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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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mit der Auswertung zu beginnen.
    Halt, ein Stein im Puzzle fehlte. So unwahrscheinlich es sein mochte, hatte dieser Student mit dem abenteuerlichen Namen möglicherweise doch etwas zu bieten. Wie nannte sich der Kerl noch? Grand Cherokee Wang.
    Grand Cherokee –
    Im selben Moment traf Jericho der Blitz der Erkenntnis.
    Wang, hatte er bei seinen Recherchen herausgefunden, ging einem Nebenjob im World Financial Center nach, in dem auch Tus Firma saß. Er bediente den Silver Dragon –
    Und der Silver Dragon war eine Achterbahn!
    Die Achterbahn war in Betrieb, außerplanmäßig. Offenbar hat die Person dort oben gearbeitet.
    Jericho starrte vor sich hin. Sein Gespür sagte ihm, dass der Student weder freiwillig gesprungen war noch einen Unfall gehabt hatte. Wang war tot, weil er etwas über Yoyo wusste. Nein, nicht darum! Weil er den Anschein erweckt hatte, etwas über Yoyo zu wissen.
    Damit erschien der Fall in völlig neuem Licht.
    Er durchmaß sein riesiges Loft, ging in den Küchenbereich und sagte: »Tee. Lady Grey. Eine Tasse, doppelt Zucker, normal Milch.«
    Während die Maschine das Gewünschte zubereitete, ging er durch, was er wusste. Vielleicht sah er Gespenster, doch seine Gabe, Muster zu erkennen und Zusammenhänge herzustellen, wo andere bloße Bruchstücke erblickten, hatte ihn selten getrogen. Fest stand, außer ihm war noch jemand hinter Yoyo her. An sich keine neue Erkenntnis. Sowohl Chen als auch Tu hatten die Vermutung geäußert, Yoyo sei auf der Flucht. Beide hatten sich allerdings skeptisch gezeigt, dass sie von der Polizei gejagt wurde, auch wenn Yoyo genau das glauben mochte. Dieses Mal hatten sie keine Beamten abgeholt wie zweimal zuvor, vielmehr war sie bei Nacht und Nebel untergetaucht. Warum? Die Entscheidung schien überhastet gefallen zu sein. Etwas musste Yoyos Befürchtung geweckt haben, während der nächsten Minuten oder Stunden Besuch von Leuten zu erhalten, die es nicht gut mit ihr meinten. Was also hatte sie getan, bevor sie das Weite suchte?
    War sie gewarnt worden?
    Von wem? Vor wem? Sofern Wang die Wahrheit gesagt hatte, war sie zum fraglichen Zeitpunkt alleine gewesen, also konnte sie einen Anruf erhalten haben: Sieh zu, dass du wegkommst. Oder eine E-Mail. Vielleicht aber auch nichts davon. Möglicherweise hatte sie etwas entdeckt, in den Nachrichten, im Netz, das ihr Angst gemacht hatte.
    Die Küche ließ ihn mit schüchternem Piepsen wissen, der Tee sei fertig. Jericho griff nach dem Becher, verbrannte sich die Hand, fluchte und nahm einen winzigen Schluck. Er beschloss, den Technischen Kundendienst anzuweisen, die Maschine umzuprogrammieren. Doppelt Zucker war zu süß, einfach Zucker nicht süß genug. Nachdenklich ging er zurück in den Arbeitsbereich. Shanghais Polizisten waren nicht zimperlich, aber sie pflegten Verdächtige selten vom Dach zu werfen. Eher hätte sich Grand Cherokee Wang auf einer Wache wiedergefunden. Der Junge hatte pokern wollen. Ein Abzocker, der nichts zu verkaufen gehabt hatte, nur dass er mit seiner Tour an den Falschen geraten war.
    Wem zum Teufel war Yoyo da auf die Füße getreten?
    »Breaking News«, sagte er. »Shanghai. World Financial Center.«
    Auf der Wand gruppierten sich Headlines und Bilder. Jericho blies in seinen Tee und bat den Computer, ihm die letzte Meldung vorzulesen.
    »Vom Shanghai World Financial Center in Pudong ist heute Morgen gegen 10.50 Uhr Ortszeit ein Mann in den Tod gestürzt«, sagte eine angenehm dunkel klingende, weibliche Stimme. »Ersten Erkenntnissen zufolge handelt es sich dabei um einen Mitarbeiter des Hauses, der für die Wartung und Bedienung des Silver Dragon zuständig war, der höchstgelegenen Achterbahn der Welt. Zum Zeitpunkt des Vorfalls war die Bahn außerplanmäßig in Betrieb. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den Betreiber aufgenommen. Ob es sich um einen Unfall oder Selbstmord handelt, konnte bislang nicht geklärt werden, doch spricht alles für –«
    »Nur die Filmberichte zeigen«, sagte Jericho.
    Ein Videofenster öffnete sich. Eine junge Chinesin hatte sich in Höhe des Jin Mao Towers vor laufender Kamera postiert, sodass man den unteren Teil des World Financial Centers sehen konnte. Unter der Schicht nachlässig aufgeschminkter Betroffenheit erglühte sie vor Freude, dass ihr irgendein Trottel mit seinem Ableben vorübergehend aus dem Sommerloch half.
    »Noch völlig unklar ist, warum die Achterbahn ohne Passagiere und außerhalb der regulären Betriebszeiten überhaupt fuhr«,

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