getroffen hatte. Aber das ging
ihn nichts an, und auch nicht, daß der Rückschlag sie auf den Boden beförderte
hatte. »Ja, Sir«, antwortete sie, mit Betonung auf Sir.
Caleb verzog das Gesicht und
seufzte. »Du hättest dich verletzen können, Lily. Du kannst nicht hier draußen
leben, ohne den Schutz eines Mannes zu genießen!«
Sie goß Wasser in ihre neue
Kaffeekanne und setzte sie auf den Herd. »Jetzt brauche ich mir doch keine
Sorgen mehr zu machen, oder? Jetzt habe ich ja dich zum Nachbarn!«
»Du könntest ruhig ein bißchen
Freude darüber zeigen.«
»Warum sollte ich? Velvet und Hank
werden sich gleich hinter dem nächsten Hügel ansiedeln. Wozu brauche ich einen
Mann, der mich nicht heiraten will und mich als heimtückisch bezeichnet?
Außerdem willst du ja gar nicht hier leben – du willst nur in der Nähe sein,
damit du über meine Fehler spotten kannst.«
Caleb schüttelte den Kopf. »Und ich
Idiot dachte, du würdest zu Hause auf mich warten ...«
»Ich bin hier zu Hause«,
berichtigte Lily.
»Wir werden sehen, wie du dich
fühlst, wenn der Schnee anderthalb Meter hoch liegt und du zwei Monate lang
nichts als Bohnen zu essen hast«, erwiderte er und setzte sich an den Tisch.
»Mein Gott, bin ich müde.«
Lily empfand Mitleid für ihn, obwohl
sie ihm bitter übelnahm, daß er sie nicht heiraten wollte. »Willst du dich
wirklich auf der angrenzenden Parzelle ansiedeln?« fragte sie ruhiger.
»Ja«, antwortete er und strich sich
müde übers Haar.
»Du kannst doch nicht einfach die
Armee verlassen und Farmer werden!«
»Doch, das kann ich. Meine
Dienstzeit läuft nächsten Monat ab, und ich habe noch eine Menge Urlaub offen.
Colonel Tibbet wird nicht begeistert sein, aber heute abend bin ich wieder
hier, Lily.«
»Heute abend?« fragte Lily verduzt.
»Wo willst du schlafen?«
»In einem Zelt«, entgegnete er.
Lily schluckte. Wie immer in Calebs
Gegenwart bemächtigte sich ihrer ein warmes Sehnen. »Es sieht aus, als würde es
Regen geben. Vielleicht könntest du hier drinnen schlafen ...«
Er warf ihr einen vernichtenden Blick
zu. »Kommt nicht in Frage. Wenn ich dich nicht heirate, Lily, teile ich auch
nicht mehr mein Bett mit dir.«
Es war sehr demütigend für sie, auf
diese Weise abgewiesen zu werden. »Wenn du so denkst, wäre es dann nicht
besser, wenn du mich ganz und gar vergessen würdest?«
»Natürlich wäre es besser«, stimmte
Caleb zu. »Aber ich hätte keinen ruhigen Moment, wenn ich befürchten müßte, daß
du von Indianern verschleppt oder von Banditen vergewaltigt wirst.«
Das besänftigte Lily ein wenig.
»Dann bedeute ich dir doch etwas?«
»Ja«, gab er widerstrebend zu. »Aber
wenn ich eine Möglichkeit finde, dich aus meinen Gedanken zu verdrängen, werde
ich sie wahrnehmen. Und das wird der Tag sein, an dem ich von hier fortreite,
ohne einen Blick zurückzuwerfen.«
Lily erschauerte bei der
Vorstellung, er könnte es wirklich tun. »Dann würde ich dir eine gute Reise
wünschen«, bluffte sie.
Caleb schob seinen Stuhl zurück und
nahm seinen Hut vom Bett, aber vorher drückte er auf die Matratze und ließ die
Sprungfedern quietschen.
Das Geräusch war so durchdringend
laut, daß Lily zusammenzuckte. Was mochten Wilbur und seine Männer denken,
wenn sie es hörten? »Hör auf, Caleb!« rief sie ärgerlich.
Caleb grinste sie nur an und ließ
die Sprungfedern von neuem quietschen, immer wieder, bis Lily flüsterte: »Caleb
.. bitte ... laß das.«
Da hielt er inne und beobachtete,
wie sich eine bezaubernde Röte auf ihren Wangen ausbreitete.
Nachdem er bewußt einige Minuten abgewartet hatte, setzte er seinen Hut auf, gab
Lily einen liebevollen Klaps auf ihren Po und verließ pfeifend die Hütte.
Lily war so beschämt, daß sie es
nicht wagte, hinauszugehen. Aber nach einer Weile klopfte es, und Wilbur
steckte seinen Kopf herein.
»Alles in Ordnung, Lily?« fragte er,
und sie sah, daß er rot wie eine Tomate war.
Sie nickte
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