LIMIT - reich, gewissenlos, tot
und streckte sie mit Alkohol. Nach einem Jahr hatte er das Gefühl, nicht mehr ohne das Zeug leben zu können.
»Ich wollte es einfach nicht wahrhaben«, erzählte er, den Blick ins Feuer gerichtet. »Ich war überzeugt, alles im Griff zu haben: tagsüber harter Bursche, nachts Alkoholiker und Tablettenjunkie. Dann wurde ich allmählich immer unberechenbarer.«
Er gab Patricia die Schuld. Ihre Auseinandersetzungen wurden immer gehässiger, woraufhin Hennessy noch mehr trank und noch mehr Tabletten schluckte.
»Das war vor fünfeinhalb Jahren«, sagte er zu Cheyenne. »Dann verkündet unsere Außenministerin, sie werde bei einem Meeting der Pazifischen Anrainerstaaten an der Universität von Hawaii eine Rede über Nordkorea halten.«
Gleich darauf waren bei der CIA und der NASA Gerüchte über einen Angriff auf sie eingegangen. Man informierte sie von der Bedrohung, sie beschloss aber trotzdem, die Rede zu halten. Der Präsident schickte das Hostage Rescue Team des FBI nach Hawaii, um den Diplomatischen Sicherheitsdienst zu unterstützen.
»Kane und ich in derselben Einheit«, erinnerte sich Hennessy. »Es war wie in alten Zeiten.
Die beiden ersten Tage des Meetings vergingen ohne Zwischenfall. Die Außenministerin war bei sämtlichen Podiumsdiskussionen anwesend und hielt am zweiten Abend ihre Ansprache. Darin verurteilte sie mit deutlichen Worten das totalitäre Regime in Nordkorea und stellte eine noch schärfere Position gegenüber dem kommunistischen Staat in Aussicht. »Wir haben sie gegen Mitternacht in ihre Suite begleitet«, erzählte Hennessy. »Ich war erschöpft wie noch nie zuvor in meinem Leben. Drei volle Tage hatten wir jede Person als potenziell gefährlich betrachtet. So etwas zehrt an den Kräften. Ich ging also an die Bar, um Dampf abzulassen, und blieb sitzen, bis dicht gemacht wurde, obwohl ich tags darauf, zum Lunch im Sheraton Honolulu, wieder antreten musste.«
Als er endlich in sein Hotelzimmer gekommen war, war es drei Uhr morgens gewesen. Hennessy nahm eine Schmerztablette und kippte um. Als er aufwachte, zwanzig Minuten, bevor er seinen Dienst antreten musste, war er am Zittern und Schwitzen und tat das Einzige, was ihm einfiel: Er machte sich einen Kaffee im Zimmer, goss zwei Wodkas aus der Minibar hinein und warf zwei Oxycontins hinterher.
Kane gehörte zu einem Team Scharfschützen, die auf den Dächern rings um das Sheraton verteilt Stellung bezogen hatten, als Hennessy sich auf die Limousine der Außenministerin zubewegte. Nachdem er von Kane grünes Licht bekommen hatte, öffnete Hennessy den Wagenschlag. Die Polizei von Honolulu hielt die Schaulustigen zurück.
»Ich war nicht auf der Höhe, deshalb hab ich ihn nicht gleich gesehen«, erzählte Hennessy. »Craig Brooks, dieser Geisteskranke, steht gleich hinter der Absperrung in der Nähe des Eingangs. Als wir noch etwa drei Meter von ihm entfernt sind, hebt Brooks mit der Linken eine Kamera ans Auge. Ich sehe sie, dabei entgeht mir die Waffe, die er auf die Außenministerin gerichtet hat. Ich kann die Frau gerade noch zu Boden werfen, bevor die Schießerei anfängt. Eine Kugel trifft mich in den Rücken meiner kugelsicheren Weste, eine in den Oberschenkel. Alles versinkt im Chaos. Ich liege am Boden, schütze mit meinem Körper die Außenministerin. Männer aus meinem Team versuchen, Brooks zu erwischen, aber er schießt blindwütig in die Menge und verwundet vier Menschen, bevor Kane ihn vom Dach aus erledigt.
Als ich im Krankenhaus aufwache, habe ich Platten und Schrauben im Oberschenkel, und alle feiern mich als Helden«, sagte Hennessy.
Cheyenne warf den Kopf zurück. »Ja, daran erinnere ich mich. Sie waren das also.«
»Ja, ich war der Betrüger«, sagte er. »Tags darauf kommen Willis und Patricia zu mir ins Krankenhauszimmer. Sie sagt, sie sei fertig mit mir und wolle die Scheidung. Die Art und Weise wie Willis mich ansieht, sagt mir, dass er mir ebenfalls die Freundschaft gekündigt hat.«
Die Ärzte hatten Patricia erzählt, dass Hennessy zur Zeit des Schusswechsels angetrunken gewesen sei und unter Drogen gestanden habe. Sie hatte den Befund Kane gezeigt, der glaubte, Hennessys Boss aufklären zu müssen; dieser wiederum hatte die Außenministerin informiert.
Aufgrund der heiklen Lage und aufgrund der positiven Stimmung, derer sich nach Hennessys »heldenhaftem und selbstlosem« Einsatz der Diplomatische Sicherheitsdienst erfreute, hatte man Kane erlaubt, seinem alten Freund ein Angebot zu machen, das
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